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Die beiden US-Amerikaner sind die Cousins Benji (Kieran Culkin) und David Kaplan (Jesse Eisenberg) jüdischer Abstammung aus New York. Sie unternehmen ihren Roadtrip nicht allein, sondern schließen sich einer jüdischen Reisegruppe an, die quer durch Polen reist, um die Orte ihrer Vorfahren während des Zweiten Weltkriegs zu sehen und daran zu erinnern. Angeleitet wird die Gruppe vom nicht-jüdischen britischen Tourguide James (Will Sharpe), der mit tiefgreifenden Fakten über die Stationen zu beeindrucken weiß und die Reisenden über ihre eigene Kultur aufklärt. Benji und David könnten unterschiedlicher kaum sein, was direkt in den ersten Szenen auffällt, als Benji in provokanter Lässigkeit davon spricht, dass er bei der Ankunft in Warschau Gras auf die beiden warten würde. David verständlicherweise ist beim Security-Check am New Yorker Flughafen sehr besorgt, was seinem Dauerzustand entspricht. Benji begründet seine Lockerheit mit einem seiner zahllosen flotten Sprüche: „Oh, als ob sie in Polen zwei Juden wegen ein bisschen Gras verhaften würden. Das ist ein gutes Bild für das polnische Volk.“
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Benji wiederum trägt eine kurze rote Jogging-Schlabberhose und einen bunt gemusterten Hoodie. Sein Charakter zeichnet sich durch ein ähnlich lockeres Mundwerk aus. Kieran Culkin schafft es brillant die Zerrissenheit, die Benji innehat darzustellen. Einerseits ist er warmherzig, charmant und emphatisch, anderseits kann er auch brutal ehrlich sein, zwar ohne einen bösen Hintergedanken zu haben, aber immer wieder eine Schneise der Verwüstung zu hinterlassen. Deutlich wird dies in einer Szene, als die Gruppe im Zug unterwegs ist. Sie reisen in der ersten Klasse, weswegen Benji einen Gedanken aufwirft, der trotz aller Ironie auch die Tragweite dieser Reise umfasst. Wäre die Gruppe 80 Jahre früher unterwegs gewesen, gäbe es keine erste Klasse, sie wären in einem Viehzug gepfercht gewesen. Ihm geht es um ein gewisses Schuld-Gefühl. Aufgrund der heutigen Privilegiertheit habe man verlernt sich in den Schmerz der Vergangenheit hinzuversetzen, sodass das Leid letztlich in Vergessenheit zu geraten droht.
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Denn neben dem Gedenken an ihre verstorbene Großmutter und der Auseinandersetzung mit ihrer jüdischen Vergangenheit greift der Film auch ein Thema auf, das in der Unterhaltungsindustrie und in der Gesellschaft im Allgemeinen viel zu selten behandelt wird: die psychische Gesundheit von Männern. Im Laufe der Handlung offenbaren sich die die Gründe für Davids zwiegespaltenes Verhältnis zu seinem Cousin. Letztlich schaffen es Benji und David sich wieder anzunähern. Gestrandet am Flughafen in New York gehen sie getrennte Wege, der Film endet, wie er begonnen hat. Es ist die letzte Metapher eines famosen 90-Minüters, der eine Geschichte über Holocaust-Erinnerung, die Vielschichtigkeit familiärer Beziehungen und mentale Gesundheit erzählt – ein nie enden wollender Prozess.
Fazit: «A Real Pain» bricht den Film auf das Wesentliche herunter und erzählt eine komplexe Geschichte in einer solchen radikalen Einfachheit, dass 90 Minuten vollkommen ausreichen. Ein perfektes Destillat.
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