Serientäter

«How to Sell Drugs Online (Fast)»: Wie konnte Mo dort landen?

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Nach vier Jahren präsentiert die bildundtonfabrik eine vierte Staffel, die vier Jahre nach der den letzten Ereignissen spielte. Die Story ist gut, weist aber auch ein paar Schwächen auf.

Am 27. Juli 2021 veröffentlichte Netflix die dritte Staffel von «How to Sell Drugs Online (Fast)», in der Moritz Zimmermann (Maximilian Mundt) vom Polizisten Kämper (Florentin Will) Dingfest gemacht wurde. Moritz wanderte hinter schwedische Gardinen und die Serie endete damit, dass der Drogenverkäufer aus dem Internet das gefängnisinterne Laptop knackt und fortan mit seinen Freunden chattet.

Doch die Heiterkeit ist schnell vor, schließlich wird Moritz von seiner Ex-Freundin Lisa (Lena Klenke), Lennard Sander (Danilo Kamperidis) und Daniel Riffert (Damian Hardung) vom Internet abgeklemmt. Der Computernerd rechnete nicht damit, dass die Gefängnis-Beamten zufällig in der Zelle vorbeischauen und den jungen Mann erwischen. Die Serie beginnt mit dem neuen Alltag im Gefängnis, der vorwiegend aus Langeweile besteht. Moritz nimmt sich in Acht vor zahlreichen Mithäftlingen, doch schnell merkt er, dass das auch nur einige Gleichgesinnte sind. Er schließt Freundschaft mit der von Leonidas Emre Pakkan verkörperten Figur Ersan. Der Gefängnisinsasse hilft Moritz in neuen Situationen.

Die Serie startet mit Moritz in einem Stuhl, dieses Mal hört man keine Netflix-Klappe fallen. Kurz darauf befinden sich die drei Freunde Mo, Lenny und Daniel in einer Wüste wieder, sie sind gefesselt und es kommt gleich zum Showdown – Serienliebhaber wissen, dass das vermutlich das Finale in der sechsten und womöglich letzten Episode sein könnte. Schließlich erfahren die Zuschauer auch, dass Lenny seinen besten Freund nicht aus dem Knast bekommen hat.

Die ersten eineinhalb Folgen sind typische Einführungsgeschichten. Moritz kommt aus dem Gefängnis, lediglich sein Vater holt ihn mit seiner Schwester ab. Die gesamte Szenerie fällt etwas traurig aus, schließlich hätte sich Moritz mehr von seiner früheren Clique erwarten können. Doch hier haben die Autoren eher in die Vereinigten Staaten von Amerika geschaut, statt sich am deutschen Rechtssystem zu orientieren. Ein Insasse einer Justizvollzugsanstalt kommt nicht von heute auf morgen aus dem Gefängnis, sondern bekommt eine Eingliederungsmaßnahme. Das heißt, dass er für einige Stunden in Begleitung Ausgang hat, damit er nicht in die früheren Strukturen rutscht.

In diesem Fall wird auch seine Post nicht in der Zelle abgegeben, sondern Moritz‘ Schwester Marie (Jolina Amely Trinks) führt Gespräche mit den Bewährungsbeamten. Im späteren Verlauf der ersten Folge bahnt sich auch an, dass Lenny und Daniel gemeinsam ein Unternehmen gegründet haben, auch das reichte nicht hinter die Gefängnismauern. Gerade mit dem Start der ersten beiden Episoden stellt sich heraus, wie schlecht die Drehbücher funktionieren. Als würde Moritz‘ Vater, der sich um seinen Sohn kümmert, nicht mitbekommen, dass der beste Freund an einem Startup beteiligt sein würde. Moritz ist zwar hinter Gittern, aber der Empfang von linearem Fernsehen (wie dem WDR) oder die Regionalzeitung wäre möglich. Vielleicht musste die Autoren-Gang auch die Geschichte so biegen, damit es einen emotionalen Bruch gibt.

Schließlich erfährt Moritz bei einer Überraschungsparty, dass Daniel und Lenny dick im Geschäft sind. Dafür, dass Moritz für die gesamte Clique hinter schwedische Gardinen ging, bietet ihm das Duo nun zwei Prozent an der neuen Firma. Doch warum möchten die beiden auch nur so kleine Firmenanteile abgeben? Eine wirkliche Erklärung kann die Serie nie bieten. Es führt lediglich dazu, dass sich Moritz veräppelt vorkommt und das Unternehmen von Innen neu aufstellen möchte.

Gerade mit der zweiten Hälfte der zweiten Folge beginnt die vierte Staffel von «How to Sell Drugs Online (Fast)» wieder Spaß zu machen. Immerhin sind die üblichen Einführungselemente (Was macht Moritz im Knast? Was ist seine Intension so die Arbeiten? Etc.) endlich offengelegt, damit die übrige Geschichte in rund vier Episoden erzählt werden kann. Nach der ersten Staffel, die deutlich rasanter war, könnte man sich auch ein schnelleres Storytelling vorstellen.



Dennoch führen die finalen Folgen in ein gutes Finale, das sich wirklich sehen lassen kann. Nicht nur die verschiedenen Storylines finden ein gemeinsames Ziel, auch folgen keine weitere Logiklöcher in der Serie. Vor allem die vorletzte Szene in der Wüste ist mehr als gelungen. Mehrere Figuren bekommen auch endlich ein wenig Storytime, schließlich ist Lennys Freundin Kira (Lena Urzendowsky) sonst nur Beiwerk. Auch bei der Figurenausgestaltung hat man sich reale Vorbilder geholt, wie Dan, der als Startup-Chef an Joachim Winterscheidt erinnert. Bis zum Ende werden zahlreiche Irrungen und Wendungen aufgedeckt.

Viel zu wenig Sendezeit erhält Melodie Simina als Amira. Die Polizistin aus der Cybereinheit moderiert mit ihrem Kollegen Kämper einen True-Crime-Podcast. Doch das ist das Problem, wenn man nur sechs Episoden mit einer Laufzeit bis maximal 40 Minuten zur Verfügung hat. Die Geschichte hat so viele Darsteller, dass die finalen vier Episoden wahnsinnig gehetzt wirken. Man hätte die eine oder andere Geschichte besser erzählen können, dafür hätte man die Hälfte der Handlung in den ersten beiden Episoden zusammenschneiden können. Sebastian Colley und Philipp Kässbohrer haben dennoch eine gute vierte Staffel geschrieben.

«How to sell drugs online (fast)» ist seit 8. April bei Netflix abrufbar.

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