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«Missing You»: Eine erzwungene Serie

von

Harlan Coben macht wieder Netflix unsicher: Kann die neue Serie überzeugen?

«Missing You» ist der mittlerweile zehnte Versuch von Netflix, seine Zuschauer mit einer Harlan-Coben-Adaption und ihren vermeintlich raffinierten Wendungen und dunklen Geheimnissen zu fesseln. Die Prämisse klingt vielversprechend: Detective Kat Donovan (Rosalind Eleazar) entdeckt auf einer Dating-App das Profil ihres vor Jahren verschwundenen Ex-Verlobten, was sie in eine Reihe von Ermittlungen verstrickt, die nicht nur ihre Vergangenheit, sondern auch ein weitreichendes Netz aus Intrigen und Gewalt ans Licht bringen. Doch leider verpufft dieses Potenzial – und das schon ziemlich früh.

Schon in der ersten Episode macht sich ein Gefühl der Ernüchterung breit. Während die Serie händeringend versucht, Spannung aufzubauen, wirken die plakativen, Coben-typischen Wendungen eher wie vorhersehbare Haken, die wir bereits aus zig anderen Thrillern kennen. Der Ex-Verlobte ist natürlich nicht das, was er zu sein scheint. Der ermordete Vater ist, wie könnte es anders sein, in zwielichtige Machenschaften verwickelt gewesen. Und dann gibt es natürlich die unvermeidliche Parallelhandlung mit finsteren Gestalten, die irgendetwas Schreckliches verbergen, während Kat in bester Noir-Manier durch die verregneten Straßen stapft. Eindrucksvolle Motive? Vielleicht. Aber alles bleibt konsequent an der Oberfläche.

Die Charaktere, die uns durch diesen Thriller begleiten, wirken dabei von Anfang an erschreckend eindimensional. Rosalind Eleazar gibt sich als Kat Donovan zwar bemüht, doch bleibt ihre Figur merkwürdig blutleer. Die Konflikte – vor allem der Schmerz aus der Vergangenheit – werden eher behauptet als wirklich durchlebt. Richard Armitage, inzwischen gefühlt der Dauergast jeder Coben-Adaption, spielt den mysteriösen Fremden solide, aber auch ohne nennenswerte Nuancen. Und dann ist da noch der unglückliche Versuch, durch krude Nebenfiguren etwas Leichtigkeit in die Handlung zu bringen – eine Strategie, die ebenso scheitert wie die Dialoge, die zwischen klischeehaften Sentenzen und forciertem Expositionstheater pendeln.

Technisch versucht die Serie alles, um uns in ihren Bann zu ziehen: Dunkle, stimmungsvolle Bilder, ein nervöser Soundtrack, der die Spannung bis ins Unerträgliche treiben soll, und eine Inszenierung, die mehr verspricht, als sie halten kann. Doch auch hier wird das Problem offensichtlich. Die Kulisse – eine anonyme Stadt, irgendwo zwischen New York und generischer Thriller-Ästhetik – bleibt austauschbar. Statt einem Hauch von Authentizität oder Substanz wirkt alles wie aus dem Baukasten der Streaming-Dramaturgie.

Immerhin: Die ersten Episoden erzeugen zumindest einen Hauch von Neugier: Was steckt hinter dem plötzlichen Auftauchen des Ex-Verlobten? Welche Verbindung gibt es zwischen dem Mord an Kats Vater und den aktuellen Ereignissen? Allzu schnell lässt die Serie diese Fragen jedoch links liegen und setzt stattdessen auf plumpe Wendungen, die oft keine Konsequenz oder Bedeutung haben. Die Auflösung – ein Mix aus konstruiertem Drama und übertriebener Tragik – ist nicht nur unbefriedigend, sondern geradezu frustrierend. Es scheint fast, als hätte das Ziel nicht darin bestanden, eine spannende Geschichte zu erzählen, sondern lediglich die Zuschauer durch eine Reihe von Cliffhangern zum Weiterschauen zu zwingen.

Die Serie «Missing You» läuft bei Netflix.

Mehr zum Thema... Missing You TV-Sender Netflix
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