2,53 – 4,85 – 4,47 – 5,31 – 2,97 – 4,53 – 9,38 – So viele Millionen Menschen sahen in den vergangenen sieben Tagen die Primetime-Formate im Ersten. Der «Tatort» aus Köln holte sich natürlich den Wochensieg mit über neun Millionen Zuschauern. «Für immer Sommer – Ein neues Leben» bewegte sich mit knapp drei Millionen Zuschauern auf dem Normal-Niveau des Sendeplatzes am Freitagabend. Am Dienstag lieferte «Die Kanzlei» gewohnt stark ab und auch Hirschhausen Corona-Doku lag am Montag auf einem passablen Niveau. «Klein gegen Groß» entfernte sich zwar von der zuletzt angepeilten Fünf-Millionen-Marke, diese übersprang Katrin Sass mit dem «Usedom-Krimi» „Am Scheideweg“ am Donnerstag hingegen locker.
Der NDR sah sich trotzdem ausschließlich nach dem FilmMittwoch, der mit «Bis zur Wahrheit» bestückt war, veranlasst, eine Jubel-Mitteilung an die Presse zu schicken. Freilich, 4,47 Millionen Zuschauer sowie ordentliche Marktanteile von 17,7 Prozent im Gesamtmarkt und 8,1 Prozent in der klassischen Zielgruppe sind gute Werte, aber keinesfalls außerhalb der Norm. Die Mitteilung dürfte vor allem auf das Thema des Films mit Maria Furtwängler zurückzuführen sein, denn es ging um sexualisierte Gewalt. Furtwängler durfte im Anschluss auch im Nachgang bei «Maischberger» darüber sprechen.
„Der Film «Bis zur Wahrheit» beschreibt eindringlich die Folgen sexualisierter Gewalt. Es ist ein Thema von höchster Brisanz. Mit hoher Sensibilität blickt der Film auf die unterschiedlichen Perspektiven aller Beteiligten. Ein mutiger Film, der viel Anerkennung und hohen Zuspruch beim Publikum fand“, ließ NDR-Programmdirektor Frank Beckmann wissen, der in der Mitteilung anfügte: „Ich gratuliere dem Team – der Regisseurin Saralisa Volm, der Autorin Lena Fakler und vor allem der Hauptdarstellerin Maria Furtwängler, die den Film zusammen mit Kerstin Ramcke auch produziert hat. Ein wirklich beeindruckendes TV-Drama, das sich hoffentlich noch einmal viele Menschen in der ARD-Mediathek anschauen werden.“
Tatsächlich performte «Bis zur Wahrheit» außerordentlich stark, gemessen am Sendeplatz. Aufs Jahr gesehen verzeichnete Das Erste am Mittwoch eine durchschnittliche Reichweite von 3,11 Millionen – die Sportübertragungen der Handball- und Fußball-Europameisterschaft sowie der Olympischen und Paralympischen Spiele rausgerechnet. Tatsächlich war der 90-Minüter erst die 16. Film-Erstausstrahlung des Jahres, seit Jahresbeginn liefen bislang 17 Wiederholungen. Hinzu kommen die sechs Miniserie «Haus aus Glas», «School of Champions», «Kafka», «Charité» und «Informant – Angst über der Stadt», die teilweise ebenfalls auf dem Sendeplatz ausgespielt wurden sowie Einzelevents wie die Fußball-Doku «Deutschland. Fußball. Sommermärchen 2024?», «Der Deutsche Fernsehpreis 2024» und der «Brennpunkt» zur US-Wahl und den Ampel-Bruch Anfang November. Weniger als 40 Prozent entfielen also auf Filme in Erstausstrahlung.
Zuletzt nahm die Schlagzahl zwar wieder zu, jedoch bestand das Sommerprogramm abseits der Sportereignisse zwischen 8. Mai und 21. August aus lediglich drei Erstausstrahlungen, wobei keine davon eine von der ARD beauftrage Filmproduktion war. Am 5. Juni lief besagte Fußball-Doku mit Esther Sedlaczek, am 17. und 24. Juli sendete man im Rahmen des Sommerkinos «Monsieur Claude und sein großes Fest» und «Der Boandlkramer und die ewige Liebe» (jeweils aus dem Jahr 2021).
Auch zu Beginn des Jahres konnte sich das Publikum nie wirklich drauf einstellen, ob eine Erstausstrahlung, eine Wiederholung oder gar eine Serie zu sehen sein würde. Diese Unstetigkeit kann dafür sorgen, dass sich die Zuschauer vom Sendeplatz abwenden. Ein Sender, der diese Strategie derzeit zum eigenen Leidwesen zu spüren bekommt, ist ProSieben, der sich von seinem Starpersonal Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf immer häufiger unverblümt anhören muss, wie häufig doch eigentlich Wiederholungen im Programm laufen. Die sinkenden Reichweiten des Unterföhringer Senders können aber durchaus als Indiz gewertet werden, dass das Publikum von den Programmplanern zunehmend verwirrt wurde.
Dem Ersten kann es derzeit noch egal sein, denn stellt man die 16 Film-Premieren den 17 Wiederholungen gegenüber, ergibt sich exakt derselbe Marktanteil-Durchschnitt: jeweils 13,4 Prozent im Gesamtmarkt. «Bis zur Wahrheit» war der zweiterfolgreichste Mittwochs-Film des Jahres – nach «Mordnacht», der am 1. Mai 5,20 Millionen Zuschauer verzeichnete. Kein anderer Film schaffte mehr als drei Millionen Zuschauer. Auch die Wiederholung «Faltenfrei» kratzte mit 4,97 Millionen an der 5-Millionen-Marke. Hinzu kommen mit «Steirerkreuz», «Gift» und «Jeanny – Das fünfte Mädchen» drei Filme, die ebenfalls eine Vier vor dem Komma verbuchten.
Beim jungen Publikum ist die Diskrepanz zwischen Erst- und Zweitverwertung hingegen wesentlich größer. Während die Wiederholungen im Mittel nur 5,9 Prozent und in der Spitze 8,0 Prozent Marktanteil bescheren, liegt der Durchschnitt bei den Erstausstrahlungen bei 7,1 Prozent. Der erfolgreichste Film in der klassischen Zielgruppe war «Mordnacht», der am Maifeiertag 11,1 Prozent einfuhr. Was nach wie vor dem Ersten vor Probleme stellt, sind Miniserien. Auf dem 20:15-Uhr-Slot am Mittwochabend erreichten die Episoden stets ausbaufähige Marktanteile beim jungen Publikum. Die Sehgewohnheiten der 14- bis 49-Jährigen hat sich in den vergangenen Jahren weg vom linearen Programm entwickelt, weshalb sich die ARD immer häufiger sehr zufrieden mit den Abrufen in der Mediathek zeigt. Auch die Bilanz von Erst- und Zweitverwertung dürfte die Verantwortlichen zufrieden stimmen.
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