Interview

Oliver Kalkofe: ‚Nur alte Ideen aufwärmen reicht nicht, man muss auch nachwürzen‘

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Der Komiker spricht im Interview über seine neue ARD-Sendung «Faking Bad», für die er die besten Elemente anderer Shows zusammengeführt hat, um neuen Pep in das Genre Quiz zu bringen. Außerdem erklärt Kalkofe, wie er fast bei AstroTV gelandet wäre.

Es braucht vor allem Offenheit für neue Ideen und Formate. Sender sollten mehr Experimente wagen und sich nicht nur von der eigenen Mutlosigkeit und den Bedenken, etwas falsch zu machen treiben lassen. Es ist nicht schlimm, Fehler zu machen, aber es ist schlimm, Dinge aus Angst vor Fehlern nicht zu machen.
Oliver Kalkofe über die Zukunft des Fernsehens
Herr Kalkofe, Ihre neue Show scheint großen Spaß zu machen. Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Absolut! Die Show macht nicht nur Spaß beim Zuschauen, sondern auch bei der Produktion und beim Spielen. Es fühlte sich an wie ein sehr cooler Spieleabend mit Freunden und nicht wie eine Fernsehauflaufzeichnung. Wir haben versucht, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Teilnehmer wohlfühlen und das Publikum das auch deutlich spüren kann. Die Sendung sollte bestenfalls dem Publikum genauso viel Spaß machen wie uns – bzw. umgekehrt!

Das klingt vielversprechend. Was hat Sie dazu inspiriert, dieses Format zu entwickeln?
Ich wollte eine Show kreieren, die alle Elemente vereint, die ich persönlich gut finde und gerne spiele oder schaue. Das war der Grundgedanke: Ein Spiel zu entwickeln, das alles beinhaltet, was mir gefällt und was ich spannend finde. Es gibt viele tolle Showformate, aber oft fehlte mir das gewisse Etwas, die Kombination aus Humor, Intelligenz und dem Überraschungsmoment. Also habe ich überlegt, welche Elemente aus bestehenden Formaten mir gefallen und wie ich diese zu etwas Neuem kombinieren könnte.

Der Sendeplatz am Donnerstagabend und das Konzept einer Panelshow erinnern etwas an „Genial daneben“. Worin unterscheidet sich Ihr Format von diesem bekannten Format?
Alle Shows, die mit Panels, Quiz oder Unterhaltung zu tun haben, sind lediglich Variationen des Altbekannten, das kann niemand leugnen. Ein Quiz bleibt ein Quiz, egal wie man es gestaltet, es gibt eine Frage und man sucht die richtige Antwort. Improvisation und Gespräche sind Formen von Talk oder Comedy. Ich habe versucht, die besten Elemente aus diversen Sendungen so zusammenzufügen, wie es bisher noch nicht gemacht wurde und so, dass sich eine neue Dynamik ergibt. „Genial daneben“ hat mir immer gefallen, weil es um freies Reden und Assoziieren ging, aber am Ende ging es um nichts, das nahm etwas die Spannung. Quiz an sich finde ich gut, aber es ist meistens nicht lustig, höchstens amüsant. Und es macht Spaß, wenn gerade Comedians in einem Battle bestehen müssen und sich gegenseitig herausfordern und bluffen müssen. So habe ich das Beste aus verschiedenen Welten verbunden und zu etwas Neuem zusammengefügt, wobei man einzelne Inspirationen sicher klar erkennen kann.

Ihre Show thematisiert auch „Fake News“ auf spielerische Weise. Wie vermitteln Sie dabei die Ernsthaftigkeit dieses Themas?
Momentan gibt es weltweit wenig zu lachen, besonders was Fake News und Manipulation angeht. Unsere Show zeigt auf spielerische Weise, wie vermeintliche Wahrheiten entstehen und wie leicht man manipuliert werden kann. Es wird deutlich, dass die wirkliche Wahrheit oft nicht die überzeugendste ist und das menschliche Gehirn sich an das erinnert, was am besten präsentiert wurde oder was man glauben möchte. Das ist der Subtext unserer Show: Verschiedene Wahrheiten kämpfen gegeneinander, und nur eine ist richtig. Das Filtern der Wahrheit ist schwer, selbst in einem spielerischen Kontext.

Ist «Faking Bad» eine Reaktion auf die monotone Programmgestaltung im deutschen Fernsehen?
Ja, ich habe immer versucht, irgendwie etwas Neues ins Fernsehen zu bringen und wenigstens einen kleinen Impuls zu setzen. Mir fehlt es extrem an neuen Formaten, Ideen und Versuchen, vieles wirkt derzeit immer gleich und man traut sich weder an neue Genres noch Ideen. «Faking Bad» traut sich, den wirklichen Fun- und Battle-Charakter wieder ins Quiz zurückzuholen, intelligent, aber trotzdem albern und lustig – und das mit einigen unserer besten Comedians, ich finde so was können wir gerade sehr gut gebrauchen. Es braucht mehr Mut und Innovation im Fernsehen, mehr neue Ideen, die wenigstens ausprobiert werden.

Wie sehen Sie die Nostalgiewelle im Fernsehen?
Ich habe den Retro-Tsunami kritisch gesehen. Nostalgie ist nicht per se schlecht, viele alte Sendungen hatten gute Ideen. Was ich erschreckend fand, war das blinde Verlassen auf Nostalgiefaktoren, ohne die Ideen zu modernisieren oder mit neuer Leidenschaft zu füllen. Oft ging es nur um ein laienhaftes Nachstellen des Alten, das war aber zu wenig und hat die Retro-Welle schnell wieder gekillt, nur alte Ideen aufwärmen reicht nicht, man muss auch nachwürzen.

Hat sich das Fernsehen über die Jahrzehnte verbessert oder verschlechtert?
Beides. Früher war nicht alles besser, es war einfach weniger und wir waren dankbarer. Heute gibt es viele großartige Shows und Serien, aber auch ein Überangebot an schlechten Formaten, wie Scripted Reality oder billige Reality-Shows. Das Fernsehen hat sich in die schlimmste Richtung entwickelt, aber auch viele tolle Dinge hervorgebracht. Es gibt heute eine enorme Vielfalt, die es früher nicht gab. Doch diese Vielfalt bringt auch eine Menge an qualitativ minderwertigen Formaten mit sich. Die Herausforderung besteht darin, die Perlen zu finden und hervorzuheben.

«SchleFaZ» wurde letztes Jahr von Tele5 abgesetzt. Kam das überraschend für Sie?
Es war absehbar, weil Tele5 nach und nach alle Produktionen eingestellt hat. Es war traurig, aber keine komplette Überraschung. Wir haben schnell eine neue Heimat bei Nitro und RTL+ gefunden, was uns sehr glücklich gemacht hat. Es zeigt, dass es immer noch Platz für Kultformate gibt, die eine treue Fangemeinde haben. Die Unterstützung der Fans war überwältigend und hat uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Gab es außer RTL noch andere Interessenten für «SchleFaZ»?
Ja, es gab mehrere Interessenten, aber Nitro und RTL+ waren die klaren Favoriten. Es war ein Match. Lustigerweise gab es sogar ein Angebot von AstroTV. Das fand ich sehr nett und humorvoll, aber Nitro war definitiv die bessere Wahl. Es zeigt, dass unsere Show ein breites Publikum anspricht und dass es Möglichkeiten gibt, auch abseits der großen Sender innovative Formate zu platzieren.

Sie haben eine neue Staffel für August angekündigt. Gibt es schon konkrete Sendetermine?
Ja, es wird Ende August losgehen, wahrscheinlich der letzte Freitag im August. Wir haben zehn neue Folgen produziert, die genauso beschissen schön sind wie die bisherigen. Es bleibt das Originalprodukt, ohne künstliche Veränderungen. Wir wollen die Fans nicht enttäuschen und gleichzeitig neuen Zuschauern die Möglichkeit geben, die Magie von «SchleFaZ» zu entdecken.

Gibt es Pläne für «KulFaz»?
Für dieses Jahr haben wir nur zehn Folgen «SchleFaZ». Für nächstes Jahr hoffen wir, dass es weitergeht und vielleicht auch mehr wird, inklusive anderer Ideen wie „KulFaz – Die Kultigsten Filme aller Zeiten“. Es wäre schön, auch gute Filme zu ehren und zu würdigen. «KulFaz» ist eine Herzensangelegenheit, weil es zeigt, dass man auch mit kleinerem Budget und viel Leidenschaft großartige Projekte realisieren kann. Es gibt viele unentdeckte Juwelen, die wir den Zuschauern vorstellen möchten.

Warum lag «Das Duell um die Geld» so lange brach?
Es ist wie bei vielen Formaten: Es war erfolgreich, aber nicht mega erfolgreich und kostete etwas Geld. ProSieben hat sich lange gescheut, es wieder aufzugreifen. Jetzt kam kurzfristig das Go von Joyn und ProSieben und wir sind alle total happy, dass es weitergeht, weil wir alle das Format geliebt haben, vor allem auch die Fans. Es macht riesigen Spaß, diese Show zu machen. Sie ist eine wunderbare Mischung aus Humor, Spannung und dem Nervenkitzel. Und wie bei «Faking Bad» macht das Spielen genau so viel Spaß wie das Zuschauen!

«Faking Bad» im Ersten, «SchleFaZ» bei Nitro, «Duell um die Geld» bei Joyn. Sie stehen nicht im Verdacht nur für einen einzigen Sender zu arbeiten, und damit sind Sie nicht allein. Warum gibt es heutzutage so wenige Sendergesichter?
Früher haben die Sender versucht, bestimmte Gesichter an sich zu binden. Dann gab es eine Gegenbewegung, weil man sich zu abhängig fühlte, bis beispielsweise bei Sat.1, das zuvor sehr viel Geld für Personen in die Hand genommen hatte, keiner mehr übrig war. Ganz ohne verlässliche Menschen und Gesichter kann aber kein Sender wirklich überleben, allerdings gibt es das heute kaum noch exklusiv. Ich persönlich schaue immer, wo ich einen Sender finde, mit dem man einfach gute Ideen umsetzen kann. Tele5 war dabei viele Jahre lang ein verlässlicher Partner, denn ich konnte vieles ausprobieren. Das gibt es heute nur noch selten, und daher bin ich froh, dass ich so viele Spielfelder gefunden habe, auf denen ich mich austoben kann.

Wie geht es weiter mit dem Fernsehen?
Es braucht vor allem Offenheit für neue Ideen und Formate. Sender sollten mehr Experimente wagen und sich nicht nur von der eigenen Mutlosigkeit und den Bedenken, etwas falsch zu machen treiben lassen. Es ist nicht schlimm, Fehler zu machen, aber es ist schlimm, Dinge aus Angst vor Fehlern nicht zu machen.

Herr Kalkofe, vielen Dank für Ihre Zeit und das spannende Gespräch.

«Faking Bad» steht ab 27. Juni 2024 in der ARD Mediathek auf Abruf bereit. Ab 11. Juli sendet Das Erste die sechs Folgen immer donnerstags um 22:50 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/152586
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