Als Judith (Julia Koschitz), die selbstbewusste Inhaberin eines traditionellen Lampengeschäfts in Wien, im Supermarkt Hannes (Manuel Rubey) kennenlernt, scheint sie einen Glücksgriff gemacht zu haben: Der smarte Architekt überschüttet sie schnell mit Liebe. Judiths Familie, vor allem Ihre Mutter Edith (Barbara Auer) und ihr Freundeskreis überschlagen sich vor Begeisterung für den „perfekten Mann“. Anfangs genießt Judith die große Aufmerksamkeit, die er ihr schenkt. Doch immer wieder überschreitet er Grenzen, die sie ihm setzt. Sie fühlt sich unter Druck gesetzt, von ihm erdrückt und greift immer häufiger zu Medikamenten. Als bei einer Reise nach Venedig Unverzeihliches passiert, versucht Judith, sich von Hannes zu trennen. Doch er weigert sich, aus Judiths Leben zu verschwinden und bringt ihr Umfeld auf seine Seite. Hannes verfolgt sie bis in ihre Träume – oder sind Tabletten, psychische Manipulation und sexuelle Übergriffe ihre neue Realität? Zunehmend isoliert sind ihr Jugendfreund Gerd (Stefan Rudolf) und ihre Assistentin Bianca (Mara Romei) die einzigen, die ihr glauben.
Was hat Sie an Daniel Glattauers Roman «Ewig Dein» besonders fasziniert und dazu bewogen, die Geschichte als Film zu inszenieren?
Ich finde Daniel Glattauer ist ein sehr genauer Beobachter. Er beschreibt mit einer erschütternden Leichtigkeit das Grauen einer toxischen Liebe. Und als Filmemacherin schätze ich die Differenziertheit der einzelnen Figuren.
Wie haben Sie die Balance zwischen Psychothriller und realistischem Beziehungsdrama gefunden?
Es war immer unser Ziel – von den ersten Besprechungen an – da eine Balance zu finden, die wie auf einem schmalen Grat beide Elemente verbindet und die Hauptfigur Julia schwankend über diesen Grat schickt. Genauso sollen auch die Zuseher:innen keine Gewissheit haben: Was ist Wirklichkeit oder passiert es doch in ihrem/unsrem Kopf?
Judith durchlebt eine intensive emotionale Achterbahnfahrt – wie haben Sie mit Julia Koschitz zusammengearbeitet, um diese komplexe Figur authentisch darzustellen?
Da half bestimmt die literarische Vorlage von Daniel Glattauer. Zusätzlich ist Julia Koschitz eine unglaublich genaue Darstellerin, die sich gewissenhaft auf ihre Rolle vorbereitet. Dadurch verleiht sie der Figur alleine mit ihrer Vorbereitung eine Tiefe und Vielschichtigkeit. Das fand ich sehr beeindruckend, als Regisseurin ist das wie ein Geschenk, das dir von der Darstellerin überreicht wird.
Hannes‘ Manipulation ist subtil, aber zunehmend bedrohlich. Wie haben Sie diese Dynamik inszeniert, um das Publikum in Judiths Perspektive eintauchen zu lassen?
Wir haben uns bei Hannes entschieden, dass es interessanter ist, ihn freundlich auftreten zu lassen, seinen Charakter als sehr gewinnend zu inszenieren. Er versucht nicht nur Judith zu erobern, sondern mit ihr auch das Publikum. Hannes ist Narzisst, er beginnt mit Love Bombing: Er überschüttet Julia mit Aufmerksamkeit, macht sie zum Mittelpunkt seiner Welt. Sie fühlt sich dadurch gesehen und unglaublich geschmeichelt – genau das, was diese Taktik bewirken soll. Denn für den Narzissten geht es dabei um mehr als Zuneigung: Er braucht Bestätigung und Bewunderung wie Luft zum Atmen. Doch als Julia ihn später zurückweist und sich abzugrenzen versucht, begeht sie – aus seiner Sicht – den Kardinalfehler. Sie entzieht ihm die Quelle seiner Selbstaufwertung. Was für sie ein natürlicher Akt der Selbstbehauptung ist, empfindet er als tiefe Kränkung. Und genau diese Kränkung entfesselt das Zerstörerische in ihm.
Welche Bedeutung hatten die verschiedenen Drehorte – insbesondere Wien und Venedig – für die Stimmung des Films?
Gerade die Schönheit gewisser Drehorte, die im Gegensatz zu dem psychologischen Grauen innerhalb der Geschichte stehen, waren entscheidend für die visuelle Gegensätzlichkeit. Venedig als Drehort ist ein optisches Geschenk, weil Venedig einfach umwerfend ist. Wir haben außerdem einen sehr schönen Hof im Burgenland gefunden und auch den Neusiedlersee für uns entdeckt. In Wien gibt es ein Lustergeschäft von der Familie Lobmeyr, wo wir verhältnismässig lange gedreht haben. Die gläsernen, glänzenden, zerbrechlich wirkenden Luster waren entscheidend in der visuellen Vorbereitung, um eine Übersetzung für Julias Brüchigkeit zu finden.
Der Film behandelt auch psychologische Manipulation und emotionale Abhängigkeit. Welche Botschaft wollten Sie in diesem Zusammenhang vermitteln?
Das Thema toxische Liebe und die damit einhergehende Gefahr vor allem für Frauen ist stark verbreitet. Es geht auch darum, eine Achtsamkeit und Wachsamkeit zu erzeugen. Nur was man benennen kann, kann zur Anzeige gebracht werden.
Wie lief die Zusammenarbeit mit dem ZDF und ORF ab? Gab es spezielle Vorgaben oder Freiheiten bei der Umsetzung?
Was sowohl für ZDF als auch ORF wichtig war, war die Darstellung der weiblichen Hauptfigur, gerade wegen der Themen, die in der vorherigen Frage angesprochen wurden.
Wie haben Sie mit Freya Stewart das Drehbuch adaptiert, um die literarische Vorlage filmisch erlebbar zu machen?
Freya Stewart hat das Drehbuch unabhängig von mir geschrieben, als ich dazu gestoßen bin, war es bereits fertig. Ich habe im Zuge der Probenarbeiten Adaptionen am Drehbuch vorgenommen, wie ich es bei all meinen Arbeiten tue, da ich finde, dass die Gedanken und Zugänge der Darsteller:innen die Drehbücher vertiefen.
Verraten Sie uns doch, wie Sie den Spannungsbogen des Films so gestaltet haben, um die Eskalation in Judiths Beziehung mit Hannes möglichst intensiv darzustellen?
Wir bleiben sehr lange in Judiths Perspektive, bis wir uns irgendwann auch Hannes’ Vergangenheit enthüllen und preisgeben, dass er ein Wiederholungstäter ist. Dieses Element verstärkt die Bedrohung für uns als Beobachter:innen, weil wir ab diesem Moment wissen, in welcher Gefahr Judith ist.
Gab es während der Dreharbeiten besondere Herausforderungen oder Momente, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Der Dreh in Venedig wird sicher für immer in Erinnerung bleiben. Wir haben sehr früh begonnen, um die Stadt möglichst leer zu erzählen. Und so in der aufgehenden Sonne mit der Gondel zu fahren, hat etwas Magisches.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
Das ZDF strahlt «Ewig Dein» am Montag, den 14. April 2025, um 20.15 Uhr aus. Der Film ist bereits in der ZDFmediathek abrufbar.
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