Stab
Darsteller: Tanja Wedhorn, Paula Hartmann, Jutta Wachowiak, Clelia Sarto, Rosa Enskat, Kai ScheveMusik: Christopher Bremus
Kamera: Bernd Fischer
Drehbuch: Michael Vershinin
Regie: Franziska Schlotterer
Regisseurin Franziska Schlotterer hat sich hier an einem brisanten Thema versucht, das den Puls der Zeit treffen könnte. Schließlich ist Korruption im politischen Betrieb alles andere als ein Fremdwort, insbesondere im Gewand von Oligarchen aus dem ehemaligen Sowjetraum. Doch was dem Drehbuch von Grimme-Preisträger Michael Vershinin fehlt, ist ein klares Verständnis davon, was einen wirklich packenden Thriller ausmacht. Die Figuren? Sie bleiben so blass wie die grauen Betonwände des Berliner Regierungsviertels. Die Dialoge? Ein Sammelsurium aus Floskeln und Phrasen, die man in jedem zweitklassigen TV-Krimi zu hören bekommt. Keine Überraschungen, keine Momente, in denen man kurz innehält und denkt: „Wow, das war clever.“ Stattdessen spult der Film seine 90 Minuten herunter, als wäre er eine Pflichtaufgabe, die man irgendwie hinter sich bringen muss.
Tanja Wedhorn als Anna Grawe, die loyale Büroleiterin, die sich mehr und mehr in einem Netz aus Lügen und Intrigen verheddert, gibt sich zwar alle Mühe, ihrer Figur Leben einzuhauchen, doch selbst sie kann den hölzernen Dialogen und der konstruierten Handlung nichts entgegensetzen. Man sieht ihr an, dass sie sich durch das Drehbuch kämpft, und leider erinnert ihre Performance eher an eine gestresste Mutter, die sich über eine nicht funktionierende Waschmaschine ärgert, als an eine Frau, die um ihre Karriere und das Leben ihrer Tochter fürchten muss.
Apropos Tochter: Paula Hartmann als Larissa, eine Studentin mit einem problematischen Liebesleben, bleibt nicht mehr als eine Plot-Schablone. Ihre Beziehung zu einem verheirateten Geschäftsmann und die damit verbundene Erpressung könnten theoretisch der emotionale Kern des Films sein, aber auch hier bleibt alles so vorhersehbar, dass man sich schon nach wenigen Szenen sicher ist, wie es enden wird. Keine Wendungen, keine schockierenden Enthüllungen – Larissa stolpert durch die Handlung wie ein Nebencharakter in ihrer eigenen Geschichte.
Und dann wären da noch die Bösewichte. Eugen Knecht als kasachischer Oligarch Parygin ist so klischeehaft, dass man fast Mitleid mit ihm bekommt. Er zieht alle Register des „bösen Ex-Sowjets“, der in dunklen Geschäften verstrickt ist, und wirkt dabei so eindimensional, dass man sich fragt, ob das Drehbuch jemals den Versuch gemacht hat, ihm irgendeine Form von Tiefe oder Motivation zu geben. Das wäre doch was gewesen: Ein Antagonist mit echtem moralischen Konflikt! Aber nein, stattdessen bekommen wir den generischen Oligarchen, der böse schaut und dunkle Anweisungen gibt.
Und als ob das alles nicht schon genug wäre, gibt es da noch die Schauplätze: Berlin und die Ostseeküste. Beide Orte hätten Potential gehabt, visuell spannende Kontraste zu setzen – die pulsierende Hauptstadt versus die ruhige, scheinbar unberührte Küstenlandschaft. Doch auch hier bleibt alles im Mittelmaß stecken. Die Kameraarbeit von Bernd Fischer gerät dabei solide, aber nie bemerkenswert. Kein Bild, das hängenbleibt, kein Moment, der einen ins Geschehen zieht.
«Im Netz der Gier» ist somit ein Politthriller ohne Thrill. Ein Film, der sich wichtig gibt, aber nichts zu sagen hat. Die Handlung bleibt an der Oberfläche, die Figuren sind Abziehbilder, und am Ende bleibt einem nur die Erkenntnis, dass man diese 90 Minuten auch anders hätte verbringen können. Es ist, als hätte der Film sein eigenes Netz nie wirklich gesponnen – und uns bleibt nur, in den Fäden der Langeweile hängen zu bleiben.
Der Film «Im Netz der Gier» wird am Samstag, den 21. September im Ersten ausgestrahlt.
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