
Ein entscheidender Faktor gegen die breite Adaption von Elektroautos ist der Kaufpreis. Während für Menschen mit höherem Einkommen ein E-Auto eine mögliche Alternative darstellen kann, bleibt es für viele in der unteren bis mittleren Einkommensschicht finanziell unerreichbar. Selbst sogenannte Einsteiger-Modelle wie der VW ID.3 starten aktuell bei rund 39.000 Euro – trotz Rabatten und gelegentlicher Herstelleraktionen. Im Vergleich dazu ist ein konventioneller Kleinwagen mit Verbrennungsmotor wie ein VW Polo ab etwa 21.000 Euro erhältlich. Ein Preisunterschied, der sich selbst mit staatlicher Förderung nur bedingt ausgleichen lässt.
Zwar gab es in den vergangenen Jahren staatliche Kaufprämien, doch diese wurden 2023 stark gekürzt bzw. ganz gestrichen. Sie kamen vor allem jenen zugute, die sich ohnehin ein neues Fahrzeug leisten konnten. Für Menschen mit geringem Einkommen, die auf den Gebrauchtwagenmarkt angewiesen sind, bleibt das Elektroauto meist unerschwinglich. Laut dem ADAC lag der durchschnittliche Preis für ein gebrauchtes E-Auto im Jahr 2023 bei rund 32.000 Euro – Tendenz sinkend, aber weiterhin hoch. Hinzu kommt: In sozial schwächeren Stadtvierteln mit dichtem Altbaubestand und geringen Einkommen – wie etwa Grombühl in Würzburg oder Berlin-Wedding – sind Elektrofahrzeuge wie Teslas selten anzutreffen. Das ist nicht nur persönliche Beobachtung, sondern wird durch Erhebungen wie den DAT-Report 2023 bestätigt, der zeigt, dass E-Autos in einkommensstärkeren Regionen deutlich häufiger zugelassen werden.

Das Problem verschärft sich, da die Anzahl an Elektrofahrzeugen weiter steigt, der Ausbau der Ladeinfrastruktur jedoch hinterherhinkt. In Innenstädten gibt es oft keine durchdachte Planung zur Integration von Ladesäulen in das bestehende Straßenbild. Wer abends einen Ladeplatz sucht, steht mitunter buchstäblich vor verschlossenen Schranken – nicht selten sind Ladeplätze blockiert oder gar nicht vorhanden. Der Gedanke, morgens nicht zur Arbeit zu kommen, weil der Akku leer ist, wirkt für viele abschreckend. Das Verständnis des Arbeitgebers dürfte sich in Grenzen halten – ein weiterer Grund, warum viele weiterhin lieber auf den altbewährten Verbrenner setzen.
Auch die Kostenstruktur ist problematisch: Wer zu Hause laden kann, zahlt im Schnitt etwa 30 Cent pro Kilowattstunde. An öffentlichen Ladesäulen hingegen sind Preise von 55 bis 79 Cent/kWh keine Seltenheit. Ein durchschnittliches E-Auto mit einer 50-kWh-Batterie verursacht somit bei öffentlichem Laden Kosten von rund 35 Euro für eine Vollladung. Damit kommt man – je nach Modell – etwa 300 Kilometer weit. Ein vergleichbarer Benziner, der auf 6 Liter pro 100 km kommt, schafft für denselben Betrag mehr als 500 Kilometer. Das Preisargument kippt somit vor allem für all jene, die auf öffentliches Laden angewiesen sind.
Neben den Kosten ist auch die Ladezeit ein kritischer Punkt. Während das Tanken eines Benziners in 3 bis 5 Minuten erledigt ist, dauert eine Vollladung an einer gewöhnlichen AC-Ladesäule 6 bis 10 Stunden. Selbst an Schnellladesäulen vergehen oft 30 bis 45 Minuten – eine Zeit, die sich nicht jeder Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit leisten kann. Vor allem in ländlichen Regionen, in denen die Schnellladeinfrastruktur noch spärlicher ausgebaut ist, sind Wartezeiten vorprogrammiert.
Viele Medien berichten über Elektromobilität, als sei sie die zwangsläufige Zukunft des Individualverkehrs. Dabei werden die praktischen Probleme und finanziellen Hürden oft nur am Rande thematisiert. Es braucht mehr kritischen Journalismus, der nicht nur die Vision der E-Auto-Zukunft präsentiert, sondern hinterfragt, ob und wie diese Zukunft für alle Bevölkerungsschichten überhaupt erreichbar ist.
Der Fokus sollte dabei nicht nur auf technischen Innovationen liegen, sondern vor allem auf der sozialen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit. Für viele Deutsche ist das Elektroauto keine realistische Alternative, solange es preislich und infrastrukturell keine gleichwertige Option zum Verbrenner darstellt. Ohne massive Veränderungen in der Preisgestaltung, dem Ausbau der Ladeinfrastruktur und sinkenden Stromkosten bleibt die flächendeckende Elektromobilität eine Zukunftsvision, die mit der Lebensrealität vieler Menschen wenig zu tun hat.
Es drängt sich die Frage auf: Brechen die E-Auto-Verkäufe von Herstellern wie Tesla, BMW oder Volkswagen möglicherweise auch deshalb ein, weil der Markt für diese Produkte in ihrer jetzigen Form nicht existiert – oder nie existiert hat? Medien suggerieren derzeit gerne die grüne Utopie der elektrischen Fortbewegung – doch der Weg dorthin ist nicht nur steinig, sondern vielfach blockiert.
Kritischer Journalismus darf auch gute Ideen hinterfragen – und Elektromobilität ist zweifellos eine davon. Vielleicht lohnt es sich, den Fokus wieder stärker auf Konzepte wie das Ein-Liter-Auto zu lenken, die Effizienz in den Mittelpunkt stellen. Auch die Sinnhaftigkeit übergroßer SUVs und die zunehmende Elektronik mit Features, die kaum genutzt werden, sollte öffentlich diskutiert werden. Denn wer morgens den Berufsverkehr beobachtet, sieht: Die meisten Menschen fahren alleine in überdimensionierten Fahrzeugen zur Arbeit. Wäre es da nicht an der Zeit, dass Medien vermehrt den Kauf sparsamer Kleinwagen thematisieren?
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel