Die Kritiker

«KATI - Eine Kür, die bleibt»

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Das ZDF hat Kati Witts Olympia-Comeback in Lillehammer 1994 verfilmt und strahlt das Ergebnis folgerichtig zum deutschen Nationalfeiertag aus.

Stab

Darsteller: Lavinia Nowak, Dagmar Manzel, Felix von Bredow, Jörg Steinberg, Angela Hobrig, Sylvester Groth
Regie: Mimi Kezele
Drehbuch: Andrea Stoll
Kamera: Holly Fink
Schnitt: Stine Sonne Munch
Musik: Oli Biehler
Es gibt Comebacks, die das Herz höherschlagen lassen, und es gibt Comebacks, bei denen man sich nur fragen kann: Warum? «KATI – Eine Kür, die bleibt» fällt leider klar in letztere Kategorie: ein Film, der sich als emotionaler Rückblick auf das große Comeback von Katarina Witt zu den Olympischen Spielen 1994 in Lillehammer versteht, aber irgendwo zwischen Pathos und Vergangenheitsträchtigkeit hängen bleibt – ohne wirklich zu berühren oder zu inspirieren.

Die Ausgangslage könnte ja an sich spannend sein. Hier ist Katarina Witt, das „schönste Gesicht des Sozialismus“; nach dem Mauerfall muss sie in einer völlig neuen, unübersichtlichen Welt zurechtkommen. Und an ihrer Seite: Jutta Müller, ihre DDR-Trainerin, kaltgestellt von der Deutschen Eislaufunion, wie so viele andere, deren Karrieren nach der Wiedervereinigung plötzlich keinen Platz mehr in der neuen Weltordnung fanden. Beide kämpfen nicht nur gegen das Altern und die Schwerkraft des Eiskunstlaufs, sondern auch gegen ihre eigene Vergangenheit. Eine grandiose Grundlage für ein Drama, das die Zerrissenheit und Identitätskrisen der Nachwendezeit in Szene setzt – so könnte man zumindest meinen. Doch was der Film am Ende liefert, ist eher eine weichgespülte, bedeutungslose Erzählung, die nicht annähernd an die Schärfe und Komplexität der Realität heranreicht.

Dass ausgerechnet Lavinia Nowak in der Rolle der Katarina Witt diese Ikone verkörpern soll, lässt bereits von Anfang an Fragen aufkommen. Sicher, sie hat das Lächeln, die Eleganz – aber die innere Zerrissenheit, das Charisma einer Frau, die alles erreicht hat und dennoch nach mehr strebt, bleiben auf der Strecke. Die Inszenierung von Mimi Kezele tut ihr Übriges, um den Film über große Strecken in seichtes Fahrwasser zu lenken. Es ist alles sehr korrekt und ordentlich inszeniert, fast wie eine Lehrstunde über den Eiskunstlauf – aber wo bleibt die emotionale Tiefe, wo bleibt die Faszination für die Figur Witt, die ja wirklich ein komplexes Verhältnis zu ihrer Vergangenheit und ihrer eigenen Rolle als Aushängeschild der DDR hatte?

Apropos Komplexität: Katharina Witt selbst machte kürzlich Schlagzeilen mit ihren scharfen Kommentaren zur deutschen Olympia-Bilanz, die sie mit allerhand Geschwurbel über fehlende Leistungsanerkennung in Deutschland vermengte. Ein nüchterner Betrachter mag durchaus einmal die Frage stellen, warum Gold bei Olympia mehr Wert sein soll als die Dschungelkrone. Denn wieso profitiert ein Land von jemandem, der 100 Meter schneller laufen kann als alle anderen, am Ende mehr als von jemandem, der live und in Farbe Maden hinunterwürgt? Jedenfalls durchzieht diesen Film der Stolz der alten Tage und damit auch eine gewisse Selbstüberhöhung – es fehlt nur, dass Lavinia Nowak am Ende noch in einem dramatischen Monolog den Zustand des heutigen Sports anprangert.

Jutta Müller, gespielt von Dagmar Manzel, versucht zwar, dem Ganzen etwas Substanz zu verleihen, aber auch bei ihrer Figur bleibt das Drehbuch zu sehr an der Oberfläche. Nur schemenhaft spürt man die Tragik dieser Frau, die einst über den Eiskunstlauf-Olymp herrschte und dann von der neuen Bundesrepublik in Rente geschickt wurde. Der Film traut sich nicht, die Figuren wirklich an die Abgründe ihrer eigenen Geschichte zu führen. Stattdessen bleibt alles in einem recht einlullenden Wohlfühlrahmen, der das Drama eher andeutet als tatsächlich fühlbar macht.

So bleibt von «KATI – Eine Kür, die bleibt» am Schluss nichts wirklich hängen, nichts regt zum Nachdenken an. Der Film will eine Geschichte von Identität und Verlust erzählen, schafft es aber nicht, diesen Themen die nötige Tiefe und den Raum zu geben, den sie verdient hätten. Stattdessen versinkt alles in einer Art nostalgischem Nebel, der so manche unbequeme Wahrheit einfach beiseite wischt.

Zur Feier des Tages der Deutschen Einheit strahlt das ZDF am Donnerstag, den 3. Oktober um 20.15 Uhr «KATI – Eine Kür, die bleibt» aus.

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