Die Kritiker

«Rosenthal»

von

Unser Kritiker ist der Meinung: Dieser Film war...?

Stab

Darsteller: Florian Lukas, Claude Albert Heinrich, Silke Bodenbender, Hans-Jochen Wagner, Niklas Hummel, Benjamin-Lew Klon
Schnitt: Jens Klüber
Musik: Lorenz Dangel, Fabian Zeidler
Kamera: Kaspar Kaven
Drehbuch: Gernot Krää
Regie: Oliver Haffner
Hans Rosenthal war ein Entertainer, eine Frohnatur, ein Mann, der Millionen Deutsche mit «Dalli Dalli» zum Lächeln brachte – und gleichzeitig einer, der zwei Jahre seines Lebens untergetaucht war, um der Mordmaschinerie der Nazis zu entkommen. Mit der Verfilmung eines wichtigen Wendepunktes im Leben dieses vielleicht beliebtesten Mannes der Nachkriegsrepublik ist «Rosenthal» im ZDF derweil weit mehr als eine simple Biografie oder ein nostalgisches Porträt einer Fernsehlegende, sondern vielmehr ein Film über Verdrängung und Erinnerung, über Trauma und öffentliche Wahrnehmung, über das komplizierte Verhältnis zwischen einem Holocaust-Überlebenden und seinem deutschen Publikum. Und ja, es ist ein toller Film geworden, einer, der aufwühlt und nachwirkt.

Florian Lukas spielt Hans Rosenthal mit einer Intensität, die beeindruckt. Kein bloßes Imitieren des Fernsehmanns mit seinem unverwechselbaren „Sie sind der Meinung, das war …?“, sondern eine tiefgehende Charakterstudie eines Menschen, der immer lachte, weil er es musste. Weil es die einzige Art war, wie er in Deutschland bestehen konnte. So entstand ein zutiefst bewegendes Porträt eines Menschen, der im Showbusiness erfolgreich war, weil er sich nie als Opfer darstellen wollte – und genau darin lag das große Dilemma, das der Film meisterhaft herausarbeitet.

Regisseur Oliver Haffner und Drehbuchautor Gernot Krää verdichten die Ereignisse um den 9. November 1978 zu einem intensiven Kulminationspunkt der Emotionen. Die Inszenierung springt dabei zwischen der glitzernden Studiowelt von «Dalli Dalli» und der düsteren Schattenwelt der Erinnerungen. Besonders eindringlich sind die Rückblenden in Rosenthals Kindheit, wenn der junge Hans (Claude Albert Heinrich) um sein Überleben kämpft, während sein zehnjähriger Bruder deportiert und ermordet wird. Diese Szenen sind schonungslos, aber niemals plump. Sie erinnern daran, was im Hintergrund immer mitschwang, wenn Rosenthal auf der Bühne gut gelaunt seine Show moderierte.

Ein großes Lob gebührt ebenfalls der Nebenbesetzung. Silke Bodenbender als Traudl Rosenthal ist weit mehr als die unterstützende Ehefrau – sie gibt ihrem Mann die Kraft, sich seiner Vergangenheit zu stellen. Maya Sara Unger als junge Jüdin Rebecca Grodzinski hingegen konfrontiert ihn in der Bundesrepublik der 70er Jahre mit der Frage, die sich viele stellten: War Rosenthals Erfolg auch eine Form der Verdrängung? War er die perfekte Ablenkung für eine Nachkriegsgesellschaft, die nicht allzu genau auf ihre eigene Geschichte blicken wollte?

Und genau hier liegt der eine Punkt, in dem der Film fast zu gut ist. Rosenthal selbst durchlebt eine Katharsis, öffnet sich schließlich, bekennt sich zur eigenen Geschichte – und das ist der Moment, in dem man sich als Zuschauer fragt: Warum gab es diese Katharsis nie für die deutsche Gesellschaft? Warum musste ein Hans Rosenthal erst in die Jahre kommen, um seine Geschichte zu erzählen, während Millionen andere Überlebende unsichtbar blieben? Der Film bietet etwas, das die Bundesrepublik nie zustande gebracht hat: eine wahrhaftige Aufarbeitung der Vergangenheit.

Der Film «Rosenthal» wird am Montag, den 7. April um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt. In der Mediathek ist er bereits verfügbar.

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