Interview

‚Letztendlich hat unsere Geschichte überzeugt‘

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Das sagen die Produzenten der Serie «Wo wir sind ist oben», weshalb Das Erste die Serie ins Portfolio aufnahm. Die Macher Felix Fichtner und Susanne Porsche sprachen mit Quotenmeter.

Die Geschichte von «Wo wir sind ist oben» begann vor Jahren bei Sky. Wie sind Sie mit der Absetzung umgegangen?
Unternehmerisch und mit dem Blick nach vorne. So, wie es Produzenten tun, die an ihr Projekt glauben. Wir haben die Ärmel hochgekrempelt und die Gelegenheit ergriffen, sämtliche Rechte an unserer Serie zurückzubekommen. Dafür sind wir das Risiko eingegangen, einen neuen deutschen Sender und einen neuen Weltvertrieb finden zu müssen. Frei nach dem Motto unserer Hauptfigur Max: All in - wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“

Wie war die Annäherung mit der ARD? Warum gerade öffentlich-rechtlicher Rundfunk? Können Sie etwas zum Entstehungsprozess berichten?
In diesem Prozess haben wir, wie alle anderen, denen es mit Sky ähnlich ergangen ist, mit unterschiedlichen Sendepartnern gesprochen und unser Projekt vorgestellt. Hilfreich war sicherlich, dass wir bereits im Schnitt waren und die herausragende Qualität unserer Serie - was den Look & Feel, die Besetzung, Ausstattung, Kostüm, bis hin zur Musik betrifft - zeigen konnten. Mit Christoph Pellander von der ARD/Degeto waren wir sehr schnell im Gespräch und zwar äußerst partnerschaftlich und auf Augenhöhe. Letztendlich hat unsere Geschichte überzeugt, sodass die ARD/Degeto als Koproduzent einsteigen wollte. Jetzt hoffen wir auf große Resonanz, die wir über die ARD/Mediathek und eine lineare Auswertung in der ARD und den Dritten erreichen können, damit wir bald über eine zweite Staffel nachdenken dürfen!

Ihre Serie ist eigentlich für die ARD Mediathek entstanden. Waren Sie mit den Budgets zufrieden?
Unsere Serie ist als Koproduktion von Sky Studios/Sky Deutschland und unserer eigenen Firma, der Isarstraßen Film, entstanden. Außerdem wurden wir vom German Motion Picture Fund, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, dem FilmFernsehFonds Bayern und der Mitteldeutschen Medienförderung unterstützt bzw. gefördert. Unsere Herausforderung war, dass wir mit einem Budget produzieren mussten, dass vor den Inflations bedingten Preiserhöhungen erstellt wurde. Umso mehr freuen wir uns, dass wir für eine Vielzahl von Mehrkosten gute Lösungen finden konnten und haben dafür letztendlich auch nicht unbeträchtliche Eigenmittel in die Hand genommen. Denn eines war und ist uns immer klar gewesen: Erfolg werden wir nur haben, wenn unsere Serie äußerst hochwertig aussieht und dem internationalen Vergleich standhält.

Wie sehr hilft Schauspielerin Nilam Farooq, die früher YouTuberin war, die Serie zu promoten?
Das wird sich herausstellen, wie Nilam Farooq, die ja immer noch als Influencerin tätig ist, bei der Promotion hilft. Wir sind von unserem gesamten Cast absolut überzeugt! Allen voran vom fantastischen Helgi Schmid, der wie kein zweiter mit so viel Leichtigkeit, Ehrgeiz und Spielfreude unseren Protagonisten Max Lentor verkörpert, über den unglaublich komödiantischen Jan-Gregor Kremp als floatenden Agentur-Chef, die elegante Ulrike Kriener als schwarzhumorige Grande-Dame des Lobbyismus bis hin zu Brix Schaumburg, der als trans Mann an der Seite von Max steht, sowie viele, viele tolle Darsteller mehr.

Kommen wir zum Inhalt. Wovon handelt «Wo wir sind ist oben»
In unserer Serie «Wo wir sind ist oben» schauen wir hinter die Kulissen der Macht und der Mächtigen. Das ist überraschend, entlarvend, bitter und komisch. Max ist der aufstrebende Lobbyist, die unangefochtene Nummer 1 in Berlin bis Valerie aus Brüssel kommt, um den Konkurrenten aufzubauen. Sie ist eine ernstzunehmende Gegnerin. Obwohl immer wieder Funken zwischen den beiden sprühen, spielen beide lieber gegeneinander als auf der gleichen Seite. Dabei schaffen sie es mit Charme, Köpfchen und Strategie an ihr Ziel zu kommen. Max und Valerie entführen uns in die Welt der Politik, in die Welt der Machtspiele, in die Welt der Lobbyisten – und immer mal wieder in ihre ganz eigene. Denn jeder hat natürlich seine Geheimnisse.

Welche Themen wollen Sie explizit in der Serie abarbeiten?
In unserer Serie «Wo wir sind ist oben» blicken wir genau, kritisch und humorvoll auf die Politik unseres Landes und erzählen, wie Meinungen gemacht und wie wir regiert werden. Das ist teilweise nicht nur überraschend und absurd, sondern kann einem wirklich den Atem stocken lassen. Wichtig war uns bei der Entwicklung der 1. Staffel, dass wir Geschichten finden, die uns berühren – mit Themen, die uns alle betreffen! Unsere Serie ist kein Programm für Hardcore-Politik-Fans, sondern für uns alle, die interessiert und mit offenen Augen durchs Leben gehen.

In den ersten Folgen dreht sich beispielsweise alles um die hohe Medikamentenbelastung im Trinkwasser, was zur Verweiblichung der Gesellschaft führt. Danach erzählen wir vom steinigen Weg eines Startups, das Pflegeroboter entwickelt und setzen uns damit nicht nur mit der Pflegeproblematik unserer Gesellschaft, sondern auch der Innovationsfeindlichkeit unserer Bürokratie auseinander. Gefolgt von einem echten Dauerbrenner, dem „Netzausbau“. In Bayern heißt es gerne „Laptop und Lederhosen“, doch fahren sie mal ins bayerische Voralpenland. Da ist die Netzabdeckung im tiefsten Afrika besser. Natürlich geht es auch noch darum, wer in welcher Partei zur Kanzlerkandidatur zugelassen oder welchen Posten in Europa bekommt, doch behandeln wir in allen acht Folgen eben auch ein ganz großes Thema: die Energiewende unseres Landes am Beispiel des Braunkohleausstiegs in der Lausitz. Anhand dieser Geschichte wird auch deutlich, warum wir als Produzenten immer dafür gesorgt haben, dass wir jedes Thema umfassend beleuchten und dabei weder die eine Meinung, noch die eine Partei bevorzugen. Neutral wie die Schweiz lassen wir alle Argumente zu Wort kommen und stellen so immer wieder fest, dass es selten nur Schwarz und Weiß gibt. Unser Leben ist bunt und unsere Gesellschaft äußerst vielseitig mit unzähligen Meinungen, die verbreitet und gehört werden wollen. Genau dafür braucht es Lobbyisten, weil unsere Politik und unsere Regierung die vielfältigen Aufgaben und Themen gar nicht mehr bewältigen könnten, gäbe es nicht Fachleute und Berater wie unseren Max und unsere Valerie, die sie an die Hand nehmen.

Sie nutzen die Musik von Parvor Stelar. Würden Sie sich als Fan outen?
Das beantworten wir gerne mit einem klaren „Ja“. Felix Fichtner hatte bereits sehr früh im Entstehungsprozess die Musik von Parov Stelar als den richtigen Sound für unsere Serie ausgemacht. Authentisch, handgemacht und doch elektronisch - ein moderner Mix, der einfach perfekt zu unserer Welt und zu dem Berlin passt, das wir gerne zeigen und erzählen wollten. Auf dem Weg mussten wir dann doch viel Überzeugungsarbeit leisten, weil es keineswegs üblich ist, soviel bestehende Musik in einer Serie zu verarbeiten. Unser großer Dank gilt deshalb auch wirklich den Musikern: Parov Stelar und seinem Team, allen voran Heribert Haller, sowie dem Filmkomponisten Robert Matt. Gemeinsam haben sie die Musik auf unsere Serie angepasst und ganz viel Neues erschaffen.

Als Regisseur haben Sie Wolfgang Groos gewinnen können, der unter anderem «Pastewka» abdrehte. Hat Groos ein gutes Gespür für lustige Momente?
Zweifelsohne besitzt Wolfgang Groos ein gutes Gespür für Humor, doch gilt dies auch für die ernsten Momente, die wir natürlich auch haben. Wenngleich wir mit unserer Serie unterhalten wollen und dafür die Plots fiktionalisiert und teils überhöht haben, basieren unsere Geschichten auf echten Erlebnissen. Stories, die man erstmal nicht glaubt, wenn man sie selbst nicht erlebt oder erzählt bekommen hätte. Ob lustig oder dramatisch - für beides braucht man ein exzellentes Timing, einen Sinn für Wahrhaftigkeit und ordentlich Fingerspitzengefühl, damit es richtig gut wird.

Wie verlief der Entstehungsprozess zwischen Ihnen und Autor Christian Jeltsch?
Seit langem schon ist Susanne Porsche fasziniert von der spannenden Welt der Lobbyisten – von der Arbeitsweise, vom Strippenziehen und der großen Macht - schließlich kennt sie unzählige Lobbyisten aus Deutschland und der Welt. Vor ca. acht Jahren begann sie die Zusammenarbeit mit Christian Jeltsch und ermöglichte dank ihrer exzellenten Verbindungen die intensive Recherche an unseren Geschichten. Gemeinsam mit Christian Jeltsch besuchte Susanne Porsche viele Lobbyisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Daraus ist ein erstes Konzept entstanden. Etwas später stieß Felix Fichtner dazu. Gemeinsam entwickelten wir das Konzept weiter und konnten Anfang 2019 Frank Jastfelder von Sky von unserer Serie überzeugen. Das Schöne an unserer Zusammenarbeit mit Christian Jeltsch und den Kolleginnen und Kollegen im Writers Room war immer, dass wir jede Idee im Team besprechen und diskutieren konnten. Egal was es war. Wichtig waren uns immer eine große Wahrhaftigkeit und echt gute Unterhaltung. Wir wollten unsere Geschichten einfach immer besser machen. Außerdem haben wir alle ganz viel Zeitung gelesen, Nachrichten und Talk Shows geschaut, damit wir politisch immer up-to-date waren. Teils mussten wir auch immer wieder Plots rückwirkend anpassen, schließlich gab es in den vielen Jahren unserer Entwicklung doch die ein oder andere Veränderung in der deutschen Politik. Das alles hat unserer Geschichte aber unglaublich gut getan. Weil wir damit immer frisch und am Puls der Zeit geblieben sind und niemals unsere große Freude am Geschichtenerzählen verloren haben.

Vielen Dank für die zahlreichen Infos!

«Wo wir sind ist oben» ist in der ARD Mediathek streambar.

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