So hatte sich Matthias Alberti seine ersten Tage als Sat.1-Chef mit Sicherheit nicht gewünscht. Zwar dürfte von Anfang an klar gewesen sein, dass die von seinem Vorgänger hinterlassenen Baustellen im Programm nicht einfach behoben werden können - doch ein wenig einfacher hat er es sich mit Sicherheit vorgestellt.
Die Misere beginnt schon vormittags: Zwar hat sich die Verlängerung des «Frühstücksfernsehens» durchaus bezahlt gemacht, wie die Einschaltquoten vom Mittwoch belegen, allerdings erreicht Sat.1 mit aufgewärmten Folgen von «Vera am Mittag» danach nur wenige Zuschauer. Möglicherweise zeigt Alberti die Talkshow nur, um testen zu können, wie sehr das Genre, das Sat.1 früher selbst täglich vier Stunden lang zu Tode sendete, noch beim Publikum ankommt. Eine neue Talkshow am Vormittag wäre sicherlich keine Überraschung mehr.
Doch noch viel schlimmer ist das Problem am hart umkämpften Vorabend, der bis Mitte August 2006 eigentlich völlig problemlos lief und täglich gute Einschaltquoten holte. Doch eine Telenovela war dem damaligen Sat.1-Chef Roger Schawinksi nicht genug und so ging neben der Neuauflage von «Verliebt in Berlin» auch noch «Schmetterlinge im Bauch» spektakulär baden. Für den riskanten Test wurde mit «Lenßen & Partner» das bis dahin einzige erfolgreiche Format um 18:00 Uhr geopfert, wo es seit Dienstag nun auch wieder läuft. Der schnelle Um- oder Rückbau des Vorabends war wohl eine der ersten Amtshandlungen Albertis, doch das schnell vetriebene Publikum zeigte sich in den ersten Tagen bockig und entschied sich lieber für die Konkurrenz.
Wie schnell aus einem Prunkstück ein Tal der Tränen werden kann, belegt außerdem die Primetime am Donnerstag. Wo einst Sat.1 große Erfolge mit «Schillerstraße», «Navy CIS» und «Akte» feiert, klafft heute ein riesiges Loch. Die US-Serien «Without a Trace» und «Numb3rs» - beide aus den Archiven der Senderfamilie stibitzt - sorgten zumindest am Premierentag noch nicht für den erhofften Aufschwung. Eigentlich trat genau das Gegenteil des Erhofften ein: Während die zuletzt zwar deutlich schwächere «Schillerstraße» immerhin noch rund 12 Prozent der 14- bis 49-Jährigen anlockte, hat man den Marktanteil nun nahezu halbiert.
Doppelt schmerzhaft ist allerdings die Tatsache, dass RTL zur gleichen Zeit mit «CSI» wie Phoenix aus der Asche steigt, jeden vierten jungen Zuschauern anlockt und damit eindeutiger Marktführer wird. Zu allem Überfluss sendet Ulrich Meyers «Akte» auf dem neuen alten Dienstags-Platz auf einem schwachen Niveau. Von wahren Quoten-Katastrophen wie «Deal or no Deal» oder gar «You Can Dance!» ganz zu schweigen. Und irgendwie lässt sich die momentane Situation ganz gut mit dem Titel der am Donnerstag gezeigten «Navy CIS»-Folge vergleichen. Der lautete schlicht und einfach: "Willkommen in der Hölle".