Das Traumschiff: Argentinien
- BESETZUNG: Florian Sibereisen, Barbara Wussow, Daniel Morgenroth, Collien Ulmen-Fernandes, Margarita Broich, Kai Wiesinger, Joyce Ilg, Nele Schepe, Aaron Karl, Friederike Linke u.a.m.
- REGIE: Eva Wolf
- DREHBUCH: Martin Wilke, Jochen S. Franken
- KAMERA: Daniel Bussmann
- SCHNITT: Ann-Sophie Schweizer
- MUSIK: Hans Günter Wagener
Ist es in Zeiten, da der Begriff der Identitätspolitik längst die Freiheit der Kunst und Kultur in seinen Würgegriff genommen hat, eigentlich noch erlaubt, dass ein Schauspieler, Aaron Karl, der keinen Zwillingsbruder hat, Zwillinge spielen darf? Ja, doch, man muss solche bekloppten Fragen stellen in Zeiten, da identity-conscious casting, im Deutschen beamtisch-fluffig Authentizitätscasting genannt, der heiße Scheiß, pardon, das schmackhafte Fischfrikadellenbrötchen der Saison darstellt. Nicht, dass «Das Traumschiff» noch ins Visier eines Diversitäts- und Familienstandsbeauftragten des ZDF gerät. Natürlich ist dieser Gedanke absurd. Allerdings muss man heute auf jeden Unsinn gefasst sein, und zwar von allen Seiten, denn der Wahnsinn, der einzig darauf abzielt, die eigene Ideologie über alles andere zu erheben, macht vor keinem Hafen halt. Er schwappt über jede Mole der Vernunft, überspült die Ufer des gesunden Menschenverstands und lässt keinen Ort unberührt, an dem man einfach nur Ruhe und einen klaren Blick auf die Weite finden möchte. Wie gut, dass es in solch bekloppten Zeiten diesen einen Ort gibt, der von all diesem Schwachmatismus verschont bleibt: «Das Traumschiff». Obschon auch auf den Planken der Glückseligkeit manch Ungemach lauert. Etwa für Andreas und Lisa. Andreas und Lisa hat die Liebe zusammengeführt. Wie wunderbar, sollte man ausrufen. Doch leider ist da noch Konrad. Konrad ist Lisas Vater und eigentlich möchte er diese Kreuzfahrt mit seiner Tochter machen, da sie so vielleicht wieder etwas näher kommen. Konrad ist kein einfacher Mensch. Wahrscheinlich ist er so etwas wie Planungsfeststellungsbeauftragter einer mittelgroßen deutschen Kommune. Es hat schon Gründe, warum sich Maja von ihm scheiden lassen hat, die heute in, ganz genau, Argentinien lebt.
Immerhin hat man die Scheidung offenbar erwachsen über die Bühne gebracht und daher moppert er nicht dagegen an, dass Lisa ihren 30. Geburtstag in Argentinien mit Mutter und Vater feiern möchte. Ja, Konrad und Maja sprechen miteinander und haben auch keine allzu großen Probleme damit, ein paar Tage miteinander verbringen zu müssen. Probleme hat Konrad jedoch mit der Tatsache, dass Andreas, Lisas große Liebe, den er auf diesem Schiff kennenlernt, nur zehn Jahre jünger ist als er. Mon dieu, möchte man ausrufen. Es ist 2024 und wenn Amor Überstunden leistet, so feiern wir seinen Einsatz für die traute Zweisamkeit. Konrad empfindet diesen Altersunterschied dennoch als… schwierig. Doch nicht nur Konrads Sticheleien gegen seinen Schwiegersohn in spe sind der Atmosphäre wenig zuträglich. Im Hintergrund lauert ein Geheimnis, das Maja Lisa offenbaren muss. Und dann ist da noch Cora Bruns, eine BKA-Beamtin, die glaubt, dass der Computer-Nerd und Traumschiff-Abo-Fan Tobias ein Hacker ist, der seine Fingerfertigkeit primär dafür einsetzt, um Unternehmen zu erpressen.
Was soll man über diese «Traumschiff»-Episode sagen? Sagen wir es so: Der Ausflug nach Argentinien ist für die Besatzung Dienst nach Vorschrift. Die Geschichte einer Liebe, die aufgrund ihres Altersunterschieds für Irritationen sorgt, ist nun wahrlich nicht zum ersten Mal in bunte Bilder gesetzt worden, Verwechslungen sind auch keine Neuheit und ganz unter uns: Glauben wir hier wirklich, dass einer wie Tobias ein Hacker-Genie ist, das am Ende die Navigation manipuliert, um das Traumschiff sinken zu lassen, um selbst in aller Ruhe untertauchen zu können? Dafür ist Cora Bruns dann einfach einen Tick zu attraktiv. Und Tobias muss seinen Kopf nun auch nicht in der Hose tragen. Eine Frage darf allerdings einmal gestellt werden: Wie ist es eigentlich ums Budget der Serie gestellt? Es ist schon in den letzten Episoden aufgefallen, dass die Ablegeszene stets an Kais inszeniert wurde, die, vorsichtig gesagt, wenig Flair versprühen. So ein Urlaubsdampfer ist in der Regel ja auch ein Träumeverkäufer, da möchte man seine Passagiere nicht am Steg eines Hamburger Hafenkutters empfangen, der damit werben mag, die billigsten Rundfahrten anzubieten, aber Heringsbrötchen verkauft, um die selbst die Möwen einen Bogen machen. Zu behaupten, dass der Prolog dieses Südamerika-Trips an einem solchen Steg inszeniert worden ist, mag vielleicht etwas übertrieben sein, ein echtes Traum-Feeling kommt dabei aber wirklich nicht auf. Das Niveau mag nicht auf dem Level der ersten deutschen Kreuzfahrtserie, «Das Ferienschiff», agieren. Weit davon entfernt ist man allerdings nicht mehr (wer noch nie von dieser Serie gehört hat – Quotenmeter.de erinnert an sie in diesem Artikel).
So wirklich packen kann dieser Film nicht. Es geht ja gar nicht darum, dass «Das Traumschiff» Sehgewohnheiten brechen soll. «Das Traumschiff» ist «Das Traumschiff» ist «Das Traumschiff». Ein bisschen mehr als nur Dienst nach Vorschrift wäre für die Zukunft dennoch eine bezaubernde Idee!
Am 24.11.2024 um 20.15 Uhr im ZDF
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel