Die Kritiker

«Ostfriesenfluch»

von

Eine Tote im Rapsfeld bringt düstere Ereignisse aus der Vergangenheit wieder ans Licht. Aber eine friesisch herbe Stimmung macht noch keinen guten Krimi.

Stab

Darsteller: Picco von Groote, Christian Erdmann, Barnaby Metschurat, Marie Schöneburg, Wolf Bachofner, Andreas Euler
Kamera: Willy Dettmeyer
Drehbuch: Dörte Franke
Regie: Stephan Lacant
Schnitt: Dirk Grau
Musik: Jumpel Dürbeck und René Dohmen
Klaus-Peter Wolf hat wieder zugeschlagen: Also, literarisch. Und jetzt auch filmisch. Man kann diese ostfriesischen Bestseller lieben oder hassen, aber eines muss man ihnen lassen: Sie verkaufen sich wie Sanddornmarmelade in Greetsiel. Und so läuft auch «Ostfriesenfluch», die neueste Verfilmung um Ann Kathrin Klaasens Fällen, irgendwo zwischen Sonnenuntergang über den Salzwiesen und der abgründigen Düsternis eines Krimis, der alles auf einmal sein will: Psychothriller, Gesellschaftsporträt, Serienmörder-Geschichte und natürlich eine Hommage an die einmalige Landschaft.

Das Problem ist nur: So richtig will das alles nicht zusammenpassen: Denn ja, optisch ist das alles sehr schön. Willy Dettmeyers Kamera fängt die norddeutsche Tristesse mit einer gewissen poetischen Trostlosigkeit ein, und die Rapsfelder leuchten so gelb, dass man fast vergisst, dass mittendrin eine Leiche liegt, die gleichzeitig die Handlung dieses Films anstößt. Man kann die Möwen schreien hören, das Grau am Himmel ist nie nur einfach Grau, sondern hat mindestens fünf verschiedene Abstufungen. Es sieht alles nach Hochglanz-Nordsee-Romanze aus, bis man sich wieder daran erinnert: Moment mal, es geht hier ja eigentlich doch um Serienmorde.

Und genau hier liegt die erste Schieflage: Das Drehbuch von Dörte Franke und die Regie von Stephan Lacant versuchen, dieses Setting mit einer Psychothriller-Wucht zu kombinieren, die nicht so recht ins maritime Melancholie-Panorama passen will. Eine tote Frau im Rapsfeld, ein Schüler, der den Ehemann des Opfers des Mordes bezichtigt, eine wachsende Zahl verschwundener Frauen – auf dem Papier klingt das nach Hochspannung, auf dem Bildschirm verliert es sich dann aber doch zu oft in ziellosen Dialogen und Ermittlungs-Klischees.

Picco von Groote als Ann Kathrin Klaasen gibt sich Mühe, diesen Fall mit der nötigen Schwere zu tragen, aber sie wirkt oft, als hätte sie selbst nicht so richtig Lust auf das eineinhalbstündige Mäandrieren durch die Rapsfelder. Die innere Zerrissenheit der Figur – die dunkle Ahnung, dass dieser Täter nicht nur mordet, sondern systematisch Beziehungen zerstört – bleibt eher Behauptung als echtes Gefühl.

Irgendwann ist dann die Zeit für das große Finale gekommen. Natürlich geht es dabei – wie in diesen Filmen nahezu obligatorisch – um eine Enthüllung, die tief in die Vergangenheit reicht. Und natürlich wird noch einmal alles reingepackt: Dramatik, Zeitdruck, ein verzweifelter Wettlauf. Aber so wirklich packen will es nicht. Vielleicht, weil der Täter zu austauschbar bleibt. Vielleicht, weil man emotional nie wirklich mit dem Stoff warm geworden ist. Vielleicht, weil man längst mehr damit beschäftigt ist, sich zu fragen, ob es nach dem Abspann noch ein Rezept für Ostfriesentee gibt.

Bleibt als Fazit: Weder Fisch noch Fleisch (oder Krabbenbrötchen). «Ostfriesenfluch» sieht gut aus, ist solide gespielt, und für Fans eines lauen Krimiabends wird er vermutlich genau das liefern, was sie erwarten. Aber er bleibt auch ein Film, der nicht weiß, ob er wirklich verstören oder nur unterhalten will. Die Wucht eines echten Psychothrillers fehlt, die emotionale Tiefe sowieso. Was bleibt, ist ein Krimi, der sich selbst ein bisschen im Rapsfeld verliert. Wertung: 5 von 10 Ostfriesenwitzen, die nicht erzählt wurden.

Der Film «Ostfriesenfluch» wird am Samstag, den 5. April um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.

Mehr zum Thema... Ostfriesenfluch TV-Sender ZDF
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