Debatte

Ohne Müller verliert der FC Bayern seine Identität

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Thomas Müller und der FC Bayern – das war jahrzehntelang gelebte Vereinstreue, Emotion und Identifikation.

Thomas Müller und der FC Bayern – das war bislang mehr als nur ein Spieler und ein Klub. Es war eine Symbiose, ein Leuchtturm der Identifikation in einem zunehmend durchkommerzialisierten und entfremdeten Fußballgeschäft. Nun steht offenbar die Trennung bevor – und das ausgerechnet in einer Phase, in der sich der deutsche Rekordmeister ohnehin am medialen und sportlichen Abgrund entlanghangelt. Dass Müller den Verein verlässt – ob freiwillig oder durch fehlendes Vertrauen in seine Person – ist ein medienpolitischer Super-GAU für die Bayern.

Müller ist Bayern. Nicht „war“. Seine Loyalität, seine Authentizität, seine Ecken und Kanten, sein bayrischer Humor und sein aufopferungsvoller Einsatz haben ihn zu einem der letzten echten Vereinsgesichter im deutschen Fußball gemacht. Wenn so jemand geht, verliert der Verein nicht nur einen verdienten Spieler – sondern seine Seele. Andere Clubs beneiden die Münchner seit Jahren darum, dass sie mit Müller einen Spieler haben, der nicht nur sportlich abliefert, sondern auch medial ein Trumpf ist: nie langweilig, immer klar in der Haltung, oft auch unbequem – aber immer ehrlich. Solche Typen fehlen zunehmend. Und man lässt sie ziehen?

Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt: Müller hätte beim FC Bayern seine Karriere beenden müssen. Er ist kein Wandervogel, er ist kein Söldner. Ein Spieler dieser Prägung verdient ein Karriereende mit Applaus in der Allianz Arena, nicht mit einer leisen Verabschiedung im Sommer, während sich das Management in Ausflüchten verliert. Die aktuelle Entwicklung zeigt einmal mehr, wie sehr sich der FC Bayern von seinen Wurzeln entfernt hat.

Denn wer trägt die Verantwortung für diesen potenziellen Fehler? Sportdirektor Max Elbert hat sich in seiner bisherigen Amtszeit vor allem dadurch hervorgetan, dass er wenig präsent ist – weder in sportlichen Statements noch in strategischen Entscheidungen. Ein Sportchef beim FC Bayern braucht Rückgrat, Haltung, Vision – und ein Gefühl für die DNA des Vereins. Bei Freund vermisst man all das. Die Kaderplanung wirkt planlos, der Kader unausgewogen, der Trainerposten wackelt. Und nun wird auch noch einer der letzten Ankerpunkte infrage gestellt? Das ist mehr als ein Betriebsunfall. Es ist ein strategisches und kommunikatives Versagen.

Gerade in einer Zeit, in der Fans sich nach Identifikationsfiguren sehnen und die Bindung zum Verein oft nur noch über Social Media und Merchandise besteht, ist ein Spieler wie Thomas Müller Gold wert. Seine Präsenz auf dem Platz, sein Humor vor den Kameras, seine klare Meinung in Interviews – all das ist unverzichtbar. Und ja: Auch medienpolitisch. Müller war stets ein Garant dafür, dass der FC Bayern nicht zu einem emotionslosen Hochglanzprodukt verkommt. Wenn selbst dieser Faktor nicht mehr zählt, wenn selbst die mediale Strahlkraft eines solchen Spielers nicht mehr reicht, um ihn zu halten, dann muss man sich fragen, wer in München eigentlich die großen Entscheidungen trifft – und warum.

Hinzu kommt: Die Fans wollen Müller behalten. Und das laut und deutlich. Wer auf Social Media schaut, erkennt schnell, wie emotional und heftig auf die Meldungen zur möglichen Trennung reagiert wird. Die Bayern haben sich immer als Verein der Fans inszeniert – dann wäre es jetzt auch an der Zeit, zuzuhören. Identifikation entsteht nicht durch Titel. Sondern durch Spieler, die eine Geschichte erzählen. Thomas Müller ist diese Geschichte.

Die Trennung – wenn sie denn kommt – wäre mehr als ein sportlicher Wechsel. Sie wäre ein symbolischer Bruch. Und ein folgenschwerer Fehler. Max Eberl hat sich einst unter Tränen verabschiedet – diesmal sollten die Bayern-Fans weinen, wenn sie sehen, was er aus ihrem Verein macht.

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