Stab
Darsteller: Nina Kunzendorf, Tilman Strauß, Aliki Hirsch, Božidar Kocevski, Atrin Haghdoust, David RichterRegie: Stefan Krohmer
Drehbuch: Robert Hummel und Martina Mouchot (angelehnt an das Sachbuch „SOKO Erle“ von Walter Roth)
Produzent: Nils Dünker
Das Problem ist nicht, dass hier auf die allseits bekannte «Tatort»-Effekthascherei verzichtet wird – ganz im Gegenteil. Das Problem ist vielmehr, dass «Spuren» in seiner Verbissenheit vergisst, dass Fernsehen auch Rhythmus, Dynamik und, ja, auch eine gewisse Dringlichkeit braucht. Die Serie setzt auf betonte Nüchternheit und dokumentarische Detailverliebtheit, aber das Ergebnis ist oft einfach nur ermüdend. Man schaut zu, wie Polizeiakten gelesen, Telefonate geführt, Datensätze gesichtet werden. Immer wieder. Und wieder. Und noch einmal. Es ist fast bewundernswert, wie konsequent hier jegliche Dramatisierung vermieden wird.
Dass die Geschichte auf realen Fällen basiert, soll als die große Rechtfertigung für diesen Ansatz herhalten. So war das eben, so hat das funktioniert. Aber Realität ist nicht per se spannend. Gerade in einem fiktionalisierten Format muss eine Balance gefunden werden zwischen Realismus und erzählerischer Verdichtung. «Spuren» entscheidet sich aber dafür, die Zuschauenden mit der zähen Mühsal des Polizeialltags alleine zu lassen. Der Thrill bleibt aus. Die Serie verwechselt Hartnäckigkeit mit Spannung, Beharrlichkeit mit Relevanz.
Die Hauptfiguren, verkörpert von Nina Kunzendorf und Tilman Strauß, bekommen dabei wenig Gelegenheit, sich als Charaktere zu entfalten. Kunzendorfs Barbara Kramer ist die klassische abgeklärte, unter Druck stehende Ermittlerin, die sich von nichts aus der Ruhe bringen lässt. Strauß als Thomas Riedle darf ab und zu leicht genervt wirken, aber auch er bleibt im Korsett der puren Polizeiarbeit gefangen. Man versteht ihre Arbeitsweise, ihre Methodik, aber wer sie eigentlich sind, was sie antreibt oder was diese Fälle mit ihnen machen, das bleibt durchgehend vage. Und so ist es am Ende auch egal. Das hätte die Serie anders machen können, hätte sie anders machen müssen.
Stattdessen setzt «Spuren» auf akribische Recherche und mühsame Ermittlungsarbeit als reine Prozessbeschreibung. Ein Detail nach dem anderen wird abgearbeitet, Beweismittel aufgedeckt, Verdächtige verhört, Theorien geprüft. Ja, das ist realistisch, aber irgendwann stellt sich die Frage: Warum schaut man das? Was bleibt nach vier Episoden? Das vage Gefühl, einer exakten, aber blutleeren Rekonstruktion beigewohnt zu haben – und das ist für eine ambitionierte Serie viel zu wenig.
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Am Ende wird der Fall gelöst, natürlich. Die Mühe hat sich gelohnt, das Netz hat sich zugezogen. Aber es fühlt sich nicht an wie ein Triumph. Eher wie das träge Umfallen eines Dominosteins, der vor Wochen angestoßen wurde. «Spuren» will kühn sein, ungeschönt, echt. Doch echte Polizeiarbeit ist noch lange kein gutes Fernsehen. Man bleibt zurück mit dem Eindruck, dass hier vier Stunden lang das Versprechen auf Spannung gegeben, aber nie eingelöst wurde. Eine Serie wie ein Stapel Akten auf einem zu kleinen Schreibtisch: unübersichtlich, ermüdend, irgendwie wichtig – aber eben auch ziemlich egal.
Die Serie «Spuren» wird am Samstag, den 15. Februar um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt – alle vier Folgen hintereinander.
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