Etliche Jahre war Christian Sprenger Moderator und Interviewer bei Premiere. Im Sommer 2005 folgte der plötzliche Rauswurf. Mit Quotenmeter.de spricht er das erste Mal über das Aus beim Abo-Sender. Außerdem blickt er nach vorne, denn zwischenzeitlich kommentiert er beim Sender arena.
Herr Sprenger, die Bundesliga-Saison hat begonnen und Sie sind nun auch wieder als Berichterstatter mit an Board. Wie geht es Ihnen?
Ich freue mich auf die neue Saison und den Start bei arena. Mir geht es sehr gut.
Lassen Sie uns ganz vorne beginnen: Sie haben Ihre Fernsehkarriere bei RTL begonnen. Wie war die Stimmung damals bei den Kölnern?
Das war spannend. Es herrschte eine irre Aufbruchsstimmung, weil erstmals ein Privatsender die Bundesligarechte erworben hatte. Wir haben damals eine dreistündige Livesendung gemacht, die Ulli Potofski und Günther Netzer moderiert haben. Enthalten in der Show waren auch Spiele aus der zweiten Liga. Ich habe damals Spielzusammenfassungen kommentiert und war bei Live-Spielen auch als Moderator im Einsatz. Bei meinem letzten Spiel für RTL – es war ein Spiel von Kaiserslautern – gab es noch eine Menge rote Karten und richtig viel Wirbel.
Sie sind dann zu Premiere gegangen und haben sowohl Fußball als auch Eishockey moderiert. Was war denn spannender?
Das kann man nicht vergleichen. Eishockey war eine ganz neue Herausforderung für mich. Wenn man – wie ich – in Düsseldorf aufwächst, dann bekommt man schon einiges mit vom Eishockey. Aber aus beruflicher Sicht war das für mich Neuland. Gerade als Moderator haben mir die Übertragungen viel Spaß gemacht. Damals gab es noch keine Werbung im Pay-TV und wir hatten in den Pausen viel Zeit für Analysen und Interviews. Es gab einen zehnminütigen Vorlauf, 2 x 15 Minuten Drittelpause noch eine halbe Stunde Nachberichterstattung. Der Sprung von RTL zu Premiere war also ein großer Gewinn, eine tolle Erfahrung und das beste Training, was man sich als Moderator wünschen kann. Teilweise hat man da Dinge gemacht, über die ich heute denke: Oh Gott, wie konntest du nur? Aber das hat niemanden gestört – vielleicht auch, weil Eishockey nie so im Rampenlicht stand wie der Fußball.
Haben Sie sich bei Premiere wohl gefühlt?
Ganz klar: Ja. Es war ein sehr angenehmes Arbeiten. Als Moderator bei RTL, wo ich auch Live-Spiele moderiert habe, hatte man manchmal nur eine Minute Sendezeit. Es war einmal ein großes Highlight, als RTL ein Nachmittagsspiel im UEFA Cup live gesendet hat und keine Werbung verkauft hatte. Da hatten wir richtig viel Zeit für ausführliche Interviews. Das war das Spiel des FC Bayern München als sie in Kopenhagen rausgeflogen sind, danach wurden Franz Beckenbauer und Karl-Heinz Rummenigge inthronisiert.
Also ein großer RTL-Einsatz.
Ein richtig großer (lacht).
Gibt es Momente, an die Sie sich besonders gerne erinnern?
Meinen ersten Premiere Moderationseinsatz zum Beispiel, den werd ich nie vergessen: Das war das „Comeback des Lebens“ – Bayern gegen Wattenscheid, als Lothar Matthäus wieder zurückkam. Es gab aber noch andere schöne Momente: Sei es die Meisterschaft von Werder Bremen im Münchner Olympiastadion, oder die Meisterschaft der Dortmunder. Kurioserweise war ich nie bei einer Bayern-Meisterschaft dabei. Unvergessen auch zwei Sendungen aus dem Wohnzimmer von Achim Stocker vom SC Freiburg, der Präsident geht nie ins Stadion, also sind wir zu ihm nach Hause. Das sind wirkliche Highlights. Dazu zählt aber auch der Aufstieg der Frankfurter in die erste Liga, als Mainz in letzter Sekunde nur Vierter wurde. Und zu RTL-Zeiten war ich bei einem Europapokalspiel in Istanbul, das fast ausgefallen wäre wegen Schnee. Das war unglaublich. Töpperwien und Delling alle vor Ort, alle mit Galatassaray-Pudelmütze. Es war April und wir wurden im wahrsten Sinne des Wortes kalt erwischt. Also deckten wir uns im Fanshop ein. Stellen sich vor, Töppi macht mit Istanbul Mütze ein Rehhagel Interview…
Sie waren damals der erste richtig bekannte Interviewer.
Damals sah das alles noch ein bisschen anders aus. Man hatte noch keine Monitore am Spielfeldrand stehen. Ich habe mir dann einmal überlegt, wie ich Spieler denn so auf strittige Situationen ansprechen kann. Aus diesem Grund wurden dann nach und nach Monitore neben dem Feld aufgestellt. Heute haben Interviewer zwei oder drei Bildschirme vor sich stehen. Vielleicht war ich damals also ein kleiner Vorreiter. Früher wollten alle lieber kommentieren, als Interviews zu machen. Und ich habe mir gesagt, gut, dann mache ich das einfach und versuche das Beste rauszuholen. Man muss ja bedenken: Du hast meistens nur eine Minute Zeit und musst dafür die richtigen Fragen finden. Damals gab es ja ohnehin nur das „Topspiel der Woche“, erst bei RTL zusammengefasst, später live bei Premiere.
Die Zeit verging, die Premiere-Übertragung veränderte sich. Es wurden alle Spiele der ersten Liga live ausgestrahlt, man holte große Namen wie Marcel Reif oder Tom Bartels und gewann mehrere Preise für die großartige Übertragung. Doch dann – im Jahr 2005 – kam das Ende für Christian Sprenger bei Premiere. Ihren letzten großen Einsatz hatten Sie am 5. Februar 2005. Leverkusen war beim FC Bayern im Olympiastadion zu Gast.
Da habe ich Michael Ballack interviewt, richtig – oder ich habe es zumindest versucht.
Es gab im Spiel einen Elfmeter, den Ballack verwandelt hat. Dieser Elfmeter wurde aber zu Unrecht gepfiffen.
Guererro kam im Strafraum zu Fall, der Schiedsrichter pfiff einen Elfmeter und Bayern hat das Spiel gewonnen. Nach dem Spiel kam Michael Ballack auf mich zu – er strahlte. Ich habe ihm gratuliert und habe dann etwas gesagt wie: „Ein Geschenk gegen die ehemaligen Kollegen – das nimmt man doch gerne an.“ Er war etwas verdutzt, hat die Szene dann am Monitor gesehen und war immer noch der Meinung, dass das ein Elfmeter war. Ich habe ihn dann gefragt, ob er das denn ernst meine und daraufhin hat er mich stehen lassen.
Was ist direkt danach passiert?
Das Ganze stand am Montag dann groß in den Zeitungen – allerdings vor allem, dass es eben kein Elfmeter war.
Wie sind Sie damit umgegangen, als der Protest des FC Bayern so groß war?
Man geht in sich und überlegt sich noch mal, ob man etwas falsch gemacht hat. Ich hätte sicher das Interview anders anfangen sollen. Und dann überlegt man, ob das eventuell Konsequenzen haben wird.
Die hatte es wohl, denn Sie durften daraufhin keine Sonntagskonferenz der zweiten Liga mehr moderieren und waren auch sonst bei keinem großen Spiel mehr dabei.
Das kann ich nicht dementieren, da haben Sie gut aufgepasst.
Denken Sie, dass Michael Ballack weiß, dass er ihr Ende eingeläutet hat?
Das Ende kann nicht einer allein einläuten. Ich habe mich mit Michael Ballack irgendwann später ausgesprochen, bei der Nationalmannschaft in Düsseldorf. Für den war das lange abgehakt und gar kein Thema mehr.
Nach diesem 5. Februar2005 haben Sie also nur noch die Montagsspiele der zweiten Bundesliga moderiert, waren in der Bundesliga bei – nennen wir sie mal – weniger spannenden Spielen und nur noch einmal in der Champions League zusehen – dort allerdings nur als Reporter im VIP-Raum. Wann hatten Sie dann Ihren letzten Premiere-Einsatz?
Gut aufgepasst, Herr Weis. Meinen letzten on Air Einsatz hatte ich am 27. August 2005 – es war das Spiel Köln-Kaiserslautern.
Warum? Gab es eine offizielle Begründung für ihre Ablösung beziehungsweise ihren Rauswurf?
Ja. Der journalistische Stil passt nicht zur Philosophie des Senders, deshalb müsste man sich von mir trennen.
Nach 13 Jahren klingt das komisch und sehr subjektiv, steckte etwas persönliches dahinter?
Es tut mir leid, Herr Weis. Ich habe mich während der ganzen Angelegenheit fair verhalten und mir nichts zu schulden kommen lassen. Das will ich auch jetzt nicht. Die Wunden sind verheilt, es bleiben sicher Narben. Aber, das Thema ist für mich durch. Jetzt zählt nur noch die Zukunft und die heisst arena.
Der 21. Dezember war ein spannender Tag für Sie: Es wurde bekannt, dass Premiere die Bundesligarechte verloren hat. Was war das für ein Gefühl?
Das war ein sehr emotionaler Tag. Ich habe drei Stunden bevor es bekannt wurde einen Anruf bekommen, in dem mir gesagt wurde, dass Premiere wohl leer ausgeht. Der Anrufer hat mir gratuliert und gesagt, „Mensch, vielleicht wird für dich jetzt alles gut.“ Als die Meldung dann im Fernsehen verkündet wurde, habe ich fast geweint. Mit arena war da eine neue Chance. Seit diesem Tag gab es wieder eine Perspektive für mich.
Sie sind inzwischen bei arena angekommen?!
Ja, ich freue mich riesig auf den Job.
Werden Sie für arena nur kommentieren oder auch – wie bisher – als Moderator tätig sein?
Ich habe einen Kommentatorenvertrag unterschrieben.
Wieso gibt es jetzt den Wechsel? Auf Michael Ballack können Sie am Spielfeldrand in der Bundesliga nicht mehr stoßen…
Das stimmt. Ich bin erstmal froh, dass ich überhaupt wieder dabei bin und freue mich auf die neue Herausforderung. Und von „nur“ kommentieren kann nicht die Rede sein, denn es ist schön, dass arena mir zutraut, 90 Minuten lang ein Spiel zu begleiten. Und wie gesagt: Früher galt Kommentar als Königsdisziplin. Für mich ist er das noch. Ohnehin denke ich, dass arena den absolut richtigen Weg geht. Sie setzen auf eine komplett andere Mischung im Team. Da sind auch neue Gesichter, die dem Geschäft und dem Zuschauer gut tun.
Sie kennen das Konzept von Premiere in- und auswendig. Sie wissen auch, was arena plant. Was wird beim neuen Bundesligasender besser oder schlechter werden als bei Premiere?
Premiere hat Standards gesetzt. Aber ich bin sicher, wir werden neue Akzente setzen und auch manches besser machen. Beispielsweise dass wir nun eine Viertelstunde vor Spielbeginn individuell in die Stadien gehen und auch früher mit der Konferenz beginnen. Der Fan bekommt bei arena mehr von seinem Spiel mit, für das er sich entschieden hat. Bei Premiere war es oft so, dass man von kleineren Vereinen im Vorlauf gar keine Informationen bekommen hat. Bei arena gibt es zunächst den groben Überblick über den Spieltag mit den wichtigsten Themen und dann für jedes Spiel, auch die der 2. Liga, einen separaten Vorlauf von 15 Minuten aus den verschiedenen Stadien. Ich denke auch, dass arena so die Stimmung besser transportieren kann, näher an den Fans jeder Mannschaft dran ist. Ich hätte in meinem Kommentar kein Problem damit, auch mal zwei Minuten gar nichts zu sagen, einfach, damit der Zuschauer die Fan-Gesänge auf den Rängen oder die Kommandos der Trainer hören kann.
Haben Sie ein Vorbild in Sachen Kommentator?
Nein. Ich werde versuchen, mir von jedem etwas anzueignen. Aber ich will ja niemanden kopieren. Ich übernehme eher die „No Go’s“ der Kollegen.
Was ist denn das oberste „No Go“?
Persönlich und verletzend werden. Zu sagen, „man, was für ’ne Flasche.“ Einen Spruch werde ich nie vergessen, der ist ziemlich alt und aus der «Sportschau»: Der Kommentator sagte: „Zuhause traf er besser, er wird Vater von Zwillingen“. Das gehört sich nicht, aber so etwas ist heutzutage auch nicht mehr zu hören.
Im Ausland ist es üblich, dass zwei Kommentatoren ein Fußballspiel kommentieren. Zudem gehen die, gerade wenn ihr Nationalteam spielt, wesentlich emotionaler mit. Ist das auch die Zukunft im deutschen Fußball?
Zwei Kommentatoren? Nein, das wäre nicht gut, denke ich. Wir hatten bei Premiere jahrelang einen Co-Kommentator, das war in Ordnung. Aber eben nur wenn die Aufteilung klar ist: Einer ist Kommentator, einer ist Experte. Sitzen zwei Kommentatoren für einen Sender am Mikrofon, will jeder sein Wissen anbringen, was dazu führen würde, dass das Spiel einfach tot gequatscht wird. Da sind zwei Leute einfach zu viel.
Zum Abschluss stellen wir Ihnen noch unsere kurzen und knappen Sonntagsfragen.
Haben Sie einen Lieblingsverein?
Ich habe zwei Lieblingsvereine – übrigens die Selben wie auch Campino von den Toten Hosen: Fortuna Düsseldorf und Liverpool.
Haben Sie ein Lieblingsstadion?
Ich kann jetzt nur die europäischen Stadien beurteilen: Von denen, die ich kenne, ist es das ehemalige Westfalenstadion, welches jetzt „Signal Iduna Park“ heißt. Wenn da die Fans Youn never walk alone singen, ist das genauso Gänsehaut wie an der Anfield Road. Die mag ich auch ganz gerne. Da ist eben alles ursprünglich. Aber Dortmund ist einfach nicht zu toppen. Spätestens seit der WM bin ich ja nicht mehr alleine mit der Meinung.
Welcher Fußballer ist Ihnen am sympathischsten?
Von den aktiven Fußballern mag ich Lukas Podolski gerne. Ansonsten würde ich Franz Beckenbauer sagen. Egal wie viel Stress, er bleibt immer stehen. Für Autogramme der Fans und für Fragen der Journalisten.
Ihr größte TV-Panne?
Die ist bei Premiere passiert. Der Kollege Rene Hiepen sagte: „Weiter geht’s jetzt mit Christian Sprenger und Christian Reuter“. Ich habe daraufhin gesagt: „Danke, aber der heißt Thomas.“ In Wirklichkeit heißt er aber natürlich Stefan Reuter. Im Ablauf stand aber irgendetwas von Thomas Berthold und wir haben darüber schon die ganze Zeit gescherzt und so ist diese Panne dann passiert.
Herr Sprenger, wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft bei arena. Viel Spaß beim kommentieren. Los geht’s übrigens am Sonntag, 13. August: Christian Sprenger wird im Einzelspiel „Fürth gegen 1860 München“ zu hören sein.