Der «Grand Prix» hat – so heißt es – seine eigenen Gesetze. Getreu dieses Mottos fand am Donnerstagabend im Ersten wohl der Vorentscheid statt. Im feierlichen Deutschen Schauspielhaus in Hamburg versammelte sich ein Teil der schillernden Musikwelt, die in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder für Zündstoff und Diskussionen gesorgt hatte. Denn: Kaum ein Wettbewerb bewegt die Menschen mehr als der «Eurovision Song Contest», wie der «Grand Prix» inzwischen heißt.
Im Mittelpunkt der Show standen zwei Namen: Die bei «Popstars» gecastete Band „Monrose“ und der Swing-Sänger Roger Cicero, der letztlich als wirklich überraschter Gewinner nach Hause gehen durfte. Sein – passend zum Frauentag ausgewählter – Song mit dem Titel „Frauen regier’n die Welt“ kam locker daher, Power in der Stimme hat Cicero sowieso. Mehr als die Hälfte aller Anrufer wählte ihn zum Favoriten und – wenn es ganz schlimm laufen sollte in Finnland – auch gleich zum Sündenbock.
Unterdessen brach für die zuletzt so erfolgsverwöhnte Girliegroup „Monrose“ eine kleine Welt zusammen. Trotz guten Auftritts reichte es am Ende nicht für den Fahrschein nach Helsinki, als Alternative war dafür am Ende der Show das große Heulen angesagt. Unprofessionell, mögen einige sagen. Menschlich, meinen wohl die meisten. Die Tränen am Schluss passten in diese Show, die nicht zuletzt dank Moderator Thomas Hermanns zwar emotional war – das jedoch auf eine sympathische Weise. Wem würde man die Liebe zum «Grand Prix» mehr abkaufen, als diesem Mann? Er ist einfach Mr. Grand Prix.
Auch die Couch der „Superfans“ war unterhaltsam besetzt, herrliche Lästereien mit Susanne Fröhlich oder Georg Uecker, der „großen Dame des Grand Prix“, wie Hermanns den Schauspieler zu Beginn des Vorentscheids ankündigte. Große Show-Auftritte gab es ebenfalls: So begeisterte besonders Johnny Logan mit seinen großartigen Grand Prix-Songs, aber auch das Nordeuropa-Trio Gitte Haenning, Wencke Myhre und Siw Malmkwvist legt einen bezaubernden Auftritt hin, der ganz im Stile früherer «Grand Prix» war und dabei keineswegs überzogen wirkte. Positiv fielen zudem die netten Einspieler mit unterhaltsamen Rückblicken auf fünf Jahrzehnte «Grand Prix»-Geschichte ins Gewicht.
Genau so muss ein Vorentscheid sein: Das Motto sollte nicht heißen „Immer lauter, immer moderner“. Gut, dass sich die ARD daran hielt und eine dem «Grand Prix» angemessene Fernsehshow produzierte, bei der sich das Einschalten lohnte. Nur weshalb Heinz Rudolf Kunze am Vorentscheid teilnahm, bleibt wohl schleierhaft. Mit einem Song, dessen Text kaum die oft gehörte Anrede „Rock-Poet“ rechtfertigte. Am Ende ging es für ihn um „Sieg oder Sieg“, übrig blieb ein leicht geknickter Sänger, der ratlos neben „Monrose“ auf der Bühne stand. Gewonnen hat der Richtige, aber ein wenig Zündstoff für Diskussionen muss es schließlich auch in diesem Jahr wieder geben.