Die Kritiker

«Tatort - Herz der Dunkelheit»

von

Immer diese Jugend: Der neue «Tatort» tut sich äußerst schwer mit jungen Menschen.

Stab

Darsteller: Karin Hanczewski, Cornelia Gröschel, Martin Brambach, Yassin Trabelsi, Ron Helbig, Timur Isik
Musik: Colin Towns
Kamera: Andreas Köhler
Drehbuch: Claudia Garde und Ben von Rönne
Regie: Claudia Garde
Da sitzen sie also, die Jugendlichen, die das Grauen in deutsche Familien bringen. Kapuzen über die Köpfe gezogen, Gesichter im Halbdunkel, Smartphones in der Hand, für TikTok-Tänze und die Verwaltung ihrer zutiefst menschlichen Abgründe. Denn klar: Die jungen Menschen von heute haben sich kollektiv entschieden, hinter ihrer hübschen Social-Media-Fassade skrupellose Monster zu sein. So jedenfalls will es «Tatort – Herz der Dunkelheit». Und da beginnt das Problem.

Der Film ist ein klassischer Fall des uralten Themas „Wir müssen mal über diese gefährliche Jugend sprechen!“ – nur leider völlig ohne echtes Interesse an jungen Menschen. Stattdessen wird hier das alte Bild bedient: Jugendliche sind entweder Opfer oder Täter, in jedem Fall aber eine Bedrohung für die Gesellschaft. So ein «Tatort» hätte auch schon in den 90ern laufen können, nur dass damals noch Walkmans und Schlaghosen zur Grundausstattung des jugendlichen Unheils gehörten.

Aber worum geht’s eigentlich? Ein Mord im „Jugendlichen-Milieu“, ein Ermittlerteam, das sich tapfer durch ein Dickicht aus Lügen und Halbwahrheiten kämpft – soweit, so klassisch. Es dauert nicht lange, bis das Drehbuch mit der Subtilität eines Vorschlaghammers klarstellt: Die jungen Menschen sind nicht nur verdächtig, sie sind auch moralisch verdorben, empathielos, gefährlich.

Ein guter Krimi würde nun vielleicht versuchen, zu verstehen, warum Menschen – und damit eben auch junge Menschen – tun, was sie tun. Hier aber gibt es keine nennenswerten Zwischentöne. Die Jugendlichen sind keine komplexen Figuren, sondern wandelnde Sammelsurien aus narzisstischer Selbstdarstellung und Empathielosigkeit. Kein Funken Humor, keine wirkliche Verletzlichkeit, keine Widersprüchlichkeit. Stattdessen eine Generation von Smartphone-Zombies ohne Frustrationstoleranz, immer aus auf die nächste wankelmütige Selbstbestätigung.

Schauspielerisch reißen vor diesem Hintergrund weder die Jugendlichen noch die Ermittler das Ruder herum. Man kennt dieses «Tatort»-Personal schon zur Genüge: Ein bisschen grimmig dreinschauen, hier und da ein sarkastischer Spruch (vor allem vom ewig gestrigen Vorgesetzten Schnabel (Martin Brambach)), dann wieder bedeutungsschwangere Blicke: Routine statt Leidenschaft. Und wenn dann einer der Jugendlichen doch mal mehr als zwei Sätze sagen darf, dann nur, um noch einmal ein bisschen obsessiv zu betonen, wie kaputt und nihilistisch seine Generation doch sei.

Inszenatorisch schwankt «Herz der Dunkelheit» derweil zwischen unausgegorenem Sozialrealismus und ein bisschen Hochglanz-Dystopie, wodurch jedoch kein interessanter visueller Bruch entsteht: ein «Tatort» nach dem altbewährten Rezept, bei dem am Ende die Frage bleibt, was dieser Film inhaltlich eigentlich bezwecken möchte: Wer die junge Generation ob ihrer egozentrischen Selbstbestätigungssucht schon verloren gegeben hat, wird hier nur eine bemühte Bestätigung seiner Vorurteile finden. Wer dieser überkommenen Haltung entschieden entgegnen möchte, wird derweil wenig intellektuell ansprechende Reibungsfläche finden. Denn das hier ist kein packender Krimi, sondern ein 90-minütiger erhobener Zeigefinger. Langweilig. Vorhersehbar. Und vor allem: wahnsinnig altbacken.

Der Film «Tatort – Das Herz der Dunkelheit» wird am Sonntag, den 2. Februar um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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