«Troubleshooters» scheint eine ganz besondere Mischung aus Action und Komödie zu sein. Was hat Sie zu dieser einzigartigen Kombination inspiriert, besonders im Kontext von Albanien?
Vor zehn Jahren habe ich bereits einen Film in Albanien gedreht – eine 90-minütige Eventfolge der Actionserie «Alarm für Cobra 11». Die Landschaften und Kulissen beeindruckten mich nachhaltig, besonders fazinierend fand ich die Architektur der Hauptstadt Tirana: Hochhäuser, eingebettet in eine atemberaubende Berglandschaft, nicht weit vom Meer – eine Szenerie, die eher an Südamerika als an Europa erinnert. Seitdem hatte ich den Wunsch, wieder in Albanien zu drehen. Mein Film lief auch im albanischen Fernsehen und kam gut an, ich bekam mehrfach die Anfrage, ob ich nicht einen Action- Kinofilm für den Balkan drehen könnte. Doch aufgrund von Budget- und Zeitmangel hatte es leider nie geklappt – bis es 2023 dann doch soweit war. Mein Co-Autor und Producer Stefan Retzbach und ich waren uns dann schnell einig, dass wir eine humorvolle und charmante Actionkomödie im Stil amerikanischer Blockbuster schreiben wollten. Als Regisseur hatte ich zudem große Lust, eine Komödie zu inszenieren, da ich in Deutschland überwiegend Krimis drehe. Unser Ziel war es, eine Geschichte zu erzählen, die einerseits voller Adrenalin und Spannung steckt, andererseits aber durch humorvolle Elemente die menschliche Seite der Charaktere betont. «Troubleshooters» ist eine Action geladene Buddy-Komödie, die von Missverständnissen, chaotischen Situationen und absurden Wendungen lebt. Ein Film für die ganze Familie.
Können Sie uns skizzieren, wovon «Troubleshooters» handelt?
Luan und Amir, die beiden Hauptfiguren, verlieren ihre Jobs als Taxifahrer und Friseur. Zwei typische Underdogs, die plötzlich mittellos dastehen. Doch dann erinnern sich die beiden Freunde an ihren Kindheitstraum: die ersten Privatdetektive Albaniens zu werden - denn Privatdetektive gibt es in Albanien nicht. Sie leihen sich Geld von einem dubiosen Kredithai und gründen damit ihre eigene Detektei. Völlig verschuldet, stolpern sie naiv von einem Desaster ins nächste. Aus der Unterschicht stammend, müssen sie nun undercover in der Welt der Reichen ermitteln ... Alles scheint im Chaos zu versinken, bis sie es tatsächlich schaffen ihren ersten Fall lösen.
Der Film wurde komplett privat finanziert, da es in Albanien keine klassische Filmförderung gibt. Wie haben Sie die Finanzierung auf die Beine gestellt und welche Herausforderungen gab es dabei?
Das albanische Filmsystem befindet sich noch in der Entwicklung und unterscheidet sich in vielen Bereichen stark vom deutschen. Auch die öffentlichen Mittel für Kinoproduktionen sind wesentlich begrenzter, daher müssen albanische Filmschaffende mit recht kleinen Budgets auskommen. Entsprechend sind die Kinoproduktionen dort eher Arthouse-Filme oder Komödien, die meist nicht mit dem europäischen Standard in Bezug auf Production Value mithalten können. Wir hatten uns jedoch vorgenommen, einen kommerziellen Film auf internationalem Niveau auf die Beine zu stellen – den größten „Popcornfilm“, der bisher in Albanien produziert wurde. Die Stadt Tirana hat uns bei dem Vorhaben stark unterstützt, indem sie uns alle Sperrungen und Drehorte kostenlos zur Verfügung stellte, zudem gab es Sponsoring für die Hotels. Der Rest wurde von privaten Investoren finanziert, was jedoch alles über den albanischen Produzenten lief. Ich selbst war nicht direkt in die Finanzierung involviert. Für deutsche Verhältnisse war das Budget trotzdem sehr niedrig – weit weniger als
zum Beispiel für einen ARD-Auslandskrimi. Dennoch hat der Film ein Production Value, das um ein Vielfaches höher ist, als bei einem Auslandskrimi und auch den Vergleich mit europäischen Kinoproduktionen hält er durchaus stand. Aber vor allem sind wir sehr glücklich darüber, dass der Film so gut ankommt. Die Produktionskosten sind so gut wie eingespielt. Der Film läuft momentan in 13 Ländern, und fast alle Kinos verlängern die Spielzeiten. Derzeit arbeiten wir bereits an Teil 2, der noch in diesem Jahr gedreht werden soll. Diese Produktion war ein Beweis dafür, dass Leidenschaft und Zusammenarbeit auch ohne staatliche Unterstützung sehr erfolgreich sein kann. Es war ein echtes Abenteuer und es hat sich definitiv gelohnt.
Mit Noizy haben Sie einen der größten albanischen Rapper für eine Hauptrolle gewinnen können. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit, und was hat ihn für die Rolle des Amir ausgezeichnet?
Noizy ist nicht nur ein Superstar in Albanien, sondern auch international ein großer Name, besonders in der albanischen Diaspora. Was ihn jedoch besonders für die Rolle des Amir auszeichnet, ist nicht seine Bekanntheit, sondern vor allem sein Talent, Emotionen authentisch zu vermitteln. Amir ist eine komplexe Figur, die zwischen Action und Humor navigiert. Wir brauchten jemanden, der diese Dualität perfekt verkörpert. Jemand, der sowohl die physische Präsenz für die Action-Szenen als auch das Charisma und die emotionale Tiefe für die humorvollen und ernsteren Momente mitbringt. Noizy ist ein Künstler, der viele Facetten seiner Persönlichkeit durch seine Musik zeigt – er ist kantig, rebellisch, aber auch nachdenklich und witzig. Diese Eigenschaften spiegeln sich auch in seiner Rolle als Amir wider. Außerdem sind er und Blerim Destani, der die zweite Hauptrolle, Amirs besten Freund Luan, spielt, auch im wahren Leben beste Freunde – und das spürt man in jeder Szene. Diese echte Freundschaft verleiht ihrer Darstellung im Film eine besondere Authentizität. Ich hätte mir keinen besseren für die Rolle wünschen können und bin immer noch beeindruckt, wie Noizy es ohne Schauspielerfahrung geschafft hat, diese komplexe Hauptrolle zu meistern.
Albanien ist bekannt für seine wunderschöne Küstenlandschaft, und der Film spielt unter anderem an der Küste von Durrës. Wie haben Sie diese Landschaft in die Geschichte eingebaut und welche Rolle spielt sie für die Atmosphäre des Films?
Die Landschaft Albaniens spielt in «Troubleshooters» eine zentrale Rolle – nicht nur als geografischer Hintergrund, sondern auch als integraler Bestandteil der Atmosphäre. Ein wichtiger Teil des Films spielt in einem Luxusresort an der Küste von Durrës, wo unsere Protagonisten undercover ermitteln müssen. Ein absolutes Highlight ist der Hafen von Durrës mit seinem kristallklaren, türkisfarbenen Wasser – eine wirklich atemberaubende Location, die wir für den Showdown gewählt haben. Wir wollten, dass die Landschaft nicht nur als bloßer Hintergrund fungiert, sondern in bestimmten Szenen aktiv die Erzählung unterstützt. Tirana und Durrës sind quasi die dritten Hauptdarsteller des Films. Die Weite des Meeres und der Strände bilden einen starken Kontrast zur Enge und Intensität der pulsierenden Hauptstadt. Diese visuelle Spannung unterstreicht das Gefühl der Zerrissenheit der Charaktere, die in einer schnelllebigen und unberechenbaren Welt agieren müssen.
Die «Troubleshooters» sind zwei Amateur-Detektive, die sich in einem chaotischen Mordfall wiederfinden. Was war Ihnen bei der Charakterentwicklung dieser beiden Protagonisten besonders wichtig?
Kindheitsträume – wir alle hatten sie, und eine zentrale Botschaft des Films ist, diese niemals aufzugeben. Wir wollten zwei Charaktere erschaffen, die Träumer sind, die mit einer kindlichen Naivität an die Herausforderungen des Alltags herantreten. Diese Herangehensweise spiegelt sich auch in der Inszenierung wider. Meine häufigste Regieanweisung war: „Spielt es bitte wie Kinder.“ Diese Figuren sind wie Teenager im Körper von Erwachsenen. Das macht sie so sympathisch: Sie machen ständig Fehler, und selbst wenn sie sich groß aufspielen und so tun, als wären sie die besten Detektive der Welt, bleibt ihre Naivität ihr liebenswerter Kern. Obwohl Troubleshooters viele spannende und dramatische Elemente enthält, wollten wir, dass der Humor und die menschlichen Fehler der beiden Protagonisten das Herzstück der Geschichte bilden. Beide sind keine übermenschlichen Helden – sie sind ganz normale Menschen mit all ihren Schwächen und Fehlern, und genau das macht sie so zugänglich. Sie kommen aus der Unterschicht sind völlig pleite, und müssen nun undercover in der Welt der Reichen ermitteln. Der Humor entsteht oft aus ihren Missverständnissen, den fehlerhaften Ermittlungen und chaotischen Situationen, in die sie geraten, aber auch daraus, dass sie sich ständig in einer Welt bewegen, die sie weder kennen noch kontrollieren können. Es war uns bei der Entwicklung von Amir und Luan besonders wichtig, zwei Figuren zu erschaffen, die einerseits komisch und naiv sind aber sich auch im Laufe der Geschichte weiterentwickeln und durch ihre Zusammenarbeit wachsen. Zwei Freunde die in einer chaotischen und gefährlichen Welt lernen, Verantwortung zu übernehmen.
«Troubleshooters» ist ein großer Hit in Albanien, aber in Deutschland gibt es keinen klassischen Verleih. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Film ohne traditionellen Verleiher zu veröffentlichen?
Das gilt nicht nur für Deutschland: «Troubleshooters» läuft mittlerweile in 13 Ländern und wird komplett ohne klassischen Verleih vertrieben. Ich halte das für eine ziemlich smarte Entscheidung des Produzenten, da er den Zwischenhändler quasi ausschaltet. Auf dem Balkan ist die Kinokette Cineplexx sehr präsent, und die hatte bereits gute Erfahrungen mit dem Selbstvertrieb kleinerer albanischer Produktionen gemacht, indem sie diese gezielt in Ländern mit großen albanischen Communities in ihre eigenen Kinos brachte. Cineplexx wollte von Anfang an mit uns zusammenarbeiten, da es zuvor noch nie einen albanischen Film in dieser Größenordnung gab. In einigen Ländern haben wir aber auch Kooperationen mit anderen Kinos. In der Schweiz läuft der Film beispielsweise in allen großen Pathé-Kinos. Die Möglichkeit, den Film direkt über die Kinos zu veröffentlichen, ermöglichte uns eine kosteneffiziente Lösung und bewahrte gleichzeitig die kreative Kontrolle über das Projekt. So konnten wir die Marketingstrategie und die Verbreitung des Films selbst steuern, ohne von großen, traditionellen Vertriebspartnern abhängig zu sein. Wir wollten den Film ja ganz gezielt einem internationalen Publikum mit albanischen Wurzeln präsentieren und durch die enorme Reichweite von Noizy konnten wir diese Zielgruppe direkt über Social-Media-Kanäle ansprechen – Zudem haben Partnerschaften mit Influencern große Aufmerksamkeit in der
„albanischen Community“ generiert.
Die Mischung aus Action, Humor und der amüsanten Darstellung von Amateuren als Detektive sorgt für viele chaotische und lustige Momente. Wie schwierig war es, den richtigen Ton zu treffen, um Spannung und Humor gleichermaßen zu verbinden?
Das Balancieren von Spannung und Humor stellte eine der größten kreativen Herausforderungen dar. Es war entscheidend, dass der Film sowohl Action-Fans als auch Zuschauer anspricht, die sich auf die humorvollen Elemente freuen. Zu viel Humor hätte die Spannung der Action-Szenen verwässert, während zu viel Dramatik die Leichtigkeit und den Charme des Films zerstört hätte. Eine präzise Feinabstimmung des Tons war daher unerlässlich. Die Tatsache, dass die Detektive völlige Amateure sind, bot zahlreiche Möglichkeiten für humorvolle Momente, die organisch aus ihren Fehlern und Missverständnissen entstehen. Das Chaos, das die beiden Protagonisten verursachen, ist ein weiteres zentrales Element, das Action und Humor miteinander verbindet. Sie geraten immer wieder in Situationen, die sie nicht kontrollieren können. Diese Unfähigkeit, die Dinge in den Griff zu bekommen, erzeugt Spannung, während ihre Reaktionen und die mangelnde Erfahrung die humorvolle Seite bedient. Die Herausforderung lag darin, den Humor und die Action so zu gestalten, dass es die Handlung vorantreibt und den Zuschauer nicht aus der Geschichte reißt.
«Troubleshooters» hat eine klare "Made in Balkan"-Identität. Welche Elemente der albanischen Kultur sind im Film besonders wichtig, und wie hast du diese authentisch integriert?
Im Film stehen die Themen Familie sowie die Kluft zwischen Arm und Reich im Mittelpunkt. Themen, die in Albanien besonders relevant sind, da die Mittelschicht dort sehr klein ist. In den letzten Jahrzehnten hat das Land eine rasante Urbanisierung erfahren: Städte wie Tirana und Durrës haben sich von traditionell geprägten Gebieten zu modernen urbanen Zentren gewandelt. In Tirana sind die Mietpreise in den letzten Jahren so stark gestiegen, dass sich die Unterschicht kaum noch Wohnungen leisten kann. Diese Themen greifen wir im Film subtil auf, wobei auch immer wieder lokale Eigenheiten in die Dialoge einflossen, die in Zusammenarbeit mit den Schauspielern entstanden sind. Der Film ist außerdem stark von Albaniens beeindruckenden Landschaften geprägt. Doch unser Hauptfokus lag immer darauf, einen Film zu erschaffen, der zwar in Albanien spielt aber vor allem auch international funktioniert.
Was waren die größten Herausforderungen während des Drehprozesses und welche Überraschungen gab es für Sie während der Entstehung des Films?
Die größte Herausforderung war sicherlich, einen Film in einer Sprache zu drehen, die ich selber gar nicht spreche. Es ist erstaunlich, dass so etwas überhaupt funktioniert. Ich habe die Schauspieler zwar auf Englisch inszeniert, aber wir haben auf Albanisch gedreht, und das wäre ohne einen Dialogcoach kaum möglich gewesen. Diese Arbeitsweise hat mir jedoch gezeigt, wie wichtig es ist, auf das eigene Bauchgefühl zu vertrauen. Es ist faszinierend, wie präzise man erkennen kann, ob Emotionen und Humor funktionieren – auch wenn man die Sprache nicht versteht. Ich war viel fokussierter auf das Spiel, da ich mich weniger auf die Dialoge konzentrierte und ich hatte das Gefühl man nimmt die Energie der Szene auf eine ganz andere Weise wahr.
Das Wetter stellte uns ebenfalls vor einige Herausforderungen. Der Film wurde im November gedreht, und wir hatten Glück, dass es in den ersten Tagen noch relativ warm war, sodass wir die Pool- und Strand-Szenen gut umsetzen konnten. Doch danach erlebten wir teilweise monsunartige Regenfällen, die ich bisher nur aus Asien kannte. Der Zeitdruck, den Film in 28 Tagen abzudrehen machten die Sache nicht einfacher, zudem ist der Verkehr in Tirana
immens, was Motivumzüge mit den Lkw fast unmöglich machte. Das alles zwang uns inhaltlich immer wieder umzudenken. Stefan und ich haben fast täglich nach Drehschluss die Szenen für die kommenden Tage überarbeitet, gekürzt und vereinfacht. Auch wenn das nach einem anstrengenden Drehtag nicht gerade leicht war, hat es die Szenen meist sogar verbessert, da wir gezwungen waren, sie immer wieder kreativ zu hinterfragen.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
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