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Die Kontroversen um Disney: Buchhaltungstricks in den Parks und ihre Auswirkungen

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Die ehemalige Disney-Finanzmitarbeiterin Sandra Kuba entdeckte falsch verbuchte Einnahmen bei den Disney-Parks. Nachdem der Micky-Maus-Konzern nicht reagierte, ging sie zur Finanzaufsicht. Der Dank: Die Entlassung.

Die Amtszeit von Bob Chapek als CEO der Walt Disney Company begann im Februar 2020 unter ungewöhnlich herausfordernden Umständen. Nur wenige Tage nach seiner Ernennung zwang die COVID-19-Pandemie zur Schließung der Disney-Parks, stoppte Filmproduktionen und brachte den globalen Unterhaltungsriesen in eine Krise. Doch während Chapek mit den offensichtlichen Herausforderungen der Pandemie zu kämpfen hatte, brodelte im Hintergrund eine weitere, weit weniger sichtbare Krise: Vorwürfe der Bilanzmanipulation und kreative Buchhaltung, insbesondere im Bereich der Disney-Parks.

Die Disney-Parks, verteilt über Nordamerika, Europa und Asien, sind das Herzstück des Unternehmens und eine wesentliche Einnahmequelle. Sie generieren nicht nur Einnahmen durch Eintrittskarten, sondern auch durch Hotels, Restaurants und den Verkauf von Merchandise-Artikeln. Die Parks gelten als Symbol für die Magie, die Disney verspricht, und als Hauptattraktion für Millionen von Besuchern weltweit.

Im Geschäftsjahr 2019, vor der Pandemie, erwirtschafteten die Parks, Experiences and Products (PEP)-Sparte von Disney mehr als 26 Milliarden US-Dollar und machten damit fast 40 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens aus. Diese Zahlen unterstreichen die zentrale Bedeutung der Parks für das finanzielle Wohl von Disney. Während Disney+ und die Filmproduktionen stark in den Fokus der Öffentlichkeit rücken, bleiben die Parks das Rückgrat des Unternehmens.

Trotz der zentralen Rolle, die die Parks im Geschäftsmodell von Disney spielen, tauchten während Chapeks Amtszeit ernsthafte Vorwürfe auf, dass das Unternehmen möglicherweise seine Einnahmen überbewertet habe. Eine ehemalige Buchhalterin von Disney, Sandra Kuba, brachte diese Anschuldigungen ans Licht. Kuba behauptete, dass das Unternehmen seit Jahren Einnahmen aus den Parks systematisch manipuliert habe, um die finanzielle Gesundheit des Unternehmens zu übertreiben. Der Disney-Konzern hat sie im Jahr 2017 entlassen, nachdem sie zur Finanzaufsicht ging.

Doppelte Verbuchung von Geschenkkarteneinnahmen:
Eine der Hauptmethoden soll darin bestanden haben, Einnahmen aus Geschenkkarten doppelt zu verbuchen. Wenn ein Gast eine Geschenkkarte kaufte, wurde dies als Einnahme verbucht. Doch anstatt den Betrag beim Einlösen der Karte wieder als Ausgabe zu registrieren, soll Disney diesen erneut als Einnahme verbucht haben. Dies führte dazu, dass die tatsächlichen Einnahmen aus den Parks höher erschienen, als sie tatsächlich waren.

Fehlerhafte Erfassung von Rabatten und Gratisleistungen:
Ein weiterer Trick soll darin bestanden haben, Rabatte und Gratisleistungen, die häufig als Anreize für Besucher angeboten werden, nicht korrekt zu erfassen. Diese wurden entweder gar nicht oder nur unvollständig von den Gesamteinnahmen abgezogen, was ebenfalls zu einer Überbewertung der Einnahmen führte.

Verschiebung von Einnahmen zwischen Finanzperioden:
Kuba behauptete auch, dass Disney Einnahmen zwischen den Finanzperioden verschoben habe, um schwächere Quartale zu stützen. Beispielsweise sollen Einnahmen, die eigentlich in einem späteren Quartal hätten verbucht werden sollen, vorgezogen worden sein, um in einem schwächeren Quartal die Ergebnisse zu verbessern.

Die praktischen Auswirkungen dieser Buchhaltungstricks sind schwerwiegend. Zunächst täuschten sie die Investoren und Analysten über die wahre finanzielle Lage des Unternehmens. Besonders in Krisenzeiten, wie während der Pandemie, könnten diese überhöhten Zahlen dazu geführt haben, dass Investoren ein falsches Vertrauen in die Stabilität von Disney setzten. Dies könnte die Aktie künstlich hochgehalten und Disney einen unverdienten Vorteil auf den Finanzmärkten verschafft haben.

Ein weiterer negativer Aspekt dieser Praktiken ist das langfristige Vertrauen in die Marke Disney. Das Unternehmen ist seit jeher für seine Integrität und seinen hohen Standard in der Geschäftsethik bekannt. Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, könnte dies nicht nur den Ruf des Unternehmens schädigen, sondern auch zu rechtlichen Konsequenzen führen. Die U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) könnte sich für solche Fälle interessieren, da sie ein klarer Verstoß gegen die allgemeinen Buchhaltungsstandards (GAAP) darstellen würden. Sollte sich herausstellen, dass die Vorwürfe berechtigt sind, könnte Disney mit erheblichen Geldstrafen und einem langwierigen Rechtsstreit konfrontiert werden.

Während die Details der Buchhaltungstricks ans Licht kamen, stellte sich auch die Frage, inwieweit Bob Chapek von diesen Praktiken wusste oder sie gar unterstützte. Chapek, der vor seiner Rolle als CEO die Parks-Sparte von Disney leitete, könnte entweder direkt oder indirekt in diese Praktiken involviert gewesen sein. Chapek selbst hat sich nie öffentlich zu diesen Vorwürfen geäußert, doch die Tatsache, dass er während einer so kritischen Zeit an der Spitze stand, legt nahe, dass er zumindest einen Teil der Verantwortung trägt. Innerhalb des Unternehmens führte dies zu Spannungen und Misstrauen, insbesondere als diese Praktiken intern weiter untersucht wurden.

Im November 2022 wurde Chapek überraschend entlassen, und sein Vorgänger, Bob Iger, kehrte als CEO zurück. Igers Rückkehr wurde von vielen als notwendiger Schritt gesehen, um das Vertrauen in Disney wiederherzustellen. Iger, der Disney in der Vergangenheit durch bedeutende Akquisitionen wie Pixar, Marvel und Lucasfilm zu neuer Größe geführt hatte, stand nun vor der Aufgabe, den Schaden zu beheben, der während Chapeks Amtszeit entstanden war. Bislang konnte Disney die kreativen Finanzbuchungen vor der breiten Öffentlichkeit geheim halten. Doch aufgrund der Buchhaltungstricks müssten eigentlich Milliarden auf den Konten fehlen. Noch immer ist eine Überprüfung nicht abgeschlossen.

Ein zentrales Anliegen von Iger war es, die internen Strukturen und Prozesse bei Disney zu überprüfen und zu modernisieren, um sicherzustellen, dass solche bilanztechnischen Manipulationen in Zukunft nicht mehr vorkommen. Er beauftragte eine unabhängige Prüfung der Bücher und setzte Maßnahmen in Gang, um die Transparenz innerhalb des Unternehmens zu erhöhen. Die Enthüllungen über die Buchhaltungstricks werfen ein düsteres Licht auf die glanzvolle Welt der Disney-Parks. Sie zeigen, dass selbst die strahlendsten Unternehmen anfällig für interne Fehlentscheidungen und unethische Praktiken sind. Für Disney ist es nun entscheidend, aus diesen Fehlern zu lernen und das Vertrauen der Investoren, Kunden und der Öffentlichkeit wiederzugewinnen.

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