Serientäter

«Hacks»: Jean Smart steht für die Boomer

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Die ersten drei Staffeln der Fernsehserie waren im Feuilleton ein großer Erfolg. Das liegt vor allem an den Schauspielkünsten von Smart und den smarten Drehbüchern.

Das damalige Warner Media wollte vom Streaming-Kuchen von Netflix, Disney+ und Amazon einen Teil abbekommen, weshalb das Angebot HBO Max realisiert wurde. Knapp ein Jahr nach Sendestart war die erste Staffel von «Hacks» fertig, in der Jean Smart die Stand-Up-Komiker Deborah Vance spielt. Die Handlung setzt in Las Vegas ein, denn Vance spielt seit mehreren Jahrzehnten eine große Nummer im Palmetto Casino. Just an diesem Tag wird ihr die Nachricht überbracht, dass ihr Ex-Mann, der sie für ihre Schwester verließ, verstorben sei.

Bereits einen Tag zuvor teilte der Casino-Leiter Marty Ghilain (Christopher McDonald) mit, er müsse das Wochenend-Programm umgestalten und neue Nummern für ein jüngeres Publikum suchen. Damit spricht «Hacks» ein generelles Problem der Branche an, weil zahlreiche amerikanische Schauspielerinnen ab einem gewissen Alter nicht mehr besetzt werden. Eine Fernsehserie mit einer 70-jährige Schauspielerin zu realisieren, ist insofern besonders, weil eben Netflix & Co. auf jüngere Programme stehen. Wobei Smart in den vergangenen Jahren dennoch gut im Geschäft war und in zahlreichen Serien auftrat und zeitgleich in diversen Filmen Haupt- und Nebenrollen hatte.

Stand-Up-Legende Vance ruft ihren Agenten Jimmy LuSaque Jr. (Paul W. Downs) an, der sie bei dieser misslichen Lage unterstützen soll. Dieser schickt die arbeitslose Drehbuchautorin Ava Daniels (Hannah Einbinder), die mit einem Tweet beim damaligen Twitter in der Fernsehwelt eine Persona Non grata wurde. Die 25-jährige Ava fliegt von Los Angeles nach Las Vegas und wird von Deborah nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Doch nach einigen Wortgefechten lässt sich die Grand Dame der Witze auf die Zusammenarbeit ein.

Bereits in der zweiten Folge „Primm“ (Originaltitel) sollen die jungen Zuschauer verstehen, wie man sich respektvoll gegenüber älteren Menschen verhalten soll. Ava feiert zunächst in Las Vegas und schickt ihrer neuen Arbeitgeberin altes Material, das bemerkt die Stand-Up-Dame, denn sie hat sich komplett in die Arbeit von Ava eingearbeitet. Sie stellt Ava zur Rede und fordert ihre Konzentration, schließlich arbeite sie mit einem Profi zusammen. Die beiden unternehmen einen Ausflug, bei der Ava sich einen Kaffee an der Tankstelle gönnt. Ava bezahlt diesen mit Deborahs Geld und gibt der Person hinter der Kasse ein Trinkgeld von 26 Cent. Im Auto wieder angekommen, fragt Deborah nach dem Rückgeld. Ava meinte, sie habe Trinkgeld gegeben, worauf Deborah ihre Autorin zurück in den Laden laufen lässt. Schließlich habe Ava das Geld von Deborah verschenkt und nicht ihr eigenes. Sie habe im Vorfeld noch nicht einmal gefragt. Mit diesen Szenen wollten die Serienschöpfer Lucia Aniello, Paul W. Downs und Jen Statsky vor allem eine Serie für die Boomer-Gesellschaft verfassen. Im Laufe der Serie folgen weitere Beispiele, die aufzeigen, dass sich der Charakter von Hannah Einbinder rücksichtlos verhält.

Im Laufe der ersten Staffel wird klar, dass Deborah ihre Show im Casino nicht halten kann. Aus diesem Grund setzt sie schließlich alles auf eine Karte und arbeitet mit Ava eine komplett neue Show aus. Das neue Stand-Up-Programm soll mehr in die Tiefe gehen und nicht andauernd alte Jokes mit flachen Pointen bringen. Unterdessen kommt es wieder zu einem Streit zwischen Deborah und Ava, zwischenzeitlich hat sich Ava in Los Angeles mit zwei Produzenten einer neuen Serie getroffen. Sie belügt ihre Arbeitgeberin, dass sie einen größeren Arzttermin habe. Dennoch bekommt Deborah diese Lüge heraus und ohrfeigt Ava. Schlussendlich findet die Show statt, doch der Auftritt bekam nur mäßige Kritiken. Deborah entscheidet sich allerdings auf Tournee zu gehen und heuert Ava erneut als Autorin an.

Die zweite Staffel spielt überwiegend auf der Straße, denn das Comedy-Team Deborah und Ava reisen durch das Land und testen das neue Material in mehreren Clubs. Gleichzeitig findet Deborah heraus, dass Ava an die Fernsehproduzenten das Missverhalten geleakt hat, weshalb die Anwälte von Deborah die Autorin Ava verklagen. Eine durchaus spannende Staffel, wobei die acht Folgen nicht an das Potenzial der ersten Runde heranreicht. In der dritten Runde, vermutlich der beste Teil der Serie, laufen die Fäden der ersten zwei Staffeln zusammen. Deborah und Ava haben ein neues gemeinsames Ziel, das aber durchaus sehr schwer zu erreichen ist. Serienfans können sich freuen, denn «Hacks» wirft mit den Staffeln zwei und drei einen Blick hinter die Kulissen von Hollywood.

Neben den Hauptfiguren Deborah und Ava steht vor allem Marcus (Carl Clemons-Hopkins) als Vermögensverwalter im Mittelpunkt. Seine Rolle driftet allerdings zunehmend ab und befindet sich nur noch in einer Beziehungskrise, sodass man seine Figur ab der dritten Staffel als überflüssig bezeichnen kann. Viel interessanter ist sind die Figuren der Blackjack-Dealerin Kiki (Poppy Liu) und Avas Freundin Ruby (Lorenza Izzo). Durchaus spannend ist die Entwicklung sowohl beruflich als auch privat zwischen Manager Jimmy (Paul W. Downs) und seiner Sekretärin (Megan Stalter). Auch DJ Vance Jr, Deboras Tochter (Kaitlin Olson) nimmt eine angenehme Rolle ein. Praktisch Stichwortkartenhalter sind die Hausdame Josefina (Rose Abdoo) und Damien (Mark Indelicato).

Mit «Hacks» haben Lucia Aniello, Paul W. Downs und Jen Statsky eine großartige Serie über eine ältere Schauspielerin und Komikerin am wohl ungewöhnlichsten und schillerndsten Standort der USA geschaffen. Die Produktion von 3 Arts Entertainment, Fremulon und Universal Television stammt eigentlich aus dem «Saturday Night Live»-Kosmos, kann aber im Gegensatz zu anderen Projekten wie «Brooklyn Nine-Nine» & Co. vor allem durch die Tiefe überzeugen. Als Comedy-Drama eignet sich «Hacks» jedoch nicht, denn lustig ist die Serie an den wenigsten Stellen. Die meist 30-minütigen Folgen sind eher ein Drama mit gelegentlichen Witzen von Jean Smart und Hannah Einbinder. Alles andere ist in der Regel nicht komisch.

«Hacks» ist in der ZDFmediathek und bei RTL+ abrufbar.

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