Stab
Darsteller: Milena Tscharntke, Joachim Raaf, Franz Hartwig, Matthias Matschke, Mignon Remé, Maria Magdalena WardzinskaMusik: Raffael Seyfried
Kamera: Tobias von dem Borne
Drehbuch: Martin Dolejs und Christine Heinlein
Regie: Till Endemann
Die Prämisse: ein Pflegeheim, in dem die Toten schneller eintreffen als die Angehörigen. Verdächtige Todesfälle, die möglicherweise auf das Konto eines „Todesengels“ oder einer menschenverachtenden Managementstrategie gehen, die ältere Menschen in billige Statistiken und Geschäftszahlen verwandelt. Ein relevanter Ansatz, der in einer Zeit, in der die Pflege als Schattenthema unserer Gesellschaft gehandelt wird, schockieren könnte.
Doch was bleibt? Ein Konstrukt, das weder als Thriller noch als Drama wirklich greift: Die Hauptfigur, Mia Stocker (Milena Tscharntke), eine junge Anwältin mit dem unheilvollen Erbe, in der Kanzlei ihres distanzierten Vaters (Joachim Raaf) ihren ersten Fall zu übernehmen, wirkt von Anfang an wie ein Fremdkörper. Ein moralisches Wesen, das ungebrochen in eine kalte Welt tritt, wo Ethik und Menschlichkeit nur Lippenbekenntnisse sind. Doch anstatt die inneren Konflikte der Figur zu explorieren, bleibt Mia ein bloßes Symbol für Naivität und Gerechtigkeit. Ihre Entwicklung – oder eher das Fehlen dieser – lässt den Zuschauer damit von Anfang an kalt.
Und dann wäre da noch der Antagonist dieses Films, Richard Willenborg, gespielt von Matthias Matschke. Ein jovialer Heimleiter, der sich scheinbar mit diabolischer Geschicklichkeit durch die Untiefen des Systems windet. Willenborg ist der klassische Bösewicht des neoliberalen Horrorszenarios: charmant, manipulativ, aber letztlich hohl. Matschke spielt diese Rolle mit der gewohnten Präzision, doch der Film lässt ihm kaum Raum, aus dem klischeehaften Korsett des „smarten Geschäftsmanns mit Leichen im Keller“ auszubrechen.
Die Geschichte selbst? Eine Abfolge von Vorhersehbarkeiten, verpackt in die übliche moralische Erzählung: Das System ist korrupt, der Einzelne wird erdrückt. Mia entdeckt, dass hinter dem „Routinefall“ ein Netz aus Gier und Machenschaften steckt, das weit größer ist als zunächst angenommen. Dabei geht es um nicht weniger als den Zerfall unseres ethischen Fundaments, eine düstere Allegorie auf die Missachtung menschlichen Lebens im kapitalistischen Pflegewesen. Doch der Film schafft es nicht, diesem Thema die notwendige Schwere oder Komplexität zu verleihen. Stattdessen verheddert er sich in flachen Spannungsbögen, die durch bruchstückhafte Dialoge in die Länge gezogen werden.
Till Endemann inszeniert das Ganze mit atmosphärischer Düsternis – oder besser gesagt, er versucht es. Die Kameraarbeit von Tobias von dem Borne ist bemüht, die kühle Distanz der Schauplätze in visuelle Isolation zu übersetzen. Doch was bleibt, ist nur Leere. Eine trostlose Kulisse, die zwar zur nihilistischen Aussage des Films passt, aber zu keiner Spannung führt. Statt subtilem Thrill gibt es hier nur die ständige Wiederholung einer verpassten Möglichkeit.
«Die stillen Mörder» ist damit ein Film, der nicht still ist, weil er tiefgründig sein will, sondern weil er einfach nichts zu sagen hat, das über das Offensichtliche hinausgehen würde. Ein Plot, der sich als kritisches Gesellschaftsdrama tarnt, letztlich aber an der fehlenden Erzählkunst und oberflächlichen Figurenzeichnung scheitert, sowie ein Krimi, der weder an den Nerven zerrt noch die Intelligenz seiner Zuschauer herausfordert. Wenn es still wird, dann nicht, weil der Zuschauer in sich gekehrt nachdenklich wird, sondern weil die Geschichte in sich zusammenbricht – eine zähe, uninspirierte Konstruktion, die das Interesse schneller verliert als die Patienten des Heims ihre Lebensenergie.
Der Film «Die stillen Mörder» wird am Samstag, den 28. September um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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