
Zwanzig Jahre später allerdings wirkt die Serie nicht mehr ganz so energiegeladen wie beim großen Comeback. Hinter den Kulissen rumort es gewaltig – so sehr, dass man meinen könnte, das Drama abseits der Kamera verdiene eine eigene Serie. Und diese hätte zweifellos Potenzial.
Pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum – sofern man 2005 als neuen Startpunkt zählt – mehren sich Berichte, dass Ncuti Gatwa, der 15. Doctor, bereits nach nur zwei Staffeln ausgestiegen sei. Mehr noch: Seine Abschiedsszene soll bereits im Kasten sein. Sollte sich das bestätigen, wäre es ein herber Rückschlag für eine Serie, die ohnehin mit einer Identitätskrise zu kämpfen hat.
Doch Gatwas möglicher Abgang ist nur ein Teil des Problems. Auch über die Zukunft hinter der Kamera wird spekuliert. Im Gespräch als neuer Showrunner: Toby Whithouse – Schöpfer von «Being Human» und erfahrener Genre-Autor, der bereits Episoden für «Doctor Who» und «Torchwood» beigesteuert hat. Eine kompetente Wahl, zweifellos. Doch wäre das nicht ein erstaunlich schneller Kurswechsel, nachdem die Rückkehr von Russell T Davies eben erst mit der Euphorie über eine neue, vermeintlich goldene Ära gefeiert wurde?
Davies' Rückkehr wurde von den Fans mit riesigen Erwartungen begleitet. Davies hat vor 20 Jahren den Doctor nach seiner 1989 verordneten Zwangspause zurück auf die Bildschirme gebracht und neu definiert, ohne seine Geschichte zu ignorieren. Mehr noch als das aber hat er narrativ den Doctor auf ein ganz neues Podest erhoben. Davies` Jahre waren goldene Jahre.

Chibnall wurde vielfach dafür kritisiert, die Serie mit seiner ersten Staffel inhaltlich desaströs gestartet zu haben. Und Whittaker – die erste Frau in der Hauptrolle – konnte trotz starker Ambitionen nie wirklich als zentrale Figur der Serie überzeugen. Die Inszenierung wirkte zögerlich, ihr Doctor blieb blass. Der von vielen erhoffte frische Impuls blieb aus.
Für die BBC ist der aktuelle Zustand der Serie problematisch. Und auch bei Disney+, dem internationalen Distributionspartner der neuen «Doctor Who»-Staffeln, dürften die aktuellen Entwicklungen für Unruhe sorgen. Der Streamingdienst des US-Mediengiganten hatte tief in die Taschen gegriffen, um sich die weltweiten Rechte zu sichern. Offizielle Zahlen wurden nie kommuniziert, doch es ist von einem Millionenbetrag auszugehen. Wenn die Marke «Doctor Who» nun ausgerechnet im Heimatmarkt an Zugkraft verliert, dürfte dies auch international nicht ohne Folgen bleiben. Damit stellt sich erneut die Frage: Steht «Doctor Who» an einem kreativen Wendepunkt – oder bereits am Abgrund?

Die darauffolgenden Chibnall-Whittaker-Jahre markierten eine Phase des kreativen Niedergangs. Die Serie verlor ihre erzählerische Tiefe zugunsten moralischer Botschaften, die oft zu plakativ präsentiert wurden. Statt mit Komplexität und Charakterentwicklung zu fesseln, wirkten viele Folgen belehrend und eindimensional. Die einst so meisterhaft austarierte Verbindung von Gesellschaftskommentar und unterhaltsamem Erzählen ging verloren.
Die Kritik an einer zunehmenden Politisierung von «Doctor Who» – häufig unter dem Schlagwort „Wokeness“ diskutiert – ist nicht aus der Luft gegriffen, auch wenn manche Debatten mit überzogener Schärfe geführt werden. Unbestreitbar ist jedoch: In den jüngeren Staffeln wurde Diversität vielfach betont, ohne sie stets organisch in die Erzählstruktur einzubetten. Haltung ersetzte zu oft Handlung, Repräsentation stand nicht selten über Charakterentwicklung.


Während sich die Tardis weiterhin durch das Universum bewegt, brodelt es hinter den Kulissen: Personalien, Gerüchte, Spekulationen – vieles ist im Fluss. Einige der in diesem Text verarbeiteten Informationen könnten schon bei Erscheinen überholt sein. Doch die eigentliche Sorge bleibt aktuell: Die nun angelaufene Staffel könnte sich als eine der entscheidenden in der Geschichte von «Doctor Who» erweisen. Eine Schicksalsstaffel – mit ungewissem Ausgang.
PS: Disney+ rückt leider keine Klickzahlen raus. Die neue Staffel ist auf Disney+ zu sehen.
PS 2: Das Weihnachtsspecial hat auf dem BBC iPlayer-Stream immerhin sieben Millionen Haushalte erreicht.
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