Auch in diesem Jahr haben die Teams von Das Erste und vom ZDF wieder zahlreiche Politiker eine Bühne gegeben. In den vergangenen Jahren, unter anderem auch aufgrund der Alternative für Deutschland (AfD), hat die Schärfe dieser Interviews deutlich zugenommen. Vor einigen Jahren waren es heitere und zwanglose Gespräche, in Sommer 2023 musste CDU-Parteichef Friedrich Merz aufgrund einer Brandmauer-Aussage in den Tagen nach dem Interview zurückrudern. Das Problem: Während er eine Abgrenzung zur AfD in allen Gremien forderte, sorgten seine Anhänger für das Aufweichen dieser Mauer. Man müsse auf lokaler Ebene wie in Kreis- und Gemeinderäten mit ihnen zusammenarbeiten, sonst könne man nicht regieren.
Der Auftakt der Sommerinterviews lief im Vorfeld der EM-Partie zwischen Deutschland und der Schweiz. Den Anpfiff um 21.00 Uhr sahen 25 Millionen Menschen, drei Stunden zuvor schalteten nur 1,56 Millionen Menschen den «Bericht aus Berlin» im Ersten ein. Obwohl Olaf Scholz nicht für seine harten Aussagen bekannt ist, war die Ausgabe mit 11,9 Prozent Marktanteil erfolgreich. Selbst beim jungen Publikum lief es mit 0,26 Millionen Zusehenden und 10,1 Prozent gut.
Scholz‘ Konkurrent Friedrich Merz war um 19.10 Uhr im ZDF zu sehen und verstand es, dass er sich dieses Mal nicht mit grenzwertigen Aussagen blamieren dürfe. 2,54 Millionen Zuschauer sahen das Gespräch, das auf 13,9 Prozent Marktanteil kam. Bei den jungen Zuschauenden waren 0,30 Millionen dabei, das führte zu 7,7 Prozent.
Eine Woche später waren die Vorsitzenden der Alternative für Deutschland (AfD) zu Gast. Im Ersten sahen 1,55 Millionen Menschen ab drei Jahren Tino Chrupalla, der noch recht sachlich argumentierte. Er erreichte 11,9 Prozent der Zuschauer. Interessant. Mit 0,29 Millionen Zuschauern führte seine Sendung unter den ARD-Sommerinterviews, der Marktanteil lag bei 11,2 Prozent. Einen anderen Ton schlug Alice Weidel um 19.10 Uhr an, die beispielsweise behauptete, dass Deutschland „überrollt“ werde von Ausländern. So sagte Weidel auch, dass das Auswanderungsgesetz „der Todesstoß für den deutschen Staat“ sei. Die Zuschauer wollten sich das Gespräch nicht entgehen lassen, es sahen 2,73 Millionen Menschen zu. Der Marktanteil belief sich auf starke 15,2 Prozent. Unter den jungen Menschen waren 0,37 Millionen, das bedeutete 11,3 Prozent. Die Alternative für Deutschland (AfD) polarisiert, die Zuschauer sind dabei. Doch es ist nicht klar, ob dort Anhänger zuschauten, die Leute sich informieren wollten oder die Ablehnung der Partei bestätigt werden sollte.
Friedrich Merz besuchte das Team der ARD am 14. Juli, hatte im Ersten 1,45 Millionen Fernsehzuschauer und sicherte sich 11,7 Prozent. Die Werte bei den Jüngeren lagen bei 0,27 Millionen Zuschauern und 10,8 Prozent. Unterdessen war eine Stunde später Markus Söder beim ZDF, der – eben wie Weidel – 2,73 Millionen Menschen erreichte. Der Marktanteil lag bei 14,7 Prozent. Beim jungen Publikum kam der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef jedoch nur auf 0,20 Millionen, was 5,9 Prozent bedeutete.
Das Erste setzte aufgrund der Olympischen Spiele am 21. Juli aus, stattdessen bekam die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang beim ZDF eine Bühne. Mit 2,18 Millionen Zuschauern konnte man sich erfolgreich gegen Sport verteidigen, obwohl die Partei bei den Umfragen deutlich abbaute. 0,16 Millionen junge Menschen brachten 5,5 Prozent.
Sieben Tagen später war Finanzminister Christian Lindner (FDP) beim «Bericht aus Berlin» zu Gast. Die Politik für einzelne Lobbyverbände, die der Partei bereits vor knapp zehn Jahren das Genick brach, ist derzeit wieder allgegenwärtig. Lindner konnte auch nicht wirklich liefern, vor allem wollten die Zuschauer ihn nicht sehen: Nur 0,95 Millionen Menschen ab drei Jahren sahen die Sendung, die auf schwache 6,6 Prozent Marktanteil kam. Unter den jungen Menschen wurden nur 0,11 Millionen erreicht, der Marktanteil lag bei schrecklichen 3,9 Prozent. Lindner war auch am 4. August im ZDF zu Gast, auch dort verbuchte er mit 1,92 Millionen Zuschauern und 9,5 Prozent das schwächste Ergebnis. Bei den 14- bis 49-Jährigen erreichte der Finanzminister 0,20 Millionen und 4,9 Prozent. Selbst die Zuschauer sagen: Lindner habe fertig, die FDP befindet sich erneut in einem Allzeittief. Der Streit in der Ampel führt auch dazu, dass das Aushängeschild der Partei nicht gesehen werden will.
Talkshow-Hopper Lars Klingbeil besuchte am 11. August das ARD-Team, jedoch war das Interesse mit 1,04 Millionen Zuschauern ebenfalls überschaubar. Dadurch, dass Klingbeil stetig in Talkshows herumsitzt und kein aktiver Teil der Regierung ist, war die Sendung auch nicht gehaltvoll. Er war nur eine Vertretung der Parteiführung, die allerdings nicht gestalten konnte. Mit 8,2 Prozent lief es immerhin besser als bei Christian Lindner. Das Ergebnis bei den 14- bis 49-Jährigen wurde mit 0,10 Millionen und 4,3 Prozent bemessen.
Am 18. August 2024 kam der «Bericht aus Berlin» mit Grünen-Vorstand Omid Nouripour, dessen Werte auf 1,20 Millionen Zuschauer und 8,4 Prozent etwas erfolgreicher waren, aber nicht wirklich. Beim jungen Publikum fuhr er 0,11 Millionen ein, das bedeutete 4,1 Prozent. Um 19.10 Uhr erzielte SPD-Vorsitzende Saskia Esken noch 2,18 Millionen Zuschauer und 11,3 Prozent. Beim jungen Publikum riss sie mit 0,20 Millionen keine Bäume aus, der Marktanteil lag bei enttäuschenden 5,5 Prozent.
Ende August besuchte Markus Söder Berlin und gab unter anderem Koalitionstipps für Sachsen und Thüringen. Außerdem wurde erneut über die Frage des Bundeskanzlers diskutiert. Söder polarisiert, die Reichweite lag mit 1,64 Millionen Zuschauern auf einem Höchststand, der Marktanteil kletterte auf 12,4 Prozent. Nur beim jungen Publikum lockte er nur 0,14 Millionen an, das brachte 5,9 Prozent Marktanteil. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier trat im ZDF auf und erreichte 2,34 Millionen Zuschauer und 12,4 Prozent Marktanteil. Mit 0,25 Millionen jungen Menschen wurden 7,5 Prozent Marktanteil verbucht.
Schließlich schaute Olaf Scholz am Sonntag noch bei «Berlin Direkt» vorbei. Der Kanzler musste erklären, wie es nach dem Wahldesaster weitergehen musste. 3,00 Millionen Menschen, wovon 0,23 zwischen 14 und 49 Jahre alt waren, verfolgten das Gespräch. Dieses holte fantastische 16,0 Prozent bei allen sowie gute sieben Prozent bei den jungen Menschen. Im Gegensatz zu den anderen Daten handelt es sich um die letzten Quoten um vorläufige Zahlen.
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