Hintergrund

Das Jüngste Quoten-Gericht: Eine bayerische Serie reicht!

von

Montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. Diesmal richtet sich der Blick nach Bayern. Anders gesagt: auf die 16-Uhr-Stunde bei ARD und ZDF.

Das Erste hat seit geraumer Zeit ein veritables Problem. Die beiden langjährigen Telenovelas «Rote Rosen» und «Sturm der Liebe» haben ihre Glanzzeiten weit hinter sich gelassen, dennoch hält der öffentlich-rechtliche Senderverbund nach einigem Hin-und-Her an den Produktionen fest. Schwerwiegender wiegt die Schwäche in der 16-Uhr-Stunde, für die man nach wie vor keine Lösung zu finden scheint. Nach dem Produktionsende von «Verrückt nach Meer» vor drei Jahren durfte sich die Kreuzfahrt-Doku-Soap zwar weiterhin in Wiederholungen beweisen, doch erfolgreiche Neuware für den Nachmittag sind nach wie vor nicht in Sicht.

In den zurückliegenden Monaten testete Das Erste zahlreiche unterschiedliche Formate, doch weder «Hofgeschichten – Ackern zwischen Alpen und Ostsee» noch das Quiz «Frag mich was Leichteres!» und «Nachtstreife» konnten überzeugen. Bei der Talkshow «Amado, Belli, Biedermann» zogen die Verantwortlichen nach nur drei Folgen den Stecker. ARD-Programmdirektorin Christine Strobl stopfte daraufhin das entstandene Loch mit zusätzlichen «Gefragt – Gejagt»-Folgen und ab Herbst mit der Serienwiederholung «Mord mit Aussicht». Tatsächlich blieb die Reihe bis Ende des Jahres im Programm, obwohl sie sich nur selten für eine Fortführung auf diesem Sendeplatz qualifizierte.

Fragwürdige Programmierung
Seit Beginn des Jahres hat die Serie «Dahoam is dahoam» den Sendeplatz übernommen. Neue Folgen gibt es von der Serie des Bayerischen Rundfunks allerdings nicht zu sehen, stattdessen stammen die Doppel-Episoden aus dem Jahr 2019. Ganz offensichtlich sendet Das Erste damit aber vollkommen an seinem Publikum vorbei. Bislang liefen zwölf Folgen an sechs Sendetagen, die im Schnitt weniger als 300.000 Zuschauer ab drei Jahren verfolgten. Mit Marktanteilen von 2,9 Prozent im Gesamtmarkt und 2,0 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen liegt «Dahoam is dahoam» ungefähr so weit vom Senderschnitt entfernt wie das fiktive Dorf Lansing von der Nordseeküste.

Lokalkolorit im öffentlich-rechtlichen Tagesprogramm sind zugegeben keine Seltenheit, die vom bayerischen Dialekt geprägten Dialoge sind allerdings durchaus ungewöhnlich für ein Gesamtdeutsches TV-Angebot. Der BR produziert die Serie eben für sein Publikum im Sendegebiet und nicht für das Gemeinschaftsprogramm Das Erste. Im Vergleich zu «Mord mit Aussicht» liegen die Werte noch deutlich unter dem ohnehin schon niedrigen Niveau. In der letzten vollständigen Woche vor Weihnachten (9. – 13. Dezember) sicherten sich die fünf Folgen Marktanteile von 6,4 respektive 4,5 Prozent bei einer Sehbeteiligung von 0,67 Millionen Zuschauern.

Rosenheim statt Lansing statt «Tagesschau»
Die Gründe für das «Dahoam is dahoam»-Scheitern sind vielfältig, und doch dürfte der gewichtigste nicht in der ARD zu finden sein. Denn in der 16-Uhr-Stunde ist Das Erste nicht der einzige Sender, der auf Geschichten aus dem südlichen Bundesland setzt. Seit Jahren füllt das ZDF sehr erfolgreich sein Nachmittagsprogramm mit «Die Rosenheim-Cops». Seit Oktober läuft von der Bavaria-Fiction-Produktion die 24. Staffel immer am Dienstagvorabend. Im Schnitt schalteten die 15 bislang gesendeten neuen Folgen 3,80 Millionen Zuschauer ein. Der Marktanteil liegt bei 16,5 Prozent. Beim jungen Publikum tut sich die humorige Krimi-Serie zuweilen schwer, kommt aber auf annehmbare 5,7 Prozent.

Im Nachmittagsprogramm laufen freilich keine neuen Folgen, dennoch interessierten sich seit Oktober im Schnitt 2,50 Millionen Zuschauer ab drei Jahren für die weit über ein Jahrzehnt alten Episoden. Der Mainzer Sender darf sich über einen durchschnittlichen Marktanteil von 24,2 Prozent freuen, in der klassischen Zielgruppe stehen acht Prozent Marktanteil zu Buche. Seit dem 7. Januar, dem Tag, an dem Das Erste «Dahoam ist dahoam» ins Programm genommen hat, übertrifft «Die Rosenheim-Cops» diese Durchschnittswerte sogar noch. In jenen beiden Januar-Wochen standen 25,2 und 25,1 Prozent Marktanteil zu Buche. Bei den Jüngeren beliefen sich die Wochenschnitte auf 8,2 und 10,4 Prozent. Auch die Gesamtreichweite lag mit jeweils über 2,60 Millionen Zuschauern leicht über dem Schnitt des betrachteten Zeitraums.

Im Zweifel entscheidet sich der TV-Zuschauer also für Rosenheim statt Lansing. Es darf durchaus hinterfragt werden, warum die ARD-Verantwortlichen überhaupt diesen Plan wählten, mit einer bayerischen Serie das bayerische Nachmittags-Establishment anzugreifen – sofern man überhaupt von einem Angriff sprechen kann. Sicher ist, dass die «Dahoam ist dahoam»-Programmierung Kosten spart. Allerdings spart sich Das Erste auch eine zusätzliche «Tagesschau»-Ausgabe um 16:00 Uhr, womit der öffentlich-rechtliche Sender der Unterhaltung den Vorzug vor dem Informationsprogramm gibt. In Zeiten, in denen Menschen eigentlich die Rückbesinnung auf das Wesentliche (die Information) fordern, bewegt man sich damit eher weg von diesem Ziel.

Kurz-URL: qmde.de/158142
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelQuotencheck: «Destination X»nächster ArtikelHolocaust-Gedenktag: Sky zeigt HBO-Doku «Der Schatten des Kommandanten»
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung