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Zur Handlung: Das Leben auf einer der noch nicht fertig terrageformten Kolonien ist rau. Man muss sich an diesem Ort der „Company“ (natürlich Weyland Yutani) auf Jahre hinaus verpflichten, um irgendwann einmal von einem besseren Leben träumen zu dürfen. Sonne gibt es nicht, dafür aber jede Menge Schmutz und Staub. Aus dieser modernen Arbeitshölle möchte eine Gruppe von Teenagern entkommen und in eine Art gelobtes Land entfliehen, wo tatsächlich einmal Sonnenstrahlen zu sehen sein würden. Dazu müssen sie nur die Technik aus einem brachliegenden Weyland-Yutani-Schiff klauen. Der Rest der Handlung dürfte selbsterklärend sein: natürlich ist das Schiff nicht ohne Leben an Bord. Nur leider kein menschliches Leben...
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Doch kommen wir zunächst zu den Stärken des Filmes: er sieht unheimlich gut aus, vielleicht ist es sogar der am Besten aussehende Teil der Reihe. Der ganze Look ist nicht nur sehr auf ein Retrogefühl bedacht, sondern er fühlt sich auf Grund von Fede Alvarez‘ Vorliebe für praktische Effekte auch einfach echt und greifbar an. Allerdings wird es gerade dann, als er doch einmal zum Deepfake greift, auch plötzlich künstlich und nicht überzeugend. Doch die ersten 15 Minuten sind absolut im Geiste des 79er-Filmes. Allerdings liegt auch genau darin das Problem dieses Filmes: nicht umsonst wurde hier der große Bogen zum Beginn des Franchises gespannt, denn genau das tut dieser Film auch. Er versteht sich so sehr als Teil des Vermächtnisses, dass er es nie schafft, einen eigenen Ansatz zu finden. Es wirkt fast so, als hätten Alvarez und Co-Drehbuchautor Rodo Sayagues eine Checkliste gehabt, die sie abarbeiten mussten. Facehugger? Check. Xenomorphs? Check. Kryoschalf? Check. Dubiose Androiden? Check. Spacemarine-Waffen? Check. Bauchdruchbrechende Aliens? Check. Das Muttermotiv? Check. Das Phallusmotiv? Check. Der philosophische Unterbau aus «Prometheus»? Check. Wort-für-Wort-Zitate und Bild-für-Bild-Referenzen aus vorherigen Teilen? Check. Das ist mitunter so rückwärtsgewandt, dass der Film mitunter eher wie ein Best-Of wirkt, denn wie ein eigenständiger Film. Wer sich im Franchise gut auskennt, kann die Handlung quasi Schritt für Schritt im Voraus erahnen. Dazu kommt die Schwäche, dass der Film sich sehr wenig für seine Figuren interessiert. Wo «Alien» es noch schaffte, die Crew der Nostromo mit wenigen Dialogzeilen und Manierismen scharf zu zeichnen, sind die Teenager hier sehr beliebige Pappaufsteller, deren Gefahr den Zuschauer weitestgehend kaltlässt.
Cailee Spaeny («Priscilla») versucht zwar ihr Bestes, ihrer Rain irgendwie Konturen zu verleihen, aber das Drehbuch lässt sie an der Stelle leider im Stich. So bleibt die interessanteste Figur noch Andy, den der Newcomer David Jonsson auch sehr facettenreich darstellt - das war‘s dann aber auch schon.
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Das alles ist vor allem deshalb so enttäuschend, weil es auf dem Papier so gut klang. Dennoch ist der Film immerhin technisch sehenswert – wer also Lust auf einen sehr gut gemachten, wenig kreativen Fanfilm nach „zehn kleine Jägermeister“-Prinzip mit einem Best Of aus diversen Alien-Filmen sehen möchte, der ist hier genau richtig. Aber vermutlich tut eine angepasste Erwartungshaltung dem Filmgenuss eher gut.
«Alien Romulus» ist seit Donnerstag, den 15. August 2024, im Kino.
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