Die Kritiker

«Eingeschlossene Gesellschaft»

von

Anke Engelke, Justus von Dohnányi, Nilam Farooq und Florian David Fitz lassen als illustres Lehrerkollegium die Fetzen fliegen. Eine Kritik zu einem der spannendsten Sommerkino-Filme im Ersten.

Stab

Darsteller: Florian David Fitz, Anke Engelke, Justus von Dohnányi, Nilam Farooq, Torben Kessler, Thomas Loibl
Musik: Martin Todsharow
Kamera: Jo Heim
Drehbuch: Jan Weiler
Regie: Sönke Wortmann
Sönke Wortmanns «Eingeschlossene Gesellschaft» ist weit mehr als eine einfache Komödie. Der Film, der im Rahmen des Sommerkinos am Montag im Ersten ausgestrahlt wird, bietet vielmehr eine brillante Mischung aus pointiertem Humor und tiefgründiger Gesellschaftskritik, die den Zuschauer gleichermaßen unterhält und zum Nachdenken anregt. Basierend auf der gleichnamigen Hörspielvorlage von Bestsellerautor Jan Weiler, gelingt es Wortmann, die Essenz des Originals gekonnt auf die Leinwand, bzw. nun auch auf die Mattscheibe, zu übertragen und die Geschichte dabei mit einer feinen Balance aus Situationskomik und ernsthaftem gesellschaftlichem Anliegen zu erzählen.

Die Handlung entfaltet sich in einem Klassenzimmer an einem Freitagnachmittag in einer Kölner Schule, wo normalerweise nur noch die Putzkolonne erwartet wird. Stattdessen taucht der Vater eines Schülers, Manfred Prohaska (Thorsten Merten), mit einem dringenden Anliegen auf: Sein Sohn soll wegen einer ungenügenden Note des strengen Lateinlehrers Engelhardt (Justus von Dohnányi) nicht zum Abitur zugelassen werden. Was als verzweifelter Versuch beginnt, das schmähliche Schicksal seines Sohnes abzuwenden, eskaliert schnell, als Prohaska eine Pistole zückt und das Lehrerkollegium zwingt, sich nun etwas intensiver mit dem Fall zu befassen.

Die Stärke des Films liegt dabei vor allem auch in seiner herausragenden Besetzung und der exzellenten Darstellungsleistung des ganzen Ensembles. Florian David Fitz als beliebter Sportlehrer Mertens, Anke Engelke als zynische Französischlehrerin Heidi Lohmann und Nilam Farooq als pragmatische Referendarin Sarah Schuster bringen ihre Rollen mit so viel Leben und Authentizität auf den Bildschirm, dass man von Anfang an das Gefühl bekommt, inmitten einer echten Notenkonferenz zu sitzen. Justus von Dohnányi bleibt als sturer und prinzipientreuer Lateinlehrer Engelhardt, dessen Unnachgiebigkeit den Konflikt maßgeblich befeuert, besonders nachdrücklich in Erinnerung.

Die Dialoge sind pointiert und voller Witz geraten, wobei es Wortmann gelingt, auch ernste Töne anzuschlagen und den Zuschauer immer wieder zum Innehalten zu bringen. Die komischen Momente entstehen dabei weniger aus plumpen Gags, sondern vielmehr aus der feinen Beobachtung menschlicher Schwächen und der absurden Situation, in die sich die Lehrer immer weiter verstricken. Die Charaktere sind sorgfältig gezeichnet und bieten dem Publikum eine Bandbreite an Identifikationsmöglichkeiten, sei es der idealistische „Schülerversteher“ Holger Arndt (Thomas Loibl) oder der etwas zu verschroben geratene Chemielehrer Bernd Vogel (Torben Kessler).

Die Thematik des übertriebenen Leistungsdrucks und der durchaus auch in der Realität bestehenden Verfehlungen im Bildungssystem werden in «Eingeschlossene Gesellschaft» dabei nicht mit erhobenem Zeigefinger präsentiert, sondern durch die brillanten und oft sehr amüsanten Dialoge sowie die Interaktionen der Charaktere untereinander gekonnt zum Leben erweckt. Dabei wird deutlich, dass es Wortmann und Weiler nicht nur um eine unterhaltsame Geschichte geht, sondern auch darum, das Publikum zum Nachdenken über das deutsche Bildungssystem und die damit verbundenen Probleme anzuregen – was ihnen gerade aufgrund dieses authentischen, gefühlvollen Ansatzes mit Bravour gelingt.

Auch optisch gerät der Film indes zu einem schnörkellosen Gewinn. Die Inszenierung im eher begrenzten Raum des Klassenzimmers erzeugt eine beklemmende Atmosphäre, die die Spannung und die Dramatik der Handlung unterstreicht, ohne dabei aus dem Spiel einer Komödie herauszufallen. Die Kameraführung und die geschickte Nutzung von Licht und Schatten tragen dazu bei, dass der Zuschauer stets in das Geschehen hineingezogen wird und die emotionalen Höhen und Tiefen der Protagonisten hautnah miterlebt.

So gerät «Eingeschlossene Gesellschaft» zu einem Highlight im diesjährigen Sommerkinoprogramm des Ersten. Der Film kombiniert gekonnt Humor und Tiefgang und bietet nicht nur beste Unterhaltung, sondern auch eine gelungene Reflexion über das Bildungssystem und die Gesellschaft. Sönke Wortmann beweist einmal mehr, dass er zu den großen Regisseuren Deutschlands gehört, die es verstehen, komplexe Themen auf eine zugängliche und gleichzeitig anspruchsvolle Weise zu vermitteln.

Der Film «Eingeschlossene Gesellschaft» wird am Montag, den 8. Juli um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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