David, du spielst in «KEKs» einen Schüler, der am unteren Ende der Hackordnung steht. Wie hast du dich in diese Rolle eingefunden und was hat dich an der Figur Younes gereizt?
David Ali Rashed: Younes und die anderen Keks sind für mich nicht unbedingt am unteren Ende der Hackordnung. Ganz sicher sind sie nicht die „coolsten“ auf dem Schulhof, können aber doch immer wieder oben mitspielen. Genau diesen ständigen Wechsel von Höhenflug und auf die Fresse fliegen fand ich von Anfang an spannend und das hat mich an der Rolle gereizt.
Leo, als Regisseur von «KEKs» – was hat dich an diesem Projekt angesprochen, und wie hast du versucht, die Herausforderungen einer chaotischen Brennpunktschule visuell umzusetzen?
Leo Fuchs: Die Idee, eine Serie zu schaffen, die sich um Schüler dreht, dabei aber nicht im klassischen Klassenzimmer spielt, sondern zu 90 Prozent auf dem Pausenhof, hat mich sofort begeistert. In meiner eigenen Schulzeit habe ich fast alles Wichtige auf dem Schulhof und in den Pausen gelernt, und ich denke, dass es vielen Menschen auch so ging, weshalb ich auch glaube, dass es für einige sehr einfach wird, sich mit «KEKs» zu identifizieren. Visuell haben wir versucht, zusammen mit allen Departments ein authentisches Bild zu schaffen, dass das Chaos und die vielen Menschen gut widerspiegelt. Im Kontrast dazu habe ich gemeinsam mit unserem DOP Philip Jestädt versucht, dieses Chaos mit visuell sehr schönen und neuen Bildern zu brechen. Violetta Willie hat mit ihrem Team eine wahnsinnig perfekte Schulausstattung vollbracht und die Schule mit jedem Detail zum Leben erweckt.
«KEKs» beschreibt das Leben von Schülern, die als Außenseiter in der Schule gelten. Wie habt ihr es geschafft, diese soziale Dynamik authentisch und gleichzeitig humorvoll darzustellen?
David Ali Rashed: Die Authentizität entsteht definitiv zu großen Teilen über das improvisierte Spiel, dadurch, dass wir mit den Dialogen, Reaktionen und auch anderen Ideen sehr frei sind. Vieles entsteht auch aus einem selbst heraus und ist dadurch oft authentischer als etwas „Hergestelltes“. Die Gruppendynamik hat sich über den Dreh aber auch immer mehr verselbstständigt. Man lernt sich immer besser kennen und es war gar nicht zu verhindern, dass da eine gewisse Dynamik und Chemie entsteht. Vor allem da wir vier Keks z. B. auch alle im gleichen Gebäude gewohnt haben. Wenn man jeden Tag zusammen dreht und jeden Abend dazu noch zusammen rumhängt, muss man sich einfach lieb haben, sonst ist es die Hölle. (lacht)
Leo Fuchs: Wir wollten in «KEKs» nicht schon wieder die klassischen Rollenbilder erzählen, deshalb haben wir versucht, diese etwas realitätsnäher zu erzählen. Zum Beispiel, dass auch mal der „Maker“ Ufuk zu viel von allem hat und das die Kleinen auch mal ganz groß sein können. Ich glaube, dass sich darüber viel mit Humor erzählen lässt.
Leo, «KEKs» wird oft mit anderen Joyn-Formaten wie «Die Discounter» verglichen. Was unterscheidet «KEKs» von diesen anderen fiktionalen Comedy-Serien?
Leo Fuchs: Ich denke, dass wir mit «KEKs» eine neue spannende Richtung aufgemacht haben, die Drama und Humor sehr schön verschmelzen lässt und dabei doch recht horizontal erzählt ist. Anders als «Die Discounter» oder «INTIMATE.» erzählen sich die Geschichten bei «KEKs» teilweise über mehrere Folgen oder haben mehr Einfluss aufeinander. Dazu glaube ich, dass wir auch visuell wieder eine neue Ebene eröffnet haben, die ich sehr spannend finde.
David, die Serie ist eine Mischung aus Comedy und sozialkritischen Themen. Wie schwierig ist es für dich, diese Balance zu halten, und was war für dich die größte Herausforderung an der Rolle?
David Ali Rashed: Wir wollen mit der Serie niemanden zur Schau stellen, sondern einfach von Menschen erzählen, die in ihrer Lebensrealität näher am deutschen Durchschnitt sind, als die meisten Fernsehsendungen es einen glauben lassen. Schulen sind nun mal meistens nicht sauber, Schülerinnen und Schüler haben Langeweile und bauen scheiße. Lehrkräfte sind überfordert und unterqualifiziert, all das ist nicht ungewöhnlich. Wir übertreiben natürlich, aber dafür ist Comedy auch da. Wir machen uns nicht über Menschen lustig, treiben aber ihre Eigenheiten auf die Spitze. Ich habe meine Figur nie als perfekten, reifen und reflektierten Jungen verstanden, was es einem auch erlaubt, mal danebenzuliegen und auch mal unsympathisch zu sein.
Wie kann man sich das Drehen mit improvisierten Dialogen vorstellen? Gibt es hierfür besondere Vorbereitungstechniken?
David Ali Rashed: Die größte Schwierigkeit bestand für mich darin, so wenig wie möglich zu lachen. Teilweise war es durch das Unwissen über den Verlauf einer Szene super schwer zu kontrollieren. Auf die Drehtage hat sich, denke ich, jeder und jede ein bisschen anders vorbereitet. Das hängt auch sehr davon ab, was du zu spielen hast. Teilweise ist es besser, sich für gewisse Szenen kaum vorzubereiten, wenn du z. B eher gut reagieren sollst als selber viel zu agieren.
Ich hatte bei «KEKs» sehr viele Szenen und auch sehr viele Dialoge, deswegen habe ich eigentlich jeden Abend die Szenen für den nächsten Tag vorbereitet und mir Gedanken über Sätze, Formulierungen, Sprüche und alles andere, was man einbringen könnte, gemacht und Notizen in mein Skript geschrieben. Über manche Szenen habe ich schon Wochen vorher dauernd nachdenken müssen, weil es einfach viele Richtungen gibt, in die man mit einer Szene gehen kann.
Leo Fuchs: Das Drehen ohne klassische Dialoge ist für mich das schönste. Jeder Tag ist eine Überraschung. Trotzdem gibt es klare Ziele für jede Szene und auch ein Drehbuch, dieses ist aber geschrieben wie ein Roman in indirekter Rede. Das bedeutet für den Schauspieler, dass er sich eigentlich nur gut auf seine Rolle vorbereiten muss und dann zum Set kommt. Hier setzen wir uns vor jeder neuen Szene einmal zusammen, lesen sie gemeinsam und besprechen, was das Wichtige an der Szene ist. Ab dann kann alles passieren und oft entstehen genau dadurch die geilsten Momente.
Die Serie thematisiert Beleidigungen und Ausgrenzung unter Jugendlichen. Welche Botschaft wollt ihr mit «KEKs» vermitteln, und wie wichtig ist es euch, solche Themen im Fernsehen anzusprechen?
David Ali Rashed: Wir thematisieren natürlich viele ernste Themen wie Ausgrenzung und Diskriminierung, erheben aber nicht den Anspruch, politisch korrekte Hauptfiguren zu erzählen. Sie sollen authentisch sein und keine Arschlöcher, aber die Jugendsprache ist natürlich hier und da etwas härter. Trotzdem zeigen die Keks auch immer wieder, dass sie sehr viel Herz haben.
Leo Fuchs: Das Spannende und auch Schöne an der Schulzeit ist, dass jede Gruppe zwangsläufig miteinander zu tun hat und miteinander interagieren muss. Anders als im Erwachsenenalter, in dem sich die Gruppen leider oft so verhärten und man dadurch das Gefühl für einander verliert. Deshalb finde ich es wichtig, die Leute daran zu erinnern, dass wir alle wie früher in der Schule im selben Boot sitzen und Streitigkeiten und heftige Auseinandersetzung absolut zum Leben dazu gehören, doch für echte Ausgrenzung und Rassismus sollte kein Raum sein.
David, wie war die Zusammenarbeit mit deinen Co-Stars Aaron Maldonado-Morales, Vito Sack und Manal Raga a Sabit?
David Ali Rashed: Ich hatte mit den dreien und auch allen anderen Kolleginnen und Kollegen eine wahnsinnig tolle Zeit. Der Dreh war für mich persönlich etwas sehr Besonderes, da ich einfach unfassbar viel Bock auf das Projekt hatte. Mit Aaron, Vito und Manal habe ich auch die ganze Zeit über Tür an Tür gewohnt, mit Aaron und Vito habe ich sogar einen Balkon geteilt. Wir sind in der Zeit wirklich sehr stark zusammengewachsen. Alle drei haben auch einfach einen brutalen Job gemacht.
Leo, du hast bereits an «Intimate» gearbeitet. Welche Erfahrungen aus dieser Serie konntest du bei «KEKs» einbringen, und wie hat sich deine Herangehensweise verändert?
Leo Fuchs: Wir haben mit «INTIMATE.» schon 2015 auf YouTube angefangen und dann für Joyn weitergemacht. All meine Erfahrung konnte ich natürlich darauf aufbauen, besonders war bei diesem Projekt die Soloregie, ohne meine Freunde an meiner Seite zu haben. Das war ein anstrengender Prozess, in dem man aber auch viel gelernt hat. Um ehrlich zu sein, bleibt die Herangehensweise aber immer ein bisschen die gleiche, weil es die ist, die uns seit Anfang an am meisten Spaß macht.
In «KEKs» spielen die Schüler eine zentrale Rolle. Wie habt ihr sichergestellt, dass die Perspektiven der Jugendlichen authentisch eingefangen werden?
David Ali Rashed: Das Team von «KEKs» ist sehr jung, aber insbesondere durch den Regisseur Leo Fuchs, der 24 Jahre alt ist, war diese Authentizität gegeben. Dazu kommt, dass die Schulzeit von uns Darstellern auch noch nicht allzu lange her ist, d. h. wir konnten uns selbst noch ganz gut mit dieser Grundsituation identifizieren.
Leo Fuchs: Ich denke, dass der improvisierte Dialog absolut entscheidend war, um die Sprache, den Humor und auch die Schüler authentisch darzustellen. Nicht mal ich als Jugendlicher traue mich, Dialoge für Jugendliche zu schreiben. Das ich selbst auch noch nicht so alt bin, hat bestimmt auch nicht geschadet.
Gibt es bestimmte Szenen oder Momente aus «KEKs», auf die du besonders stolz bist oder die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?
David Ali Rashed: Ich habe mich beim Schauen der Serie immer besonders gefreut, wenn es eine Idee oder ein Moment reingeschafft hat, den ich mir überlegt hatte. Ein kleines Beispiel dafür ist der Dialog über den peripheren Blick und dass Ufuk in der dritten Folge nicht rennen würde.
Leo Fuchs: Ich denke, jeder hat seine ganz persönlichen Lieblingsmomente. Für mich sind es oft die kleinen Dialoge, die ruhigen Szenen bei der Schulleiterin im Büro oder einfach, wenn die «KEKs» auf ihrer Bank sitzen und eine Kippe rauchen.
Danke für eure Zeit!
«KEKs» ist seit 16. Oktober bei Joyn verfügbar. ProSieben strahlt die Serie ab Mittwoch, den 13. November, um 23.35 Uhr aus.
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