"Wir haben gute Chancen, auf dem internationalen Markt bestehen zu können." Produzent und teamworx-Chef Nico Hofmann sprach mit Quotenmeter.de über die neue ProSieben-Serie «Verrückt nach Clara» und seine Quotenerwartungen, über Kino in Deutschland und sein persönliches Highlight 2007.
Vergleichen wir die deutsche mit der amerikanischen Serie: Neben diversen Special-Effects bei den US-Formaten fällt vor allem auf, dass die Erzählweise in den Vereinigten Staaten wesentlich dichter ist. Das, was im ZDF am Freitagabend in 60 Minuten erzählt wird, würde «CSI» vermutlich in 30 Minuten abhandeln. Ist das jetzt gut oder schlecht?
Für den US-Markt ist das gut. Ihr Beispiel gilt vor allem auch für die neuen Folgen von «Grey’s Anatomy». Dort werden Geschichten mittlerweile im 90-Sekundentakt erzählt, was ich bedenklich finde. Diese Entwicklung ist der Tatsache geschuldet, dass ein Format in den USA etwa alle zehn Minuten durch Werbung unterbrochen wird. Das heißt, es wird versucht, mit der Erzählzeit das Tempo der Werbeclips zu übertrumpfen (lacht). Auf die Dauer finde ich das problematisch und bin gespannt, ob der deutsche Markt das noch lange mitmacht – bei uns ist das Sehverhalten definitiv eine Spur langsamer.
Eines ist aber klar: Mit zunehmendem Jugendanteil wird sich auch das Sehverhalten in Deutschland in den kommenden fünf Jahren ändern und die deutschen Programme werden sich beschleunigen, auch durch die veränderte Wahrnehmung, die das Internet bereits ausgelöst hat. «Verrückt nach Clara» ist beispielsweise extrem schnell erzählt. Ich bin selbst gespannt, wie dieses Tempo angenommen werden wird.
Wird der Look von «Verrückt nach Clara» amerikanisch sein?
Der Look ist sehr modern. Das liegt vor allem daran, dass unser Team zwischen 25 und 32 Jahre alt ist. Der Regisseur Sven Bohse ist beispielsweise erst 28 Jahre alt. Die Serie kommt städtisch und cool `rüber – mir gefällt das sehr. Sie zeigt Berlin im Jahr 2006 und sieht eigentlich nicht wirklich deutsch aus.
Roger Schawinski und auch viele andere Fernsehmacher bemühen sich derzeit, eine neue Generation der deutschen Serie auf den Markt zu bringen. Eine Generation, die mit den US-Formaten mithalten kann. Ist «Verrückt nach Clara» möglicherweise das erste Format dieser Generation?
Ja, ich bin mir sicher, Roger Schawinski würde die Serie gefallen, Bei «Verrückt nach Clara» gab es eine klare Vorgabe von uns, wie die Serie aussehen soll. Ich habe auch die Besetzung und die Regieauswahl stark mitbestimmt. Man sieht dem Produkt an, dass alle technischen Details, die Kameraführung und die Schnitte einer Linie folgen. Der Look, das Feeling und die Besetzung können durchaus mit der Ästhetik amerikanischer Serien mithalten.
Welche Quoten erhoffen Sie sich?
Das ist schwer zu sagen. Ich habe gehört, dass «Post Mortem» ab der zweiten Woche gegen uns laufen wird. Ich rechne dennoch für „Verrückt nach Clara“ mit Quoten, die deutlich über dem Senderschnitt liegen. Bislang wollte jeder, der die erste Folge gesehen hat, sofort mehr sehen. Ich hoffe, dass dieser Sog auch beim Fernsehzuschauer eintreten wird.
Anderes Thema: Wie schwer haben es deutsche Produktionen auf dem internationalen Markt? Eine Zeit lang waren vor allem Produktionen über die Nazi-Zeit angesagt...
Wir haben gute Chancen, auf dem internationalen Markt bestehen zu können. Das betrifft nicht nur historische Themen, sondern auch Event-Mehrteiler wie «Tornado» und «Auf der Jagd nach dem Schatz von Troja», an denen auch das Ausland großes Interesse zeigt.
Bei allen Formaten, die Sie angesprochen haben, geht es zwar in erster Linie um das Highlight des Films, also zum Beispiel um den Tornado. Aber es geht zu großen Teilen auch um eine Liebesgeschichte. Könnten solche Filme auch ganz ohne diesen Herz-Schmerz-Themen erfolgreich sein?
Man kann auf die Themen Liebe und Gefühl grundsätzlich nicht verzichten. Die Dreiecksgeschichte gab es übrigens sogar schon vor Casablanca. Einen großen emotionalen Anteil braucht eine Story in jedem Fall, auch wenn es nicht immer eine Dreiecksgeschichte sein muss.
Für Sat.1 haben Sie «Auf der Jagd nach dem Schatz von Troja» produziert. Wissen Sie schon, wann der Film zu sehen sein soll?
Der Film wird voraussichtlich im ersten Quartal 2007 gesendet werden. Ich bin mir sicher, dass Sat.1 mit Matthias Alberti als neuem Geschäftsführer einen guten Termin finden wird.
Wer ins Kino geht, den beschleicht manchmal das Gefühl, dass es den Kinos auch schon einmal besser ging. Liegt das möglicherweise auch daran, dass dank «Dresden» und Co. großes Kino immer häufiger direkt ins Wohnzimmer kommt?
Dem deutschen Film geht es wieder sehr viel besser, was die Besucherzahlen deutlich zeigen. Wir haben das einigen sehr gut gemachten Produktionen zu verdanken wie «Deutschland. Ein Sommermärchen» von Sönke Wortmann. Auch «Das Parfum» erzielte sensationelle Zuschauerzahlen und «Wo ist Fred?» läuft derzeit ebenfalls überaus ordentlich. Ich beobachte eindeutig einen Trend zum populären Kino. Es ist nicht nur wichtig, Liebling des Feuilletons zu sein, sondern auch das Publikum zu erreichen.
Wenn ich mir überlege, wie groß die Kluft zwischen Medienkritik und dem Publikumsgeschmack mittlerweile geworden ist – beispielsweise bei der Bewerbung Bernd Eichingers „Das Parfüm“ – dann frage ich mich, warum sich einige Kritiker nicht selbst einmal kritisch unter die Lupe nehmen.
Ein aktuelles Projekt setzt sich mit Helmut Kohl auseinander. Mit ihm haben Sie wohl das längste Interview der Geschichte geführt?
Das Interview ging über acht Wochenenden. Es ist somit das längste Kohl-Interview, das es gibt und Teil der redaktionellen Vorbereitung für ein Doku-Drama. Angesichts der ausführlichen Interviews hat sich das ZDF gemeinsam mit uns dafür entschieden, zwei Filme zu produzieren – einen langen Interviewfilm mit Helmut Kohl und ein Doku-Drama, das wir demnächst schauspielerisch besetzen werden. Als Drehstart ist Juni 2007 angedacht.
Auf welches Event freuen Sie sich im Jahr 2007 am meisten?
Das wichtigste Event haben Sie vergessen: «Die Flucht» mit Maria Furtwängler. Das ist im Moment der Film, mit dem ich an «Dresden» anschließen will – er behandelt ein extrem relevantes Thema und ist überaus emotional gemacht. Ich wünsche mir für den Film noch einmal Reichweiten, wie wir sie bei «Dresden» hatten.
Sie gelten als Deutschlands fleißigster Produzent – bleibt da bei so vielen Produktionen im Jahr überhaupt noch Zeit für Privatleben?
Im vergangenen Jahr haben wir fünf große Events produziert. Da bleibt dann keine Zeit für Privatleben (lacht).
Kurze Antwort…
Ich bin an einem Punkt angekommen, an dem ich erkennen muss, dass auch ich nicht jünger werde.
Letzte Frage: Wir haben schon über Ihren Nachwuchspreis First Steps gesprochen. Wie geht es denn dem Filmnachwuchs in Deutschland? Was macht beispielsweise einen guten jungen Regisseur aus?
Willensstärke, körperliche Robustheit, ein eigener Kopf, eine gewisse Radikalität und großes handwerkliches Können – das sind Punkte, die ein guter junger Regisseur haben sollte. Wir haben an der Filmakademie Baden-Württemberg mittlerweile ein sehr heftiges Aufnahmeverfahren entwickelt. Von insgesamt 500 Bewerbungen sind allein 300 für das Fach Regie, von denen wir nur acht Kanditaten nehmen. Das ist eine sehr toughe Auswahl. Es gelingt uns immer wieder, wirklich gute Leute zu bekommen.
Nicht zuletzt deshalb sind sechs der acht Folgen von «Verrückt nach Clara» unter der Regie von Sven Bohse entstanden, der ebenfalls Absolvent der Filmakademie ist. Mit einem meiner Studenten habe ich gerade beim internationalen Hochschulwettbewerb in München gewonnen – Ludwigsburg macht mir unglaublich viel Spaß und gibt mir auch viel Kraft. Ich habe mit einer jungen Generation zu tun, die an viele Dinge ganz anders herangeht. Wenn mich in meinem Leben etwas wach und lebendig hält, dann sind es die Studenten.
Kurz zum Abschluss auch an Sie kurze und knappe Sonntagsfragen:
Wo schalten Sie sofort weiter?
Bei Homeshopping.
Mit wem würden Sie gerne einmal einen Film drehen?
Ich habe, glaube ich, mit all meinen Wunschkandidaten bereits gedreht.
Und: In welchem Film waren Sie zuletzt im Kino?
In «Wo ist Fred?». Und den fand ich super.
Wir bedanken uns für das Gespräch, Herr Hofmann.