Fernsehauftritte sind ein beliebtes Mittel, um für Neuerscheinung kräftig werben zu können. Quotenmeter.de-Redakteur Alexander Krei kommentiert.
Wenn Prominente neue Bücher oder gar ihre Memoiren schreiben, sind sie gern gesehener Gast im täglichen Talkshow-Allerlei der deutschen Fernsehsender. Im besten Falle haben diese Personen dann einen Auftritt am Samstagabend bei Thomas Gottschalk auf dem Sofa der Nation. Wer nur ein bisschen was zu sagen hat, schafft es meistens ganz sicher zu Kerner oder Beckmann an den Holztisch.
Hinter den Kulissen wird um die Gunst des Gasts gebuhlt. Gute Gäste bringen eben gute Quoten, sagt man. Als ganz besonders „gut“ eingeschätzt wird der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, der bald – wie viele andere mehr oder weniger bekannte Namen – seine Werbetour für sein neues Werk antreten wird. Dazu gehört natürlich auch für ihn ein intensives Gespräch vor einem Millionenpublikum. Da er bei seinem Antrittsbesuch in „Wetten, dass..?“ vor einigen Jahren nicht nur positive Rückmeldungen erhielt, muss er diesmal mit dem Holztisch von Beckmann Vorlieb nehmen.
Doch nicht nur ihm wird der zweifache Adoptivvater sämtliche Fragen beantworten, in derselben Woche soll er auch noch in einer anderen ARD-Talkshow einen Auftritt haben. Bei Sabine Christianen setzt der ehemalige Chef der SPD seinen Werbezug durch das öffentlich-rechtliche Fernsehen fort. Um sich jedoch nicht der eventuell durchaus berechtigten Kritik von außen stellen zu müssen, bleibt Schröder der einzige Gast in der sonntäglichen ARD-Show, wie im Übrigen auch schon bei Beckmann.
Da bleibt wenig Raum für Diskussionen und Streitgespräche, vielmehr erhält das Publikum wirklich den Eindruck einer Promotion-Veranstaltung, für die der Gebührenzahler auch noch blechen muss. Doch als ob zwei Stunden eitel Sonnenschein noch nicht ausreichend seien, gestattet Schröder auch dem früheren „Tagesthemen“-Moderator Ulrich Wickert eine Audienz. Thema: natürlich das neue Buch. Weitere Gäste: natürlich Fehlanzeige.
Noch viel schlimmer als die mangelnde Hinterfragung durch kritische Personen, erscheint jedoch eine andere Tatsache. Der Altkanzler gibt lediglich ARD-Stars ein Interview, das ZDF oder gar private Sender bleiben gänzlich außen vor. Nach seiner Abwahl steht Selektion an erster Stelle, daher erscheinen Vorabdrücke seines Buches wohl auch exklusiv in „Bild“ – und damit ausgerechnet in der Zeitung, die der Altkanzler lange Zeit stillschweigend ignorieren wollte, weil ihm die Berichterstattung über seine Person nicht passte.
Gerhard Schröder schleicht sich durch die Medien und bedient sich des mangelnden Rückgrats von Verlegen und Sendern. Auflage und Quoten sind eben in der heutigen Medienlandschaft wichtiger als so mancher kritische Ton.