Interview

Cristina do Rego: ‚Jede Figur ist auf seine oder ihre Art einfach wunderbar anzusehen‘

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Ab Freitag ist die Schauspielerin und Regisseurin neben Benito Bause in der neuen Serie «Ghosts» zu sehen. Im Quotenmeter-Interview spricht Rego aber auch von den Problemen eigene Projekte subventioniert zu bekommen.

Drei bis fünf Millionen Menschen haben die Geschichten von «Ghosts» bei der BBC erreicht. Was macht die deutsche Adaption besonders und worauf dürfen sich die Zuschauer freuen?
Uns ist eine großartige Adaption gelungen. Zuschauer*innen, die «Ghosts» lieben, werden die Hauptelemente wiedererkennen. Dennoch ist die deutsche Version kein bloßer Abklatsch der bereits existierenden Serie. Meiner Meinung nach sind uns sechs sehr lustige und unterhaltsame Folgen gelungen, die die ganze Familie unterhalten können. Die Serie überzeugt mit einer tollen Besetzung, einer witzigen Geschichte und außergewöhnlichen Figuren – in dieser Konstellation so noch nie im deutschen Fernsehen zu sehen.

Sie spielen Emma, die nach einem Unfall plötzlich Geister sehen kann. Wie hebt sich die Figur von früheren Schauspielrollen ab?
In erster Linie war es eine Herausforderung viele der Szenen ohne Anspielpartner*innen zu spielen, wenn wir beispielsweise die Perspektive der Figur Felix, gespielt von Benito Bause, gedreht haben. Ansonsten war Emma für mich eine vielseitige Figur und ich hatte große Spielfreude bei der Arbeit unter der Regie von Erik Haffner.

Die Geister in «Ghosts» stammen aus völlig unterschiedlichen Epochen. Welche Figur hat Sie beim Dreh besonders überrascht oder am meisten zum Lachen gebracht?
Natürlich liebt man alle Geister, das ist keine Floskel. Jede Figur ist auf seine oder ihre Art einfach wunderbar anzusehen. Jan van Heyde, der den Neandertaler Urs spielt, hat eine nahezu stumme Rolle und hat es dennoch geschafft das ganze Ensemble zum Lachen zu bringen.

Die Serie verbindet Humor mit ernsten Themen wie moderne Lebensentwürfe und Endlichkeit. Wie schwierig ist es, diese Balance beim Spielen zu finden?
Für mich persönlich ist das eine sehr leichte Aufgabe, denn ich glaube sehr fest daran, dass Humor und Ernsthaftigkeit sich keineswegs ausschließen.

Mit Erik Haffner haben Sie einen erfahrenen Regisseur an Ihrer Seite. Wie war die Zusammenarbeit am Set? Gab es besondere Herausforderungen oder lustige Anekdoten?
Erik und ich kennen uns seit «Pastewka» und dadurch wusste ich, dass ich einfach vertrauen darf und mich zu 100 Prozent auf ihn verlassen kann. Erik ist einer der wenigen Männer, von denen ich mir etwas vorschreiben lasse (lacht).

«Ghosts» wird sowohl in der ARD Mediathek als auch auf One zu sehen sein. Könnte die Serie so bekannt wie «Pastewka» werden?
Das Potential hat die Serie, den Rest entscheiden die Zuschauer*innen. Ich bin sehr stolz auf dieses Projekt und bin fest davon überzeugt, dass die Serie, wie «Pastewka» auch, generationsübergreifend funktioniert und an den Erfolg der britischen Vorlage anknüpfen kann.

Sie haben ein queeres Filmkollektiv gegründet und arbeiten an Ihrem Regiedebüt «Nevermind». Was hat Sie dazu inspiriert, diesen Film zu machen?
Zero Pilnik, der Autor des Drehbuchs, hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, daran mitzuarbeiten. Wir haben ähnliche Vorstellungen davon, wie wir den Stoff umsetzen wollen. Es ist ein echtes Herzensprojekt für uns.

Ihr Kurzfilm stellt eine ostdeutsche Frau über 40 in den Mittelpunkt, was im deutschen Film eher selten ist. Warum war Ihnen genau diese Perspektive wichtig?
Ihre Frage enthält einen für mich essenziellen Punkt: Es kommt im deutschen Film zu selten vor. Ich bin gelangweilt davon immer die gleichen weiblich gelesenen Figuren zu sehen. Ich möchte mehr Komplexität und Diversität sehen, nicht nur bei Frauen, denn das ist die Realität.

Ihr Drehbuch erhielt bereits eine Jury-Erwähnung in Hamburg. Wie schwer ist es dennoch, als unabhängiges Kollektiv ohne Filmhochschulanbindung Fördermittel zu bekommen?
Wir sind noch immer nicht komplett finanziert, es ist wie so oft mit der Bürokratie. Wir fallen durchs Raster, Förderungen werden immer weiter gekürzt und im Fokus steht immer der wirtschaftliche Erfolg. Das ist bei einem Kurzfilmprojekt besonders schwierig, vor allem bei dem Thema. Wir bekommen viel Lob, Anerkennung und Auszeichnungen, aber Geld, um wirklich was zu erschaffen, gibt es eben nicht, wenn du keine Hochschule im Rücken hast. Das ist alles sehr mühsam.

In Ihrem Film geht es auch darum, trans* und nicht-binäre Talente sichtbar zu machen. Wie kann die deutsche Filmbranche diverser und inklusiver werden? Vielleicht auch einfach weniger darüber zu diskutieren und einfach diese Menschen besetzen?
Ja. Zum Beispiel. Aber natürlich nicht nur vor, sondern eben auch hinter der Kamera. Dafür kämpfe ich auch gerne weiter gegen Bürokratie und Schubladen an.

Nach «Ghosts» und Ihrem Regiedebüt – wohin soll Ihre Reise als Schauspielerin und Filmemacherin als nächstes gehen? Gibt es schon neue Projekte, an denen Sie arbeiten?
Ich habe die letzten eineinhalb Jahre extrem viel gearbeitet und bin dankbar, dass es sich auszahlt und ich aktuell zwischen Schreiben, Spielen und Filme machen, switchen kann. Aber mein nächstes Ziel ist ganz klar ein langer Urlaub in Brasilien. Darauf freue ich mich sehr!

Dann wünschen wir Ihnen neben Erfolg natürlich auch einen schönen Urlaub!

«Ghosts» ist ab Freitag, den 7. März 2025, in der ARD Mediathek abrufbar.

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