Manche Experten sagen, es ist nie gut, wenn ein neuer Chef zuvor schon im Unternehmen gearbeitet hat. Sie plädieren dafür, dass mit ihm ein gänzlich neuer Wind wehen soll. Wäre dies auch im Falle Matthias Alberti bei Sat.1 sinnvoll gewesen? Fabian Riedner und Fabian Böhme diskutieren.
Von Fabian Böhme
Frische Luft ist immer gut – frischer Wind ebenfalls. Dass dieser allerdings nicht immer durch die Geschäftsräume der hiesigen Fernsehanstalten weht, kann man am Beispiel von Sat.1 sehr gut erläutern. Roger Schawinski, der den Sender zwischen 2003 und 2006 leitete, kam als „Neuling“ zu den Berlinern, er hatte vorher keinerlei Erfahrungen bei Sat.1 – und übernahm den Posten des Geschäftsführers. Nach einem gewinnlosen Jahr erwirtschaftete er mit seinen Plänen mehr als 200 Millionen Euro Gewinn. Ein Paradebeispiel für die Floskel „frischer Wind“. Unter seiner Führung erlangte die Telenovela «Verliebt in Berlin» ihren Status als erfolgreichstes Format seines Genres. Sein Start war schwer, es floppte unter seiner Führung «Anke Late Night». Doch mit der Zeit mauserte sich der Sender zunehmend.
Und nun? Matthias Alberti stieg vom Stellvertreter zum Geschäftsführer auf, war also in alle Vorhaben involviert und übernahm Schawinskis Posten zum 1. Januar 2007. An sich eine tolle Sache, denn wer einmal drin ist, hat weniger Probleme, die richtigen Entscheidungen zu treffen – denkt man. Doch seitdem Alberti den Sender führt, landet man einen Flop nach dem anderen. «GSG 9», «Allein unter Bauern» – nur zwei Beispiele aus aktuellem Anlass. Beide Formate können nicht freudig stimmen, die Quoten sind unterhalb des Schnittes.
Anzumerken ist, dass natürlich noch viel aus der Zeit von Roger Schawinski stammt – die Handschrift Albertis wird wohl erst später zur Geltung kommen, wie es einst bei Anke Schäferkordt und der RTL-Führung war. Doch der Sat.1-Geschäftsführer trägt nun die Verantwortung für die vollbrachten Taten. Wäre es sinnvoller gewesen, dass man ein unverbrauchtes Gesicht aus der Medienwelt als neutrale Person ins Boot holt, wie es mit Roger Schawinski geschah? Als Stellvertreter hätte Alberti natürlich auch etwas beizutragen, er kennt sich im Sender aus. Aber eine Führungskraft, die Qualifikationen mitbringt, aber bei Sat.1 völliges Neuland betreten würde, hätte auch seine Vorteile.
So wäre eine unvoreingenommene Haltung zu Formaten, Vorhaben und Planungen mit professionellem Blick fürs Detail sicherlich eine große Hilfe. Doch für Matthias Alberti ist das nicht möglich – er kennt den Sender nunmal in- und auswendig. Ob das immer das Beste ist? Doch trotzdem will man seine Arbeit nicht kritisieren, im Gegenteil: Bisher erwies er einen langen Atem, was Serien angeht, die nicht richtig laufen wollen. Zudem ist – wie schon oben erwähnt – seine Amtszeit recht jung. Seine Entscheidungen werden die Zukunft bestimmen, hoffentlich zugunsten des Senders.
Von Fabian Riedner
Zum 1. Januar 2007 wurde Matthias Alberti neuer Geschäftsführer des Berliner Senders Sat.1. Die Journalisten und Medienexperten erwarten schon seit dem Amtsantritt, dass sich viel am Programm ändert, sodass die Zuschauerzahlen wieder ansteigen. Doch bislang sind die Marktanteile weiterhin dürftig und stimmen in Berlin und Unterföhring niemanden glücklich.
Doch würde es einen Sinn ergeben, auf einen Frischling zu setzen und Matthias Alberti vor die Tür zu werfen? Mit Sicherheit nicht, denn Alberti kennt den Sender sehr gut, er weiß, worauf es im Hause Sat.1 ankommt. Als ehemaliger Unterhaltungschef hat er die Aushängeschilder des Senders mitentwickelt und verantwortet, doch diese Konzepte scheinen nun kaum Anhang mehr zu finden. Ich bin mir allerdings sehr sicher, dass der jetzige Sat.1-Geschäftsführer mit seinen Kollegen an neuen Ideen arbeitet, die auch künftig wieder ein Publikum finden werden. Getreu dem Motto: „Nach jedem Tief kommt ein Hoch“.
Zwar mag ein neuer Geschäftsführer, der von außerhalb der ProSiebenSat.1 Media AG kommt, frischen Wind mitbringen, aber es ist fraglich, ob Sat.1 diesen Wind benötigt. Schließlich wurde dem Sender unter Schawinskis Führung das Kuschel-Image genommen und war stärkster Konkurrent für RTL. Diese Rolle hat mittlerweile wieder ProSieben eingenommen.
Doch die Fernsehzuschauer mussten viele Abstriche hinnehmen, viele Serien wurden eingestellt, die Sat.1 ihr Image gaben. Mittlerweile hat der Sender nur noch neue Serien, diese können aber kein Millionenpublikum reißen. Stattdessen geht es derzeit immer weiter runter, während «Wolffs Revier» und «alphateam» noch akzeptable Quoten holten. Mittlerweile gibt es jedes Jahr drei bis vier neue Serien, wobei so gut wie alle floppen, eingestellt werden und im nächsten Jahr neue Ideen verfilmt werden.
Gerade aus diesem Grund ist Matthias Alberti immer noch der richtige Mann für den Job. Er hält weiterhin „seinen“ Formaten und an guten Ideen von Roger Schawinski fest. Aber Vorsicht: Wenn Alberti versagt, muss wohl auch er den Sender endgültig verlassen.
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