Schwerpunkt

RTLZWEI: Stets im Wandel?

von

In den vergangenen Monaten sollten Spielshows den Donnerstagabend erschließen. Doch längst müssen neue Talente um die Familien Geiss und Wollny herum gecastet werden. Sonst kommt es noch zum Schiffbruch.

Seit über zehn Jahren ist Andreas Bartl der Geschäftsführer des Grünwalder Fernsehsenders RTLZWEI, der sich in den vergangenen Jahren immer wieder neu entdeckte. Zahlreiche Leser kennen noch die Anime-Strecke am Nachmittag, das Tagesprogramm wurde auch für einige Zeit mit sechs Stunden «Frauentausch»-Wiederholungen bestückt, ehe seit ein paar Wochen bis zur Mittagszeit «Der Trödeltrupp – Das Geld liegt im Keller» gezeigt wird. Schon beim ZDF schauen Millionen Menschen zu, ob die Holz-Vitrine von Tante Elfriede auf den Sperrmüll kommt oder doch ein paar Euro wert ist. Im Anschluss laufen inzwischen die zahlreichen Hartz-IV-Formate «Hartz Rot Gold», «Hartz und herzlich – Tag für Tag Rostock», «Hartz und herzlich – Tag für Tag Benz-Baracken» und schließlich das letzte Überbleibsel der jungen Generation: «Berlin – Tag & Nacht». Nach «Die Wache Hamburg» und «Schwestern – Volle Dosis Liebe» liefen 421 Folgen von «Krass Schule – Die jungen Lehrer», im Anschluss kam jahrelang «Köln 50667».

Noch im vergangenen Jahr bespielte RTLZWEI seinen Donnerstagabend mit «Hartes Deutschland – Leben im Brennpunkt», das keine überragenden, aber solide Werte bei den Werberelevanten holte. Ende Februar folgte schließlich der Cut und «Genial daneben» sowie viele andere Formate kamen zurück. «Ein Haus voller Geld – Such dich reich!» konnte den Erfolg aus den Niederlanden und Belgien nicht kopieren, das «Glücksrad» war im Gegensatz zur US-Version extrem altbacken und langweilig. Schließlich wurde «Genial witzig – Das große Witze-Battle» und «Dinge gibt’s» ausprobiert. Bartl und sein Team haben zahlreiche neue Shows ausprobiert, das nächste große Ding war allerdings nicht dabei. Nach diesem Experiment kehrten die Drogen-Reportagen zurück, die nun wieder von «Reeperbahn Privat!» abgelöst werden.

Ein Aushängeschild von RTLZWEI war lange Zeit «Love Island», doch die von ITV Studios Germany produzierte Reality-Show kam schlussendlich nicht mehr gut an. Erst führten Jana Ina und Giovanni Zarrella durch die Show, im Pandemie-Jahr durfte Cathy Hummels als Vertretung fungieren und zuletzt standen Sylvie Meis und Oli P. montags vor der Kamera. Die übrigen Tage gab es eine Zusammenfassung, jedoch führte das Überangebot von RTL+-Reality-Dating-Shows dazu, dass die RTLZWEI-Sendung immer weniger wahrgenommen wurde.

Am Montagabend schlugen sich «Die Retourenjäger» und die XXL-Staffel von «Die Geissens – Eine schrecklich reiche Familie» deutlich besser. Der Dienstagabend wurde das gesamte Jahr von den Sozialreportagen «Hartz Rot Gold», «Hartz und herzlich – Tag für Tag Benz-Baracken», «Armes Deutschland – Stempeln oder arbeiten» sowie verschiedene Ausgaben von «Hartz und herzlich» in Leverkusen, Nürnberg, Düsseldorf und Magdeburg befüllt. Dem Zuschauer wurde allerdings nicht immer klar, ob es sich um neue Folgen oder alte Kamellen handelt.

Im Sommer 2023 war «Herr Glööckler sucht das Glück» eher eine Enttäuschung, «Die Schnäppchenhäuser» in der Promi-Version punkteten nicht wirklich. Stattdessen war die Show «Kampf der Realitystars» im April, Mai und Juni sehr erfolgreich, Ende vergangenen Jahres und im März und April schickte man den Dauerbrenner «Die Wollnys – Eine schrecklich große Familie» los. Zwischenzeitlich holten auch «Joey Kelley und Familie – Roadtrip Panamericana» und «Mensch Retter» gute Werte, aber wie sieht die Zukunft dieser Formate aus?

Andreas Bartl blieb bei der Programm-Präsentation in Köln beim Screenforce Festival erstaunlich leise. Harald Glööckler war zwar ebenfalls im Auftrag von RTLZWEI vertreten, doch die Show war nicht unbedingt ein Straßenfeger. Genauso unklar ist die Zukunft der vielen Formate abseits von «Genial daneben», gerade die Zukunft von Oliver Pocher ist mehr als ungewiss. Aber hier fällt auf: Es wird an den hochkarätigen Prominenten gespart, schließlich saßen in den Anfangszeiten von Sat.1 weitaus bekanntere Prominente herum.

RTLZWEI erreichte im Fernsehjahr 2023/2024 nur 2,3 Prozent Marktanteil und rutschte auf den letzten Platz der acht großen Vollprogramme. Das liegt zum Teil daran, dass die Programmstrategie nicht wirklich klar ist. Der Sender kann sich eigentlich nicht erlauben, den halben Nachmittag und Vorabend mit Hartz-IV-Shows zu decken, schließlich kommen diese Inhalte auch schon am Dienstagabend. Die Familie Wollny wird auch keine dauerhafte Lösung mehr sein, selbst die Geissens werden sich irgendwann zur Ruhe setzen. Beide Programme werfen extrem viel Content ab, weshalb RTLZWEI mehr Langstrecken-Formate produzieren muss. Die Shows am Donnerstagabend stehen im krassen Gegensatz zum übrigen RTLZWEI-Programm. Das hat zuletzt nicht funktioniert, weshalb der Sender auch auf 4,1 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe rutschte. Kapitän Bartl hat vor knapp einem Monat nicht geliefert, aber so langsam muss der Frachter in den Hafen einlaufen und seinen Plan erklären.

Kurz-URL: qmde.de/153978
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger Artikel3 Quotengeheimnisse: Wie geht’s der Ampel?nächster ArtikelQuotencheck: «And Just Like That…»
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung