Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: Wie schlägt sich Stefan Raab im linearen Fernsehen?

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Montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. In dieser Woche werfen wir einen Blick zurück auf ein Jahr Raab Entertainment.

Zum Jahreswechsel 2023/24 gründeten der frühere ProSieben-Chef Daniel Rosemann und Unterhaltungsikone Stefan Raab in Raab Entertainment eine gemeinsame Produktionsfirma, die in den Anfangswochen vor allem durch Stellenangebote im Sozialen Netzwerk LinkedIn auffiel. Es dauerte aber nicht lange, ehe die Kölner Produktionsfirma einen ersten Großkunden hatte. Mit RTL schloss man einen Vertrag für eine Sendung, die während der Europameisterschaft täglich um 20:15 Uhr auf Sendung gehen sollte.

Nur wenige Tage nach Bekanntwerden dieses Deals schob Stefan Raab ein Social-Media-Video hinterher, in dem er erstmals seit seinem TV-Abschied 2015 wieder vor einer Kamera stand. Was als April-Scherz anmutete, entpuppte sich als das größte TV-Comeback seit «Wetten, dass…?!». Nach dem prominenten «RTL EM-Studio»-Deal folgte ein dritter Boxkampf zwischen Raab und Regina Halmich sowie ein exklusiver RTL-Vertrag, der Medienberichten zufolge als durchaus lukrativ zu bewerten ist. Auch wenn es Raab Entertainment de facto erst ein Jahr gibt, hatte das Produktionsunternehmen mit dem prominenten Metzgergesellen an der Spitze einen großen Einfluss auf das Entertainment-Geschäft im zurückliegenden Jahr. Doch wie gut funktioniert Raab und Co. überhaupt noch?

Fakt ist: Stefan Raab hat das Rad nicht neu erfunden. «Das RTL EM-Studio Alle Spiele, Tore, Emotionen» war aus inhaltlich und aus Quotensicht ein totaler Reinfall. Es reichte gerade einmal zu 0,71 Millionen Zuschauern im Durchschnitt. Weniger als eine Viertelmillion werberelevante Menschen verfolgten die tägliche Show, die von Raab Entertainment produziert wurde, in der Raab selbst aber nie auftrat. Da sich RTL zum Zeitpunkt der EM bereits den Boxkampf gesichert hatte, diente der Name Raab als Produzent eher als Werbepartner. Die Marktanteile blieben mit 3,0 Prozent im Gesamtmarkt und 5,1 Prozent in der Zielgruppe sehr enttäuschend.

Boxkampf wird zum durchschlagenden Erfolg
Bis September wurde es dann wieder still um den Tausendsassa, der am 14. September 2024 ein fulminantes Comeback feierte. Über sechs Millionen Menschen verfolgten die rund dreistündige Würdigung von Raabs Lebenswerk samt Boxkampf. Die anschließende Pressekonferenz, in der Raab seinen Exklusiv-Deal mit RTL ankündigte, verfolgten bis 0:30 Uhr weitere zweieinhalb Millionen Interessierte. Die Marktanteile der Box-Veranstaltung wurden im Nachhinein auf 25,6 Prozent bei allen sowie 51,7 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen beziffert. Lagerfeuer-TV made by Raab Entertainment. «Der Clark Final Fight» war ein rauschender Erfolg für RTL.

Auch die aus dem Fünfjahres-Deal entstandene RTL+-Sendung «Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab» startete zunächst famos, verlor aber von Woche zu Woche an Schlagkraft, wenngleich die Verantwortlichen sich höchst zufrieden über die Performance der Show hinter der Bezahlschranke gaben. RTL verzichtet aber bis heute die Show ins lineare Fernsehen zu holen. Aktuell und noch bis 12. Februar weilt «DGHNDMBSR» in einer rund zweimonatigen Winterpause. Auch hierbei hat Raab Entertainment das Rad nicht neu erfunden. Die Kritiker waren sich einig: Der Show-Mix aus «TV total» und «Schlag den Raab» war wenig erhellend und konnte aufgrund der On-Demand-Verwertung nie an die Hochphase der «SdR»-Zeit anknüpfen.

Kein Flop, aber…
Apropos „Rad nicht neu erfunden“. Vor Weihnachten trat Stefan Raab dann doch noch im RTL-Free-TV auf und lieferte die nächste Reinkarnation von «Schlag den Raab». Da er zusammen mit Michael „Bully“ Herbig antrat, hieß die Show «Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli». Am 21. Dezember schalteten 1,91 Millionen Zuschauer ein, die nachts um 1:30 Uhr sahen, wie „Schnulli“ Marc 250.000 Euro gewann. Die Marktanteile waren mit 10,5 Prozent im Gesamtmarkt und 18,1 Prozent in der Zielgruppe bei 0,72 Millionen jungen Zuschauern gut. Eine gewöhnliche Folge von «Wer wird Millionär?», die bis Mitternacht andauert, zählt in der Regel knapp drei Millionen Zuschauer und kommt im Gesamtmarkt tatsächlich auf weit bessere Quoten.

Fehlt in der Aufzählung der Raab-Entertainment-Shows noch «Eltons 12», die, wie der Titel verrät, von Elton moderiert wird, der an sämtlichen Projekten der Entertainment-Schmiede beteiligt war und deswegen seinen ProSieben-Job verlor. Während «Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli» eine Nettosendezeit von vier Stunden und 18 Minuten hatte, kamen die beiden bisher gesendete «Eltons 12»-Folgen jeweils auf etwas mehr als dreieinhalb Stunden. Ende November, als ein Dutzend „Sieger“ gegeneinander antraten, schalteten die von Raab produzierte Show aber nur 1,28 Millionen Menschen ein. Mit Marktanteilen von 6,7 respektive 9,7 Prozent reichte man kaum an den RTL-Senderschnitt heran. Am 4. Januar gastierten zwölf Dschungelstars bei Elton, was die Reichweite immerhin auf 1,42 Millionen steigerte und die Marktanteile auf 7,0 beziehungsweise 10,8 Prozent verbesserte. Immerhin vermiesten Elton und Raab ihrem früheren Arbeitgeber ProSieben und Geschäftspartner Sebastian Pufpaff den Abend, denn das «TV total – Promi Wrestling» erreichte nur 8,9 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe.

Bislang alles nur schmückendes Beiwerk?
Der Produktionsdeal zwischen RTL Deutschland und Raab Entertainment trug bislang nur einmal wirklich reife Früchte – beim Comeback-Boxkampf im September. Zwar ist auch «Stefan und Bully gegen irgendson Schnulli» als Erfolg zu sehen, doch ein vermeintliches Finanzvolumen, das irgendwo zwischen 90 Millionen in vier Jahren (DWDL.de, tatsächlich umfasst der Deal fünf Jahre) und 50 Millionen pro Jahr (Bild-Zeitung) liegen soll, sollte eigentlich noch mehr möglich sein, als ein «Schlag den Raab (und Bully)»-Erfolg. «Eltons 12» lief nicht berauschend, «Das RTL EM-Studio» war eine Katastrophe. Auch «Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab» war anhand der wöchentlich ausgegeben AGF-Programmmarken alles andere als ein durchschlagender Erfolg.

Doch es bleibt die Hoffnung, dass die fünf Show-Formate bislang vor allem schmückendes Vertragsbeiwerk waren für die eigentliche Intention von Raabs Anstellung bei RTL. Schon vor der Gründung von Raab Entertainment geisterten Gerüchte durch die Branche, dass Raab an einer Umgestaltung des deutschen ESC-Vorentscheids arbeite. Mit ProSieben schien, so der rückwirkende Eindruck, man aber offenbar nicht den richtigen Partner an seiner Seite zu haben. RTL arbeitet nun mit der ARD zusammen, Raab wird am 14., 15. und 22. Februar live bei RTL eine Vorauswahl zusammenstellen, über die das ARD-Publikum am 1. März abstimmen darf. Nichts weniger als der Sieg beim «Eurovision Song Contest» am 17. Mai in Basel sei das Ziel, betonte ARD-Programmdirektorin Christine Strobl zuletzt. Ob Stefan Raab diesmal das Rad neu erfinden wird, ist angesichts der Zusammenarbeit mit dem NDR, der in ESC-Fragen eher prüde daherkommt, zwar auch hier fraglich, man sollte aber von Raab Entertainment erwarten, dass eine neue ESC-Begeisterung in Deutschland ausgelöst wird. Bislang lösten Raab Entertainments RTL-Shows nur wenig Begeisterung aus.

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