Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: Wohin steuert «TV total»?

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Montags blickt Quotenmeter auf aktuelle Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops und ordnet diese ein. In dieser Woche geht es um den verpatzten Saison-Start von «TV total». Und die Frage: Bringt mehr auch wirklich mehr?

ProSieben will sein Erfolgsprodukt «TV total» in diesem Jahr mächtig abmelken. Nachdem man vor einigen Wochen zahlreiche Samstag-Abend-Specials mit Sebastian Pufpaff angekündigt hatte, folgte in der vergangenen Woche der Plan, gleich zwei reguläre Ausgaben der Comedy-Show auf Sendung zu schicken. Der Start ist für den Winter geplant, ab wann und an welchem Wochentag – das ließ der Unterföhringer Sender allerdings offen. Die Ankündigung war als Fingerzeig in Richtung Köln zu verstehen, wo Stefan Raab seit einiger Zeit mit seinem ehemaligen Intim-Feind RTL anbandelt.

Nicht nur setzte der ehemalige «TV total»-Moderator mit seiner neugegründeten Produktionsfirma Raab Entertainment bereits «Das RTL EM-Studio» um, ab Herbst produziert das von Ex-ProSieben-Chef geführte Unternehmen auch die Samstagabend-Sendung «Eltons 12» um. Es fliegen derzeit zahlreiche Giftpfeile vom Süden in den Westen der Republik – unter anderem sägte ProSieben bekanntlich Elton als «Schlag den Star»-Moderator ab, da dieser nach Ansicht von ProSieben-Chef Hannes Hiller für zu viele Sender – gemeint war eindeutig RTL – aktiv sei.

Der Geist vor Stefan Raab scheint auf den Fluren von ProSieben zu spuken, die Angst vor einem kolportierten Angriff auf «TV total» am Mittwochabend geht um. Am 14. September kehrt Raab jedenfalls auf die Bildschirme zurück und steigt mit Regina Halmich ein drittes Mal in den Ring – erstmals bei RTL. In der Zeit danach soll Raab offenbar auch über «Eltons 12» hinaus für den führenden Privatsender aktiv sein. In welcher Form und welchem Umfang wird aktuell in der Branche spekuliert. ProSieben wiederum wappnet sich für dem Angriff auf den Mittwochabend, indem man «TV total» eben auch an einem anderen Wochentag anbietet.

Nach fast drei Jahren mit Sebastian Pufpaff scheint dies der logische Schritt zu sein, es verwundert fast, dass es überhaupt so lange gedauert hat. Das lag aber auch daran, dass Stefan Raab zuletzt eben noch «TV total» mit Raab TV, inzwischen in Brainpool Entertainment umbenannt, produzierte. Nach Raabs Ausscheiden aus Raab TV blies und bläst ProSieben die Marke «TV total» auf. ProSieben ist bekannt dafür, es mit erfolgreichen Sendungen zu übertreiben. Am Beispiel von «The Masked Singer», von dem jährlich zwei Staffeln produziert werden, lässt sich erkennen, dass mehr nicht immer besser bedeutet. Inzwischen zeigt die Unterhaltungsshow große Abnutzungserscheinungen und konnte aufgrund mangelnder Weiterentwicklung das sagenhafte Quotenniveau der Anfangsstaffeln nicht aufrechterhalten. Zwar lief es zuletzt noch immer gut, aber von einem echten Hit hat man sich eben auch entfernt.

Obwohl «TV total» seit seinem Comeback im Oktober 2021 nicht aufgebläht wurde, sondern weiterhin wöchentlich läuft, machen sich ein paar Abnutzungserscheinungen breit. Zwar holt man noch immer regelmäßig den Zielgruppensieg in der Primetime, doch das Interesse ist im Vergleich zum Vorjahr etwas verhaltener geworden. Vergleicht man die vorläufig gewichteten Mai-Werte der Jahre 2023 und 2024, fällt auf, dass die Sehbeteiligung von 1,27 auf 1,15 Millionen Zuschauer ab drei Jahren gesunken ist. In der Zielgruppe fiel die Einschaltquote von 13,9 auf 13,0 Prozent. Das sind wie erwähnt zwar noch immer tolle Werte, aber eben auch ein klares Minus, zumal auch die Reichweite in der Zielgruppe um 120.000 Zuschauer gesunken ist.

Vergleicht man die Werte nach den jeweiligen Sommerpausen der Jahre bestätigt sich der Eindruck, dass «TV total» etwas an Glanz verloren hat. Sebastian Pufpaff kehrte im Vorjahr am 6. September auf die Bildschirme zurück, in diesem Jahr erfolgte das Comeback schon am 14. August. Mit den ersten drei Folgen im September 2023 fuhr «TV total» im Schnitt 1,05 Millionen Zuschauer ein – kein einziges Mal weniger als eine Million Menschen. In der Zielgruppe reichte es mit 0,59 Millionen für 11,6 Prozent. Der Start in die neue Staffel gelang, aber es dauerte schon damals, bis das alte Niveau erreicht wurde. Von diesem Niveau ist «TV total» dieser Tage meilenweit entfernt.

Die drei Mittwochs-Sendungen sorgten im Schnitt gerade einmal für 0,81 Millionen Zuschauer, zuletzt standen lediglich 0,67 Millionen Zuschauer zu Buche. Der Marktanteil wurde in der vergangenen Woche nur auf 8,3 Prozent bei den Umworbenen taxiert. Die durchschnittliche Zielgruppen-Reichweite der drei August-Ausgaben belief sich auf 0,44 Millionen 14- bis 49-Jährige. Zwar holte man auch 12,8 und 11,8 Prozent in den ersten beiden Folgen, aber bei dieser Zuschauerausbeute ist das allenfalls ein Spritzer Parfüm in einer Biotonne.

Noch bescheidener schnitt «TV total XXL» am Samstag ab. Die Sendung wurde wenige Stunden nach der Bekanntgabe der Dosis-Erhöhung in Köln aufgezeichnet, unterhielt bei der Ausstrahlung zwei Tage später aber nur 0,58 Millionen Zuschauer, darunter 0,30 Millionen werberelevante. Damit holte ProSieben als Sender für eine junge Zielgruppe gerade einmal doppelt so viele Zuschauer wie der Spartensender Nitro am späten Freitagabend mit der Ausstrahlung eines schlechten Films - «SchleFaZ» sei Dank. Mit einem Marktanteil von 7,9 Prozent trieb «TV total XXL» nur auf Höhe des Senderschnitts und hatte gegen «Ich bin ein Star – Showdown der Dschungellegenden» und «Die große Maus-Show» klar das Nachsehen. Die schwachen Werte nach der Sommerpause könnten auch daran liegen, dass ProSieben während Pufpaffs Pause trotzdem auf Pufpaff setzte und alte «TV total»-Folgen wiederholte. Wollte man den Sendeplatz für «TV total» mit «TV total» warmhalten oder hatte man kein Alternativ-Programm?

Die Antwort darauf lässt sich von außen nicht beantworten, Fakt ist aber, dass die Ausstrahlung nicht geholfen hat: Die Werte waren niedrig und sorgen nun für ein Problem. Der ein oder andere Zuschauer hat mit neuen Folgen möglicherweise erst – wie in den vergangenen beiden Jahren Usus – im September gerechnet und blieb deshalb fern. Dass am Samstagabend künftig häufiger die Marke «TV total» laufen würde, das machte der Sender in den vergangenen Wochen deutlich. Insofern ist die schwache Quote eine herbe Enttäuschung – vor allem im Hinblick auf die kommenden Wochen. Pufpaff meldet sich mit dem «TV total Turmspringen» (21. September) und dem «TV total Bundesvision Comedy Contest» (28. September) gleich zweimal am Samstagabend im September. Weitere Specials folgen im Laufe des Jahres und eben im Winter die Dosis-Erhöhung. Ob das den Wein letztlich verwässert oder die Reichweiten und Quoten wieder nachhaltig steigen, bleibt abzuwarten. «TV total» hat den Saisonstart aber definitiv verpatzt – und das ohne aktives Zutun von Stefan Raab.

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