Die Kritiker

«Tatort - Charlie»

von

Die Rente rückt näher: und der neue «Tatort» aus München zeigt, warum das für das grantelnde Ermittler-Duo auch gut so ist.

Stab

Darsteller: Udo Wachtveitl, Miroslav Nemec, Ferdinand Hofer, Paulina Morisse, Yodit Tarikwa, Dorka Gryllus
Musik: Oliver Thiede
Kamera: Peter von Haller
Drehbuch: Dagmar Gabler
Regie: Lancelot von Naso
Die Münchner «Tatort»-Kommissare Leitmayr und Batic verhalten sich schon lange wie ein altes Ehepaar, das seit Jahrzehnten in der gleichen Wohnung lebt, in der die Tapeten vergilben und die Kaffeemaschine noch aus der Ära Kohl stammt. Und genau so fühlt sich auch «Tatort: Charlie» an – wie eine Produktion, die sich einfach nicht von der Vergangenheit lösen will, als würde man in einem Oldtimer mit durchdrehenden Reifen im Kiesbett stehen: Man kommt nicht voran, aber immerhin hört sich der Motor noch kernig an.

Diese Woche: Ein Mordfall mit NATO-Bezug – klingt erstmal nach großem Kino, und wahrscheinlich unverhofft aktuell. Es gibt ein Army-Gelände, eine mysteriöse Tote, ein gestohlenes Militärfahrzeug. Batic und Leitmayr, verstärkt durch Kalli Hammermann, tauchen ein in eine Welt voller Tarnnetze und kryptischer Befehle. Die Grundidee: Ermittlungen als „Embedded Investigators“, um behutsam an Informationen zu kommen. Da hätte man eine nervenzerreißende, temporeiche Erzählweise erwarten können, doch stattdessen bleibt der Film ein zäher Marsch durch eine Geschichte, die sich selbst überlebt hat.

Denn so spannend das Setting auf dem Papier wirkt, so konventionell wird es abgehandelt. Wir sehen alte Männer, die alte Fragen stellen, in einem Szenario, das danach schreit, modern erzählt zu werden. Militär, Cyberkrieg, internationale Verwicklungen – alles Stichworte für einen «Homeland»-artigen Hochspannungsthriller. Doch «Tatort – Charlie» bleibt in seiner Erzählweise so behäbig wie eine Folge «Derrick» mit zusätzlichen Tarnflecken.

Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec sind sicherlich die Urgesteine des «Tatorts» in seiner modernen Inkarnation, das kann man ihnen nicht absprechen. Aber genau das ist hier das Problem. Während andere Ermittler-Teams sich über die Jahre transformieren durften – neue Facetten zeigen, mit der Zeit gehen –, scheinen die Münchner Kommissare einfach steckengeblieben zu sein. Ja, sie sind charmant und haben diesen bayerischen Grant, den man lieben kann. Aber in einem Fall wie diesem, der von politischer Brisanz und militärischer Präzision leben sollte, wirken sie, als hätte man sie versehentlich in einen Film gesetzt, der nicht für sie geschrieben wurde.

Besonders im Kontrast zur jüngeren Majorin Jennifer Miller (Yodit Tarikwa), die als Military Police Officer frischen Wind bringen könnte, wird das deutlich. Sie muss sich durch die altväterliche Art der Ermittler kämpfen, während diese selbst lieber mit nostalgischen Anekdoten glänzen. Es ist ein ungleicher Kampf – Miller steht für eine Moderne, die «Tatort – Charlie» dringend nötig hätte, aber nicht zulässt.

Regisseur Lancelot von Naso inszeniert den Film derweil mit solidem Handwerk, aber eben auch ohne Überraschungen. Die Kameraarbeit von Peter von Haller fängt die kasernenartige Strenge gut ein, doch die Inszenierung kann sich nicht entscheiden: Soll das hier ein Politthriller sein oder doch nur ein weiterer «Tatort» mit der üblichen Routine? So bleibt am Ende das Gefühl, dass man diesen Fall schon zigmal gesehen hat – nur mit weniger NATO und mehr Oktoberfest. Der Ruhestand rückt näher.

Der Film «Tatort – Charlie» ist am Sonntag, den 2. März um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/159256
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelMax probiert es mit «Crazy Rich Asians»
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner Veit-Luca Roth

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung