Stab
Darsteller: Karin Hanczewski, Cornelia Gröschel, Martin Brambach, Andreas Lust, Aybi Era, Paula KrohMusik: Tim Schwerdter und Roman Fleischer
Kamera: Tobias von dem Borne
Drehbuch: Christoph Busche
Regie: Jano Ben Chaabane
Rasch ins Zentrum rücken die Ermittlerinnen aus Dresden, Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel), flankiert vom ruhig-sarkastischen Peter Michael Schnabel (Martin Brambach). Die Darstellungen von Karin Hanczewski und Cornelia Gröschel als Kommissarinnen, die zwischen Loyalität und Skepsis gegenüber ihren eigenen Kollegen schwanken, geraten dabei glaubwürdig und stark. Besonders Cornelia Gröschel als Leonie Winkler, die eine persönliche Verbindung zur Geschichte hat, verleiht dem Fall eine emotionale Tiefe: Der Handlungsstrang um den Tod ihres Bruders im Polizeidienst zieht Winkler zurück in eine Vergangenheit voller offener Wunden und bohrender Fragen. Aber wie so oft bei komplexen «Tatort»-Handlungen bleibt auch hier ein bekanntes Problem: Die emotionalen Verbindungen werden eher vom Drehbuch erzwungen, das sich dabei auch manchmal verzettelt und demzufolge zuweilen an Authentizität verliert.
Der Film punktet in seinen besten Momenten, wenn die Frage nach Korpsgeist und Vertuschung im Raum steht. Die Ermittlungen entwirren ein Netz aus Intrigen und alten Geheimnissen innerhalb der Polizei. Hier wird die Spannung greifbar, und die beklemmende Frage drängt sich auf: Wie weit ist man bereit zu gehen, um Kollegen zu schützen, und wann wird dieser Schutz zur Gefahr? Besonders Andreas Lust als Revierleiter Jens Riebold gibt dieser Frage Gesicht und Stimme. Seine Figur ist ambivalent, eine Mischung aus charismatischem Anführer und möglicherweise moralisch verstricktem Veteran. Man ahnt, dass hinter seinem fast väterlichen Auftreten mehr steckt – und genau dieser Mix aus Ungewissheit und Menschlichkeit zieht die Zuschauer in seinen Bann.
Doch zwischen all diesen gelungenen Momenten gibt es auch Passagen, in denen der Plot ins Stolpern gerät. Das Skript scheint manchmal den Überblick über die zahlreichen Figuren und Handlungsstränge zu verlieren, sodass einige Nebenhandlungen eher wie lose Enden wirken denn als spannende Nebengeschichten; sie sollen dem Film eine kriminalistische Dichte verleihen, führen dabei jedoch eher zu einer dramaturgisch zwecklosen Überfrachtung. Gerade weil die Kernhandlung so intensiv ist, wäre weniger hier vielleicht mehr gewesen. Es scheint fast, als wolle der Film zu viel, als möchte er unbedingt jede denkbare moralische Frage der Polizeiarbeit in seinen Plot packen, anstatt sich konsequent auf die wirklich starken Elemente zu fokussieren.
Die Bildsprache bleibt derweil ausnahmslos bestechend. Die Symbolik wirkt, ohne allzu offensichtlich zu sein. Dies schafft eine visuelle Stimmigkeit, die die Schwächen im Plot über weite Strecken kompensiert. «Tatort – Unter Feuer» ist somit eine gelungene Gratwanderung zwischen einem intensiven Kriminalfall und einem fast sozialkritischen Blick auf Loyalität und Verrat. Dabei werden durchwegs mehr Fragen gestellt als Antworten gegeben – was gerade im Kontext der Polizeiarbeit ein faszinierendes Spannungsfeld schafft. Und doch bleibt der fade Beigeschmack, dass hier ein paar Fäden zu lose geknüpft wurden und einige narrative Entscheidungen etwas zu sehr nach Konstruktion statt nach wirklicher Dramatik schmecken.
Der Film «Tatort – Unter Feuer» wird am Sonntag, den 3. November um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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