Die Kritiker

«Tatort - Stelzenmann»

von

Äußert routiniert schickt Das Erste Ulrike Folkerts und Lisa Bitter ins neue «Tatort»-Jahr.

Stab

Darsteller: Ulrike Folkerts, Lisa Bitter, Davina Chanel Fox, Johannes Scheidweiler, Bernd Hölscher, Samuel Benito
Musik: Tom Bellis und Dave Alex
Kamera: Eva Maschke
Drehbuch: Harald Göckeritz
Regie: Miguel Alexandre
Ein Kind wird entführt, eine Zeugin ermordet, und doch scheint die Spannung zwischen den Ludwigshafener Ermittlerinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) das einzig wirklich Lebendige in diesem «Tatort»-Beitrag am Neujahrstag zu sein. «Stelzenmann» von Drehbuchautor Harald Göckeritz und Regisseur Miguel Alexandre weist alle Zutaten eines spannungsgeladenen Thrillers auf – doch das Gericht, das daraus gekocht wurde, schmeckt von Anfang an seltsam fad.

Die Geschichte beginnt noch ziemlich vielversprechend: Der kleine Paul wird am helllichten Tag entführt, eine Nachbarin stirbt, bevor sie den Ermittlerinnen wichtige Hinweise liefern kann. Diese Härte und Direktheit des Anfangs versprechen einen nervenaufreibenden Krimi, der tief in die Abgründe der menschlichen Psyche blicken könnte. Doch genau hier verliert «Stelzenmann» schnell den Takt. Statt das Tempo hochzuhalten, wird der Fokus auf Rückblenden und die Aufarbeitung eines früheren Entführungsfalls gelegt, der dem aktuellen Verbrechen ähnelt. Swen (Samuel Benito), der vor neun Jahren entführt wurde, steht im Zentrum der Ermittlungen, da seine Erinnerungen eine entscheidende Spur liefern könnten.

Hier zeigt sich das erste große Problem des Films: Swens Trauma wird zwar sensibel angedeutet, aber nie wirklich greifbar gemacht. Samuel Benito gibt dem labilen jungen Mann eine überzeugende, oft berührende Verletzlichkeit, doch das Drehbuch scheint ihn lediglich als Mittel zum Zweck zu betrachten – ein Werkzeug, das die Handlung vorantreiben soll, statt eine echte Figur, die das Publikum in ihren Bann zieht. Die Dynamik zwischen Swen und Johanna Stern ist zwar interessant, aber letztlich bleibt sie unbefriedigend, weil sie zu wenig Raum bekommt, um wirklich eine tiefgreifende emotionale Wirkung zu entfalten.

Auch die beiden Kommissarinnen Lena Odenthal und Johanna Stern wirken oft seltsam unterfordert. Ulrike Folkerts spielt Odenthal – nach Jahrzehnten wenig verwunderlich – routiniert, mit der Verlässlichkeit eines Profis, der eben weiß, wie der «Tatort»-Mechanismus funktioniert. Doch die Rolle gibt ihr diese Woche wenig Gelegenheit, tatsächlich zu glänzen. Lisa Bitter als Johanna Stern bekommt zwar die besseren Dialoge und Szenen, doch auch sie kann den Film nicht retten, der sich in seinen Themen verliert, ohne sie zu einem intellektuell und emotional befriedigenden Abschluss zu bringen.

Denn der größte Stolperstein von «Stelzenmann» dürfte in der ziellosen Dramaturgie liegen: Es will dem Film partout nicht gelingen, eine durchgehende Spannung aufzubauen. Zu oft verpuffen Szenen in vorhersehbaren Wendungen, zu selten gibt es emotional wirklich intensive Momente. Selbst die Rückbezüge auf den früheren Fall, die den Stoff eigentlich um Tiefe und Dramatik bereichern sollen, wirken eher wie unnötige Füller, die das Tempo aus der Handlung nehmen.

Was bleibt, ist ein Krimi, der trotz einiger guter Ansätze und solider schauspielerischer Leistungen nicht aus der Masse herausragt. «Stelzenmann» ist per se kein schlechter «Tatort», aber eben auch keiner, der lange im Gedächtnis bleibt. Statt nervenzerreißender Spannung gibt es hier leider nur das Gefühl, dass man mehr hätte erreichen können – wenn man sich nicht so oft selbst im Weg gestanden hätte.

Der Film «Tatort – Stelzenmann» wird am Mittwoch, den 1. Januar um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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