Interview

‚Das Gute bei «Skandal, Skandal» ist die Quellenlage‘

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Die Moderatoren Yasmin Polat und Philipp Isterewicz von «Skandal, Skandal» sind seit Juni 2024 im Wondery-Podcast zu hören.

Was hat euch beide inspiriert, den Podcast «Skandal, Skandal» zu starten?
Yasmin Polat: Skandale an sich sind immer gute Parameter, wo eine Gesellschaft Grenzen setzt. Mich persönlich interessieren vor allem die menschlichen Hintergründe, wie kommt ein Mensch dazu, andere betrügen und was macht das mit den Mitmenschen? Am wichtigsten aber: Wie fliegt alles auf? Die Mischung aus Geschichte und Entertainment hat mich besonders gereizt, im Zusammenspiel mit Philipp.

Philipp Isterewicz: Einer meiner Lieblingsfilme ist «Catch me if you can» - für mich viel mehr, als nur ein Film, wenn man bedenkt, dass diese Geschichte eines Hochstaplers auf wahren Begebenheiten basiert. Einen Podcast zu hosten, der solche Fälle erzählt, ist für mich ein absoluter Match. Übrigens denke ich ehrlich gesagt, dass jeder von uns im Alltag immer wieder mal kurz flunkert. Ist ja auch ok, finde ich. Wer lügt nicht mal? Es wird aber ganz schön schwierig, wenn dabei andere Menschen finanziell zerstört, mental vernichtet und mit in den Abgrund gezogen werden.

Welche Episode oder welcher Fall hat euch bisher am meisten beeindruckt und warum?
Yasmin Polat: Schwer zu entscheiden, aber das dürfte ein Skandal sein, der bald erscheint. Darin geht es um einen Skandal in der Medizin.

Philipp Isterewicz: Jeder Fall hat etwas - ich würde jede Folge mehrmals hören, haha. Mich persönlich hat bis jetzt am meisten die Geschichte über die “Lügende Wahrsagerin” gekickt. Dieser Fall zeigt, wie leicht man in die totale Falle des Betrugs tappen kann, wenn man gerade beispielsweise in einer persönlichen Krise steckt und verzweifelt Halt sucht. Könnte vielen von uns passieren…

Wie läuft eure Recherche für die einzelnen Episoden ab?
Yasmin Polat: Das Gute bei «Skandal, Skandal» ist die Quellenlage – ganz oft gibt es schon viele Zeitungsberichte, manchmal sogar Originalquellen, wie z. B. Facebookseiten, Foren, Instagram-Accounts, die noch existieren und anhand derer man noch von heute aus alles nachvollziehen kann. Die Kunst von «Skandal, Skandal» ist es, diese Berichte und Quellen in die spannende Story zusammenzuführen, die sie eigentlich sind.

Philipp Isterewicz: Die Recherchearbeit ist das A und O bei diesem Podcast. Wir haben ein tolles Redaktionsteam im Rücken, das sich die Finger wund tippt und uns erstmal ein riesiges Paket an Informationen zu jeder entsprechenden Story schnürt. Wir basteln aus den sauber recherchierten Zutaten dann die finale Geschichte, wie sie zu hören ist.

Wondery: Geschichten findet man eigentlich überall – zum Beispiel in den sozialen Netzwerken oder in (ausländischen) Medien. Uns ist besonders wichtig, dass sich die Geschichten sauber und faktenbasiert recherchieren lassen und es eine Form von (gerichtlichem) Abschluss gibt. Und spannend sollten sie natürlich sein!

Was sind die größten Herausforderungen bei der Produktion eines solchen Podcasts?
Yasmin Polat: Natürlich wollen wir immer Nuancen klarmachen, die Grauzonen, möglichst viel Empathie mit den Menschen zeigen, die die Skandale verursachen – und denen, die darunter leiden. Wir wollen nicht mit dem Finger zeigen, auf die Fälle aus einer Überhöhung schauen und gleichzeitig sind so viele Fälle haarsträubend, tragisch, packend – da ist es oft nicht einfach. Die Mischung aus unseren eigenen Gefühlen und der Faktenlage macht es spannend.

Philipp Isterewicz: Für mich persönlich ist die größte Herausforderung, meinen Hund während der Aufnahme so zu platzieren, dass man ihn nicht schnaufen hört im Podcast. Das Podcast-Mikrofon hört ALLES. 😀

Wondery: Der Rechercheaufwand für die Geschichten in «Skandal, Skandal» ist hoch. Dazu kommt eine - wie wir finden - hochwertige Audioqualität. Solche Folgen auf wöchentlicher Basis zu veröffentlichen, ist ein Kraftakt - und deshalb sind wir auch froh, mit einem Team an tollen Leuten zusammenzuarbeiten.

Wie wählt ihr die Themen und Protagonisten für eure Episoden aus? (Was sind die Kriterien, die eine Geschichte oder Person erfüllen muss, um in euren Podcast aufgenommen zu werden? Habt Ihr eine Redaktion?
Wondery: Natürlich entsteht so ein Podcast mithilfe eines großen Teams - wir haben tolle Redakteurinnen und Redakteure, die uns bei der Recherche und Aufarbeitung der Geschichten helfen. Wir stellen uns bei der Auswahl der Themen immer die Frage, welche Auswirkungen ein Skandal oder Betrugsfall hatte - sind Menschen zu Schaden gekommen? Wurde der Skandal gerichtlich aufgearbeitet? Gibt es Wendungen, Steigerungen in der Geschichte, die sich spannend für die Hörer:innen erzählen lassen? Kann man mit einzelnen Figuren mitfühlen? Gibt uns der Skandal Einblicke in eine faszinierende Welt? Nur, wenn eine Geschichte eine ausreichende Quellenlage bietet, ist sie für uns erzählbar - denn wir wollen Fakten beschreiben und uns nicht in Spekulationen verlieren. Für viele Fälle arbeiten wir außerdem mit dem Wondery US-Team zusammen, die die Geschichten auch für den englischsprachigen Raum erzählen. Das ermöglicht uns oftmals einen Einblick in (amerikanische) Gerichtsunterlagen und die Arbeit mit Interviewmaterial.

Gibt es bestimmte Skandale oder Betrugsfälle, die ihr in zukünftigen Episoden unbedingt behandeln wollt?
Yasmin Polat: Ich habe ein paar Favoriten, aber die Fälle müssen ein, zwei Kriterien erfüllen, daher sondiere ich noch. Aber wir können schon einmal verraten, dass da noch einiges kommt, z.B. ein Gamingshow-Betrug.

Philipp Isterewicz: Oft stellt man sich einige Branchen oder “Kreise” perfekt vor. Aber der Schein trügt. Eigentlich gibts hinter jeder Fassade Krach und Intrigen. Auch im entspannten Yogabereich. Dazu empfehle ich die Folge “Die Yoga-Queen”.

Wondery: Wir gucken in ganz viele verschiedene Welten und das gefällt uns auch so gut an dem Podcast. Man taucht in Lebensrealitäten ein, mit denen man sonst nicht sonderlich viel zu tun hat. Wir nehmen die Hörer:innen beispielsweise sehr bald mit in die elitäre Welt des Balletts; wir reisen zusammen an ein Fernsehset; in den Pferdesport. Betrugsfälle gibt es überall.

Wie beeinflusst euer Hintergrund als Autorin und Moderator eure Herangehensweise an den Podcast?
Yasmin Polat: Als Autorin schaue ich natürlich immer, dass ich die Story möglichst schlüssig-spannend erzähle, auf Basis der Skripte von unserer tollen Redaktion – ich schaue, dass ich auch nochmal genau reinzoome, in alle Details, ich hinterfrage, nachfrage, das dann alles bündele und jeweils auch stimmlich umsetze. Als Podcast-Host finde ich besonders die intime Atmosphäre, die das Medium mit sich bringt, hilfreich für «Skandal, Skandal» – wir erzählen da krasse Geschichten, in einem fantastischen Sounddesign und es wirkt auf mich fast schon geheim, verboten, die Story überhaupt zu hören. Ist es aber nicht, nur falls jemand jetzt Sorge haben sollte. Und dann ist es oft wieder einfach nur sehr, sehr lustig.

Philipp Isterewicz: Als Radiomoderator mache ich seit Jahren bei 1LIVE-Podcasts in Form meiner Sendungen - werde aber erstaunlicherweise immer wieder von Musik unterbrochen (lacht). Jetzt kann ich endlich quatschen ohne Ende. Nein, im Ernst: Für mich ist es verrückt, wie Yasmin und ich zusammengekommen sind. Eigentlich werden Moderatoren für ein gemeinsames Projekt lange im Voraus gecastet. Alle Branchenkenner nicken jetzt. Demos, Testsendungen müssen aufgenommen werden. Man spricht bei der Doppelmoderation von der “Königsklasse”. Es ist super schwierig Leute zu finden, die sich ehrlich verstehen, Authentizität transportieren können, dem anderen auch mal Raum geben, verstehen, wohin der andere Part will. Jetzt raten Sie mal, wie das bei war: Mich hat eines Tages Wondery angerufen und gesagt: “Philipp, wir wollen das gerne mit dir machen und deine Partnerin wird Yasim Polat sein. Wir WISSEN, dass es mit euch passen wird." Und sie sollten Recht behalten. Vielleicht kommt mal eine reine Folge mit Outtakes.

Arbeitet Ihr an einer Geschichte zum Thema Crypto-Geld-Betrug?
Yasmin Polat: Aktuell nicht, aber ich habe seit dem Start unseres Podcasts schon zwei Mal die Rückmeldung bekommen, dass da wohl einiges im Argen liegt, in der Cryptowelt und wir uns das ansehen sollten. Ich persönlich habe riesen Respekt davor, da ich vieles einfach nicht durchsteige, besonders wenn es dann um mögliche Betrugsfälle in dem Bereich geht. Da kann man mir ein X vor dem Bitcoin vormachen. Aber wenn ihr das wollt: Gern!

Philipp Isterewicz: Nehmen wir mit in die nächste Besprechung zu weiteren Themen. Danke!

Was möchtet ihr, dass die Zuhörer aus «Skandal, Skandal» mitnehmen?
Yasmin Polat: Zum einen einfach eine gute, packende Geschichte, Unterhaltung, Emotionen, Kopfschütteln, Lachen. Zum anderen die Erkenntnis, dass der Mensch zu viel fähig ist.

Philipp Isterewicz: Exakt! Gleichzeitig sensibilisiert dieser Podcast ja auch: Vielleicht läuft man nach dem Hören etwas vorsichtiger durchs Leben und klickt auch nicht jede SMS an, die einem vorgaukeln will, dass man ein Paket abholen soll.

Teilt doch bitte eine Anekdote oder ein besonderes Erlebnis, das ihr bei der Arbeit am Podcast hattet.
Yasmin Polat: Da gibt es so viele, Philipp und ich brechen regelmäßig in Lachen aus, weil wir uns, unsere Mimik und Tonalität so gut verstehen und mögen. Teils geht es da schon telepathisch zu, auch was Wendungen in den Geschichten angeht. Trotzdem schafft er es dann wirklich jedes Mal, mich zu überraschen.

Wie geht ihr damit um, die oft düsteren und negativen Seiten der menschlichen Natur in euren Geschichten zu behandeln?
Yasmin Polat: Für mich ist «Skandal, Skandal» eine Art soziologischer Blick auf all das, was es heißen kann, Mensch zu sein. Menschen sind nicht von Grund auf schlecht oder gut, viele der Menschen in unseren Folgen haben Erlebnisse, die sie dazu bringen immer mehr zu wollen, weiter zu gehen, bis es eben nicht mehr geht. Wir alle kommen mit unserer eigenen Geschichte – die Frage ist nur, wie wir damit umgehen. Und wen wir dabei möglicherweise in Mitleidenschaft ziehen.

Philipp Isterewicz: Neben dem Podcast und meinen Radiosendungen moderiere ich auch Nachrichten in SAT.1 seit über zwei Jahren. Für mich ist es also tatsächlich Alltag, sich auch mit den traurigen und düsteren Dingen der Welt zu beschäftigen. Ich bin aber grundsätzlich ein Mensch, der auch dorthin guckt, wo die Sonne eben nicht scheint. Anders kann ich gar nicht. Trotzdem habe ich den Glauben an die Menschheit nicht verloren - noch nicht.

Vielen Dank für eure Zeit!

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