Die Kritiker

«Sarah Kohr – Koma»: R– rasanter B-Klopper!

von

Nach einem Überfall liegt Staatsanwalt Anton Mehringer im Koma. Nach seiner Verlegung in eine Spezialklinik lernt seine Ziehtochter Sarah Kohr eine junge Frau kennen, die Mehringers Anwesenheit regelrecht in Panik versetzt. Kurze Zeit später ist diese junge Frau tot.

«Sarah Kohr – Koma»

  • REGIE: Mike Marzuk
  • BUCH: Timo Berndt
  • MONTAGE: Zaz Montana
  • KAMERA: Patrick D. Kaethner
  • MUSIK: Boris Bojadzhiev
  • BESETZUNG: Lisa Maria Potthoff, Herbert Knaup, Johanna Gastdorf, Nadja Bobyleva, Adrian Topol, Angelina Häntsch, Tomer Lev Tov, Bejamin Kramme
«Sarah Kohr» hat sich still und leise zum B-Klopper des ZDF-Kriminalfilms entwickelt. Die Bezeichnung B-Klopper ist in diesem Zusammenhang bitte keinesfalls als abwertende Kritik zu verstehen. Ganz im Gegenteil. Jeder gute B-Klopper bietet Action, Spannung und im besten Fall noch einen Protagonisten, der es ordentlich krachen lässt. Und dieser Protagonist in im öffentlich-rechtlichen Kriminalfilmkino kein Mann, es ist eine Frau: Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff). Die 2014 gestartete Spielfilmreihe vereint eine starke, weibliche Hauptfigur mit dem Flair eines Old-School-Actionfilms. Ihr Charme liegt gerade in der Mischung aus starker Präsenz und der Fähigkeit, auch ohne viel Budget ordentlich zuzuschlagen. Die Filmreihe hat sich zu mehr als einem Geheimtipp entwickelt, weil sie das macht, was viele große Produktionen vernachlässigen: Sie konzentriert sich auf das Wesentliche. Mit klaren, schnörkellosen Geschichten, die sich auf die Dynamik zwischen den Charakteren stützen, wird tatsächlich jede Episode zu einem fesselnden Erlebnis.

Im Gegensatz zu vielen Hochglanz-Krimis, die mehr Schein als Sein bieten, bleibt «Sarah Kohr» bodenständig und glaubwürdig. Und am besten sind die Filme immer dann, wenn Lisa Maria Potthoff am Ende eines Filmes aussieht, als habe sie gerade die Choreografien sämtlicher «Rocky»-Filme durchgespielt. Auch «Koma» bietet der wortkargen LKA-Beamtin Sarah Kohr wenig Zeit zum Chillen. Nach dem Angriff auf ihren väterlichen Freund Mehringer steht sie vor einem Rätsel. Was wollte er in der Gasse, in der er zusammengeschlagen worden ist? Dass Mehringer noch lebt, ist allein dem Eingreifen einer Polizistin zu verdanken, die zufällig auf dem Heimweg Zeugin des Verbrechens wurde – deren Handeln aber nicht als wirklich professionell zu bezeichnen ist. Das geht nicht nur aus einer Videoaufzeichnung hervor. Die Polizistin selbst sagt dies über ihr Tun. So konnte sie Mehringer zwar retten, der Täter aber konnte problemlos entkommen. Nach drei Wochen im Koma wird Mehringer in eine Spezialklinik im Hamburger Umland verlegt. Eine junge Frau, die ein in der Klinik behandeltes Mädchen besucht hat, erkennt Mehringer – und gerät regelrecht in Panik, als sie Zeugin seiner Einlieferung wird. Bevor Sarah Kohr ihr Fragen stellen kann, ist sie jedoch verschwunden. Kurze Zeit später wird sie ermordet. Sarah Kohr kann diesen Mord nicht verhindern. In ihrem Mörder aber erkennt sie den Mann, der auch Mehringer zusammengeschlagen hat.

Mit Tempo geht die Handlung voran, die sich auf der Actionebene auf die Suche nach dem Mann konzentriert, der Mehringer ins Koma geprügelt hat und den als skrupellos zu bezeichnen, eine Untertreibung darstellt. In welchem Namen aber agiert er warum? Und warum führen die wenigen Spuren, deren Sarah Kohr habhaft wird, in die Klinik, in die Mehringer verlegt worden ist? So wirklich Sinn ergibt das nicht. Oder doch?

Genau hier zeigt sich, warum «Sarah Kohr» so rockt: Was auf den ersten Blick wie Zufall aussieht, entpuppt sich als gekonntes Spiel mit Erwartungen und unvorhersehbaren Wendungen. Je weiter sich die Handlung entwickelt, desto klarer wird, dass es keine Zufälle gibt. Jeder vermeintliche Zufall ist ein Puzzleteil in einem größeren Bild. Gerade weil die Figur Sarah Kohr Kompromisse nur vom Hörensagen kennt, gewinnt der Film mit fortlaufender Spieldauer an Intensität. Kohr lässt sich nicht von Unwägbarkeiten aufhalten, sondern nutzt sie, um den Fall auf ihre Weise zu lösen – schnell, präzise und wenn es sein muss, mit einem ordentlichen Schlag in die Magengrube.

Die Mischung aus unbarmherziger Härte und klugem Kalkül macht Sarah Kohr zur härtesten Ermittlerin im deutschen Fernsehen. Die Figur der Sarah Kohr ist das, was Til Schweiger einst mit seiner Figur Nick Tschiller erschaffen wollte. Wo Tschiller / Schweiger sich jedoch oft in großen, explosiven Momenten verlor, bleibt Kohr konzentriert, fokussiert und stets auf das Ziel ausgerichtet.

Aus diesem Grund: Getränke kaltstellen, Füße hochlegen, Chips futtern und Fernsehen an!

Die neue Folge ist am Montag, den 9. September, um 20.15 Uhr zu sehen.

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