
In den 1990er- und 2000er-Jahren war Fernsehen für viele Jugendliche eine der wenigen Ablenkungen bei Langeweile. Das lineare Fernsehen hatte den Vorteil, dass Zuschauer auch mit Inhalten konfrontiert wurden, die sie nicht aktiv gesucht hätten. Besonders bekannt waren die endlosen Wiederholungen von Kriegsdokumentationen auf N24 (heute Welt), ntv und ZDFinfo. Wer durch das Programm zappte, blieb fast unweigerlich bei Berichten über den D-Day, Hitler oder Stalingrad hängen. Selbst wer sich nicht aktiv für Geschichte interessierte, nahm so zumindest Grundwissen mit.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Junge Menschen zappen nicht mehr durch 50 Fernsehsender. Stattdessen verbringen sie ihre Zeit auf Instagram, TikTok und YouTube. Dort bestimmen Algorithmen, welche Inhalte ihnen gezeigt werden – und ohne gezielte Bemühungen rückt der Zweite Weltkrieg immer weiter aus dem Sichtfeld.

Zudem sind Holocaustleugnung und Geschichtsverzerrung in sozialen Medien präsent. Verschwörungstheorien breiten sich dort oft ungehindert aus, während fundierte Geschichtsvermittlung kaum stattfindet. Gerade deshalb wäre es wichtig, dass etablierte Medien und Bildungseinrichtungen dort präsent sind, wo die junge Generation sich aufhält.
Wenn junge Menschen keine Dokumentationen mehr auf ZDFinfo oder Welt schauen, dann müssen die Sender ihre Inhalte dorthin bringen, wo sie konsumiert werden: auf TikTok, Instagram und YouTube. Statt langer, klassischer Dokus braucht es kurze, visuell ansprechende Clips, die fesselnd und kompakt Wissen vermitteln. Erfolgreiche Formate wie «MrWissen2go» oder «Geschichte einfach erklärt» zeigen, dass dies möglich ist. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben die Ressourcen und das Wissen – doch bisher fehlt eine breite, strategische Umsetzung. Ein Ansatz war beispielsweise das Projekt das Instagram-Projekt „Ich bin Sophie Scholz“.
Das Wissen über den Zweiten Weltkrieg ist essenziell, um demokratische Werte und historisches Bewusstsein zu bewahren. Wenn etablierte Medien es versäumen, diese Inhalte in die digitale Welt zu bringen, überlassen sie das Feld unseriösen Quellen und Fake News. Die Zeit des zufälligen Wissenserwerbs durch Fernsehzapping ist vorbei – es liegt an den Sendern, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Bildungsauftrag, der nicht am Fernseher endet. Nur wenn die Geschichte dorthin gebracht wird, wo junge Menschen sich aufhalten, kann verhindert werden, dass der Zweite Weltkrieg und seine Lehren in Vergessenheit geraten.
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