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Begonnen hatte alles Ende Februar 2005. Sat.1 nahm als erster Privatsender eine eigenproduzierte Telenovela, also eine Liebesgeschichte mit garantiertem Happy End, ins Programm auf. Alexandra Neldel spielte darin die Hauptrolle und verkörperte Lisa Plenske, ein Mädchen aus Göberitz, das nach Berlin kommt und im Modeunternehmen Kerima anheuert. Schon am ersten Tag verliebt sie sich in David Seidel, der aber leider bereits schon vergeben ist. Lisa selbst hat aber kaum Chancen bei David, was nicht zuletzt an ihrer großen Brille, der Zahnspange und ihrer molligeren Figur liegt.
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Sat.1 ist aber auch auf einem anderen Gebiet ein Vorreiter: Noch nie wurde in einer Telenovela in Deutschland eine Fortsetzung nach der Hochzeit der ersten Hauptperson angeboten: Wie groß ist das Risiko, das da mitschwingt? „Das kann man verschieden bewerten“, lautet die Antwort aus Berlin. Tatsache sei, dass «Verliebt in Berlin» ein großes Fanpublikum habe und diese Menschen zumindest daran interessiert seien, wie es in der Welt von Kerima weitergehe und was für ein Typ Lisas Halbbruder sei. „Eine neue Telenovela oder Daily Soap muss sich einen Fanstamm immer erst aufbauen. Hier hat die Fortsetzung von «Verliebt in Berlin» einen deutlichen Vorteil“, so Kristina Faßler im Gespräch mit unserer Redaktion. Ein Vorteil gegenüber der neuen RTL-Soap «Alles was zählt». Eines kann Kristina Faßler den Fans versprechen – langweilig wird’s in der Welt von Kerima auch im nächsten Jahr nicht: „Wir haben bei der Entwicklung der Geschichte sehr darauf geachtet, dass wir Neues bieten, dass neue spannende Geschichten sich entwickeln, aber dass auch die vertraute Welt erhalten bleibt. Das war auch in den vergangenen 1,5 Jahren das Erfolgsrezept von «Verliebt in Berlin» und das soll so bleiben.“ Die alles entscheidende Frage wird sein: Wie viele Menschen lassen sich auf die neue Liebesgeschichte zwischen Bruno und Nora ein? Die Antwort erhalten wir am Dienstagmorgen.
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„«Alles was zählt» kommt genau zum richtigen Zeitpunkt und mit großer gesellschaftlicher Relevanz: zwei Familien, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, arm und reich, Arbeits- und Privatwelt, Intrigen und Humor und eine wunderbare Liebesgeschichte zeigen soziale Realität und geben uns Raum zum träumen,“ erklärt RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger. Besonders stolz sei er, ein starkes Ensemble gefunden und starke Geschichten entwickelt zu haben. Die Hauptrolle der 23-jährigen Diana Sommer übernimmt Tanja Szewczenko, die mehrmals deutsche Meisterin im Eiskunstlauf war und zudem reichlich Soap-Erfahrung hat: Von 2002 bis 2005 spielte sie eine Hauptrolle in der RTL-Soap «Unter uns».
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Auch der Ort an dem die Geschichte spielt, unterscheidet sich deutlich von anderen Formaten, die bislang in München, Köln oder Berlin beheimatet waren. «Alles was zählt» erzählt jedoch vom Leben in Essen – und das, obwohl in Köln gedreht wird. „Das Ruhrgebiet ist mit rund 5,3 Millionen Einwohnern einer der größten Ballungsräume Europas, hat Tradition und Moderne, Wohlstand und Konflikte. Es ist das lebensnahe Setting unserer Geschichte um zwei Familien, arm und reich, Arbeits- und Privatwelt“, begründet Sänger die Entscheidung, die Soap in Essen anzusiedeln. In Köln-Ossendorf werde gedreht, weil der Sender dort die nötigen Studio-Kapazitäten und das erfahrene Team, das für die aufwändige Produktion einer täglichen Serie erforderlich sei, habe. Diverse Außenaufnahmen werden allerdings in Essen gedreht. „«Alles was zählt» ist nicht künstlich und abgehoben, sondern nah an den Menschen - dafür steht auch eine Region wie das Ruhrgebiet“, verspricht Sänger im Quotenmeter.de-Interview.
Ein Teil des Außensets soll eine Eishalle sein – denn schließlich will Diana hart dafür trainieren, eine gute Eiskunstläuferin zu werden. Auch ihre direkte Konkurrentin in der Liebe und auf dem Eis, Jenny, verbringt einige Zeit ihres Lebens auf dem rutschigen Untergrund. Aus diesem Grund hat sich das Produktionsteam zwei Vormittage in der Woche die Trainingshalle des DEL-Vereins „Kölner Haie“ gemietet. „Wir arbeiten hervorragend zusammen“, resümiert Sänger nach den ersten Wochen. Und gerade in diesem Punkt sieht RTL einen Vorteil zu anderen Produkten des Genres: „Durch die perfekte Logistik und die große Nähe von Studio und Außenlocation hat AWZ einen deutlich größeren Außendrehanteil als vergleichbare Sendungen in diesem Genre“, erklärt Tom Sänger.
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Wemcken hat bereits eine Lösung für Zuschauer, denen die Entscheidung schwer fällt: „Vielleicht werden jetzt wesentlich mehr Fernsehgeräte mit Splitscreenfunktion verkauft“, meint er gegenüber Quotenmeter.de. Probleme dürfte es außerdem beim Daumendrücken geben, denn wenn eine der Serien erfolgreich läuft, könnte die andere stark darunter leiden. Dennoch sieht Rainer Wemcken dieses Problem nicht. Im Gespräch mit Quotenmeter.de zeigte er sich optimistisch: „Wir hoffen natürlich, dass beide Serien über 20 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen liegen und die Zuschauer bei anderen Sendern abholen.“
Seit mehr als 13 Jahren erzählt das Babelsberger Produktionsunternehmen mit Produktionsstandorten in Berlin, Köln, Babelsberg und Budapest nun bereits laufend neue Geschichten und schafft damit für den deutschen und ungarischen TV-Markt erfolgreiche Programmmarken. Spezialisiert auf die Formate Daily Soap, Telenovela und Weekly Drama nimmt Grundy Ufa eine führende Stellung im Bereich der industriellen Serienproduktion in Europa ein.
Dass sowohl «Verliebt in Berlin» als auch die neue Soap «Alles was zählt» Erfolg haben können, glaubt der Geschäftsführer von Grund Ufa schon. Seiner Meinung nach handelt es sich um zwei „komplett unterschiedliche Programmfarben“.
Sollte das Wagnis nach den ersten Folgen sowohl für RTL als auch für Sat.1 aufgegangen sein, dürfte die verantwortliche Produktionsfirma ebenfalls freuen, schließlich wäre man dann bereits für sechs tägliche Serien verantwortlich - von weiteren wöchentlichen Formaten ganz zu schweigen. Dennoch hält sich Rainer Wemcken dezent zurück, wenn es um das Thema „Zufriedenheit“ geht: „Wir sind immer dann zufrieden, wenn unsere Serien gut laufen.“ Reines Auftragsvolumen sei für Grundy Ufa kein Maßstab, beteuert er.
Und so wächst die Spannung weiter - spätestens am Dienstag zeigt sich, ob die gewagte Rechnung aufging. Auch RTL erhofft sich - ähnlich wie Sat.1 - eine Verbesserung am Vorabend. Seit dem Start von «Verliebt in Berlin» musste das tägliche Magazin «Explosiv» deutlich Federn lassen. Das läuft nun übrigens in direkter Konkurrenz zum Sat.1-Pendant «Blitz». Wenn das nicht mal eine gute Abwechslung ist.