Interview

‚Analyse der Mediennutzung verstehen wir eher als Chance‘

von

Dr. Florian Kumb (ZDF), dem Hauptabteilungsleiter, Programmplanung; Medienforschung/Audience Measurement & Data Science und Frank Plähn (smartclip), VP Audience Products, haben die Fortschritten erläutert.

Wie hat sich die Verlagerung der TV-Budgets in Deutschland in den letzten Jahren entwickelt? Gibt es durch neue Messmethoden Verlagerungen zu kleineren Sendern/Streamingangeboten?
Dr. Florian Kumb (ZDF): Im Hinblick auf die Contentstrategie des ZDF gibt es eine stärkere Priorisierung von Non-linearen Distributionsplattformen. Dies ist in veränderten Nutzungsgewohnheiten des Publikums begründet. Neue Messmethoden helfen dabei, diese besser zu verstehen sind aber nicht ursächlich der Grund für Budgetverlagerungen. Werbung ist im ZDF im linearen Programm des ZDF-Hauptprogramm in einer nationalen Verbreitung möglich. Diese Möglichkeit wird vom Markt ungeachtet neuer Werbeformen bei kleineren Sendern oder Streamingangeboten weiterhin stark nachgefragt.

Frank Plähn (smartclip) Die deutliche Verlagerung hin zu digitalen TV-Budgets hat viele Gründe: Da ist die gestiegene digitale TV-Reichweite durch mehr Verbreitung über digitale Kanäle wie Set-Top-Boxen, HBBTV-Funktionen, Smart TVs zu nennen. Die technischen Möglichkeiten im Bereich Werbeausspielung und -messung sowie die Entwicklung eines digitalen Ökosystems über direkte und programmatische Kanäle sowie zusätzliche Werbeformate, die nur im digitalen TV verfügbar sind, und ergänzende Targeting-Optionen, teilweise basierend auf gemessenen Sehdauerdaten, forcieren die Verlagerung zu Streamingangeboten und kleinen Sendern ebenso, betreffen aufgrund der Werbefreiheit der digitalen Angebote die Zusammenarbeit mit dem ZDF aber nicht.

Welche Herausforderungen ergeben sich aus der Messung und Analyse von Mediennutzungsdaten im neuen Ökosystem?
Dr. Florian Kumb (ZDF) Allgemein gilt es bei unserem Wunsch das Publikum besser zu verstehen, um so unseren Programmauftrag zu erfüllen, abzuwägen, wie wir dieses Ziel möglichst datensparsam, kosteneffizient und im Sinne der Privatsphäre der Nutzer und Nutzerinnen erreichen können. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die neu gewonnen Erkenntnisse mit den Ergebnissen aus anderen Messquellen zueinander in Kontext zu setzen.

Frank Plähn (smartclip: Die Messung und Analyse der Mediennutzung verstehen wir eher als Chance, denn als Herausforderung: Die gerätespezifische Messung des Medienkonsums garantiert einen engmaschigen Einblick in das TV-Zuschauerverhalten, insbesondere wenn parallel andere Datenquellen genutzt werden. Gerade weil die digitale Verbreitung zunimmt und damit eine flächendeckende digitale Messung erst möglich ist, kann im großen Umfang Medienkonsum deterministisch gemessenen werden. Daraus lassen sich dann ATV-spezifische Targeting-Lösungen entwickeln. Aus unserer Sicht liegt die Herausforderung in der zuverlässigen Messung des TV-Konsums auf jedem einzelnen Gerät. smartclip hat für diese Zuschauermessung und Werbeauslieferung eine standardisierte und stabile Lösung im Einsatz.

Welche Vorteile bietet die Technologie von smartclip für das ZDF in Bezug auf digitale Messung und Zuschaueranalyse?
Dr. Florian Kumb (ZDF): Zentrale Vorteile für das ZDF sind die Granularität der Daten und die zeitliche Verfügbarkeit.
Frank Plähn (smartclip): Die Technologie misst über das smartclip SDK auf allen integrierten HBBTV-Geräten die gerätespezifischen Sehmuster.

Können Sie Beispiele für erfolgreiche Targeting-Optionen im TV-Bereich nennen?
Dr. Florian Kumb (ZDF): Da das ZDF kein addressable Advertising einsetzt und sich die Kooperation zwischen ZDF und Smartclip nur auf Nutzungsmessung beschränkt, können wir hierzu keine Aussage machen.

Welche Rolle spielt Datenschutz bei der Entwicklung von Technologielösungen für Broadcaster?
Dr. Florian Kumb (ZDF): Datenschutz spielt eine große Rolle. Der gesamte Implementierungsprozess wurde vom Justitiariat des ZDF intensiv begleitet. Uns ist bewusst, dass eine Messung der linearen TV-Nutzung ein großer Eingriff ist, weswegen wir mit einer hohen Sensibilität an das Thema herangegangen sind.

Frank Plähn (smartclip): Datenschutz hat für smartclip höchste Priorität. Wir betrachten die Einhaltung von Datenschutzstandards und -vorschriften sowie unsere Stärke, die gesetzlichen Anforderungen sogar zu übertreffen, eher als Wettbewerbsvorteil, denn als bloße Notwendigkeit. Wir bilden nur Nutzungsdaten ab, die Rückschlüsse auf das Sehverhalten am Fernseher zulassen, aber nicht darüber, wer vor dem Fernseher sitzt.

Wie können Broadcaster von der granularen Erfassung von Zuschauerdaten profitieren? Welche Trends sehen Sie in der Zukunft des TV-Marktes?
Dr. Florian Kumb (ZDF): Die zunehmende Fragmentierung der Mediennutzung wird es mehr und mehr unerlässlich machen, dass die Panels der Markt-Media-Studien mit weiteren Datenquellen angereichert werden. Gerade im Hinblick auf kleinere Sender und weniger nutzungsintensive Timeslots sind ergänzende Datenquellen hilfreich.

Wie unterstützt smartclip Broadcaster dabei, ihre Reichweite zu maximieren?
Frank Plähn (smartclip)<:/b> Die Mediareichweite wird über die Inhalte und deren Verbreitung über Kanäle und Geräte generiert. smartclip unterstützt die Broadcaster-Partner, indem Reichweite und Nutzungsverhalten digital gemessen werden und digitale Inventare durch intelligente Werbeeinblendungstechnologien, wenn gewünscht, optimiert werden können.
TV-Kampagnen können durch die Nutzung des smartclip Cross-Device-Graphen auch in andere Inventare verlängert werden, so dass Broadcaster ihre Inhalte problemlos über mehrere direkte und programmatische Kanäle monetarisieren können.

Welche Rolle spielen First-Party-Daten in der heutigen TV-Welt?
Dr. Florian Kumb (ZDF): First-Party-Daten spielen eine große Rolle. Die darüber erfassten Daten helfen uns, die Nutzung unserer verschiedenen Distributionswege besser zu verstehen, um so ein bestmögliches Nutzungserlebnis und dadurch ein ZDF für alle zu ermöglichen. Zudem erfolgt die Messung transparent für unsere Nutzer und Nutzerinnen, was einen zusätzlichen Mehrwert darstellt.

Frank Plähn (smartclip): Angesichts des allgemeinen Signalverlusts, mit dem die Branche konfrontiert ist, sind First-Party-Daten immer wichtiger. smartclip stellt eine unkomplizierte, aber vor allem reibungslose und datenschutzsichere Integration der vom ZDF verwalteten Datenquellen sicher.

Was sind die nächsten Schritte für smartclip in Bezug auf Technologieentwicklung und Partnerschaften mit Broadcastern?
Frank Plähn (smartclip): Wir setzen auf eine kontinuierliche Verbesserung unserer Werbeauslieferungs- und SSP-Fähigkeiten, während wir gleichzeitig an datenschutzsicheren Identitäts- und Targeting-Lösungen arbeiten und die Integration fortschrittlicher Mess-, Berichts- und Attributionsprodukte vorantreiben. Das Ziel sind ganzheitliche Mess- und Monetarisierungsstrategien über alle Inventare hinweg.

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