Die Kritiker

«Tatort - Colonius»

von

Es hätte ein Film wie eine durchzechte Nacht in Extase werden können. Stattdessen machen Ballauf und Schenk daraus einen lauen Krimi.

Stab

Darsteller: Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Joe Bausch, Roland Riebeling, Tinka Fürst, Thomas Loibl
Musik: Philipp Timm
Kamera: Rainer Lipski
Drehbuch: Eva und Volker A. Zahn
Regie: Charlotte Rolfes
Ach, die 90er. Technobeats, Loveparade, Ecstasy als Ticket ins Nirvana – und natürlich die großen, tragischen Abstürze. Der neue «Tatort» will uns mitnehmen in das, was von dieser Ära noch übrig ist: von den Nächten, in denen Kölner Clublegenden geboren wurden und Freundschaften im Rausch zementiert schienen. Doch jetzt, drei Jahrzehnte später, liegt ein ehemaliger Szene-Fotograf ermordet in seiner Wohnung, und die einstigen Weggefährten werden von den Kommissaren Schenk (Dietmar Bär) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) mit der Vergangenheit konfrontiert. Die Frage ist nur: Können wir noch mitfühlen, wenn die Beats längst verklungen sind?

Das Setting klingt spannend: Ein nostalgischer Blick auf die exzessiven 90er, auf eine Jugend, die zwischen Clubnächten und Kamerablitzen verschwand, auf Freundschaften, die sich als nicht so unzerstörbar erwiesen, wie man nach drei Nächten ohne Schlaf dachte. Doch leider bleibt der Film in seiner Inszenierung merkwürdig zahm. Statt mit voller Wucht in die grellen Erinnerungen einzutauchen, bekommen wir Rückblenden, die deutlich zu stark auf Hochglanz poliert wirken. «Tatort – Colonius» traut sich nicht, wirklich schmutzig zu werden, wirklich fiebrig. Es gibt kein echtes Gefühl von Ekstase, kein dunkles Unheil, das sich in den verrauchten Kellern andeutet. Stattdessen wirkt alles wie eine 90er-Reminiszenz durch den Instagram-Filter – schön, aber ohne echten Sog.

Ballauf und Schenk wirken in diesem Fall wie zwei Väter, die auf der Klassenfahrt ihrer Kinder als Aufsicht dabei sind: Sie sind da, sie tun ihr Bestes, aber so richtig eintauchen in die alte Welt können sie nicht. Das liegt weniger an den beiden Schauspielern, die auch hier wieder mit gewohntem, wenn auch zu routiniertem Charme und einer Prise Kölschem Humor durch die Ermittlungen stolpern, sondern vielmehr daran, dass sie zu viel erklären müssen. Es wird nacherzählt, interpretiert, analysiert – aber nie wirklich erlebt. Dabei hätte genau das dem Film gutgetan: weniger dialoglastige Ermittlungen, mehr atmosphärische Verdichtung.

Und dann ist da noch das Problem mit den gealterten Partykindern. Thomas Loibl als Christian, Karoline Eichhorn als Meike und Andreas Pietschmann als René – sie alle spielen solide, aber sie bekommen nicht genug Raum, um ihre Charaktere mehr als bloße Schatten ihrer Vergangenheit werden zu lassen. Ihre Figuren wirken gehemmt, als hätten sie sich nie wirklich mit ihrer Geschichte auseinandergesetzt, sondern sie nur verdrängt. Das wäre ein interessanter Ansatz – wenn der Film ihn konsequenter verfolgen würde. Stattdessen bleibt es bei ein paar bedeutungsschwangeren Blicken, einem Hauch von Bedauern und der obligatorischen Erkenntnis, dass die 90er eben doch nicht nur Glanz und Gloria waren.

All das macht «Tatort – Colonius» nicht zu einem schlechten Krimi, doch der Film bleibt deutlich unter seinen Möglichkeiten. Die Geschichte hat Potenzial, die Besetzung ist stark, doch die Inszenierung wirkt zu zahm, um wirklich mitzureißen. Wer auf einen fiebrigen Nostalgietrip gehofft hat, der die 90er mit all ihren Höhen und Abgründen auferstehen lässt, wird fast so enttäuscht wie bei einem bitteren Kater am nächsten Morgen.

Der Film «Tatort – Colonius» wird am Sonntag, den 9. März um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.

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