Die Kritiker

«Tatort - Vier Leben»

von

Ein Serientäter mordet im politischen Berlin. Können Corinna Harfouch und Mark Waschke ihn stoppen?

Stab

Darsteller: Corinna Harfouch, Mark Waschke, Pegah Ferydoni, Tara Marie Linke, Robin Sondermann, Clelia Sarto
Musik: Heiko Maile
Kamera: Jan-Marcello Kahl
Drehbuch: Thomas André Szabó
Regie: Mark Monheim
Berlin, Friedrichstraße, mitten am Tag: Ein Schuss, ein Mann fällt, Menschen sind schockiert. Der Auftakt zu einem «Tatort», der weiß, wie er Spannung aufbaut – aber auch, dass Spannung allein nicht reicht. «Vier Leben» nimmt sich Zeit für seine Figuren, die in einem politischen Berlin agieren, das mindestens so kalt und unerbittlich ist wie der Täter selbst. Hier wird nichts warm erzählt, werden keine gemütlichen Krimi-Konventionen bedient. Dieser Sonntagabend überzeugt durch einen kühlen, durchdachten Film, der genau so funktioniert, wie er es sich vorgenommen hat.

Corinna Harfouch als Susanne Bonard ist das ruhende Zentrum, das sich nicht aus der Fassung bringen lässt, während Mark Waschkes Robert Karow wie immer kurz vor der Explosion steht. Das Zusammenspiel der beiden funktioniert dabei besser als je zuvor – Harfouchs lakonische Zurückhaltung gegen Waschkes latent aggressive Frustration. Besonders Karows Wut darüber, dass er sich mit politischen Strippenziehern und nebulösen Wirtschaftsinteressen herumschlagen muss, verleiht der Geschichte einen zusätzlichen dramaturgischen Druck. Es ist diese Art von Wut, die sich durch die Ermittlungen zieht, weil hier nicht einfach ein einzelner Täter gestoppt werden muss, sondern ein ganzes Geflecht aus Halbwahrheiten, politischem Kalkül und skrupellosen Karrieristen entwirrt werden muss, um die Hintergründe aufzudecken und den Täter zu stellen.

Natürlich wird das Tempo durch den Serienmörder-Aspekt von Anfang an hoch gehalten. Ein Attentat reicht ja nicht, es folgt gleich das nächste – Elizabeta Alvarez (Clelia Sarto) wird ermordet, und das direkt vor Karows Augen. Ein Scharfschütze, methodisch, präzise, jemand, der sich nie zeigen muss, um tödlich zu sein. Und während die Ermittler von einer undurchsichtigen Figur zur nächsten irren, ist da immer das Gefühl, dass sie nur in einem Spiel mitspielen, dessen Regeln sie nicht kennen.

Dass die politische Dimension dieser Geschichte nicht nur Kulisse ist, sondern sich organisch in den Fall einfügt, ist eine der wichtigsten Stärken des Films. Egal ob es um dubiose Interessen der Lebensmittelwirtschaft geht, die Rolle der Menschenrechtsaktivistin Soraya Barakzay (Pegah Ferydoni) oder die nebulösen Verstrickungen der anfangs brutal ermordeten aufstrebenden Jungpolitikers – alle Spuren und Ermittlungspfade sind sinnvoll miteinander verknüpft, wie ein gut austariertes Uhrwerk, wenn auch manchmal vielleicht ein bisschen zu bemüht, ein bisschen zu konstruiert. Aber immerhin: Die Geschichte versucht etwas und vermeidet es dabei konsequent, sich allzu sehr am Verschwörerischen zu verheben oder zu berauschen.

Regisseur Mark Monheim und Drehbuchautor Thomas André Szabó halten sich nicht mit unnötigen Abschweifungen auf. Stattdessen inszenieren sie Berlin als eine Stadt, in der man sich verlieren kann – nicht in dunklen Gassen, sondern in endlosen Meetings, Konferenzen, Presseterminen. Alles ist geschäftig, keiner hat Zeit, aber jeder hat etwas zu verbergen. Die Kamera von Jan-Marcello Kahl bleibt nah an den Figuren, ohne sie je auszustellen – eine nüchterne, unaufgeregte Bildsprache, die die gewünschte Atmosphäre perfekt trifft. Am Ende bleibt «Vier Leben» damit ein «Tatort», der durch seine Ambition überzeugt, auch wenn er sich gelegentlich etwas zu sehr in seiner eigenen Bedeutungsschwere verliert. Die Story hält die Spannung, die Figuren sind stark, die Inszenierung sitzt. Vielleicht nicht bahnbrechend, aber definitiv ein Krimi, der sich nicht nur im üblichen Schema bewegt. Und das ist schließlich schon eine ganze Menge.

Der Film «Tatort – Vier Leben» wird am Sonntag, den 16. Februar um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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