
Quotenmeter.de-Experte und Ex-Producer von «GZSZ», Tim Greve, erklärt, warum die Serie «Ahornallee» derzeit nicht funktioniert:

Die alles entscheidende Frage ist, ob die behaupteten Figuren in ihrer Filmwirklichkeit eine ausreichende Glaubwürdigkeit besitzen, ob die Geschichten spannend genug erzählt sind und die Serie filmisch adäquat umgesetzt ist. Beste Beispiele dafür sind die überzeugenden Quoten von «Alles was zählt», andererseits die Quotenverluste, als Alexandra Neldel «Verliebt in Berlin» das erste Mal verließ.
RTLs Entscheidung, eine weitere tägliche Serie in sein Programm zu nehmen, halte ich für nur konsequent und richtig. Neben der absoluten Quote eines Formates spielt der Audience-Flow, der von einer Sendung zur Nächsten generiert wird, eine erhebliche Rolle. Und diesen erreicht man nun einmal am besten mit gut gemachten, täglichen Formaten.

Tresor TV als Neuling im Produzieren einer Daily Soap, oder Ensemble-Serie, wie deren Geschäftsführer Holger Roost-Macias das Format bezeichnet, hat meines Erachtens folgenreiche Fehler durch das Nichtbeachten goldener Regeln der täglichen Serie begangen:
Erstens: „Make it larger than life.“ Jede Soap lebt erheblich davon, dass ihre Geschichten im Vergleich zur Realität größer erzählt werden, ohne dabei allerdings ihre Glaubwürdigkeit verlieren zu dürfen. «Ahornallee» dagegen hat den ehrenwerten Versuch unternommen, reale Zustände eins zu eins abzubilden. Mit Ausnahme der großartigen «Lindenstraße» ist dies bisher noch niemandem gelungen. Wird eine ungekannte Situation glaubhaft dargestellt und es eben nicht nur bei der bloßen Behauptung belassen, folgt der Zuschauer. Zweitens: Worum geht es, was ist der zentrale Punkt? Es braucht konträr gegenläufige Positionen und kaum erreichbare Ziele, um Spannung und Interesse zu erzeugen.

Dass die Produzenten der «Ahornallee» mit einem weitaus geringeren Budget auskommen müssen, als die bestehenden Daily Soaps, macht es für sie natürlich ungleich schwerer. Dennoch wird vom Zuschauer zu Recht ein gewisses Maß an kreativer und handwerklicher Qualität erwartet, was die Macher der «Ahornallee» leider in weiten Teilen vermissen lassen.
Ob die Serie eine Zukunft hat, hängt von zwei entscheidenden Faktoren ab: Glaubt der Sender an eine Verbesserung und wenn ja, wie viel Zeit gibt er. Wenn allerdings nicht bereits einschneidende Veränderungen vorgenommen wurden, werden die Quoten in den kommenden Wochen dort bleiben wo sie sind: Im Keller, und das wäre schade.
Tim Greve war u.a. Producer von „GZSZ“ und Herstellungsleiter von „Bianca – Wege zum Glück“. Inzwischen arbeitet er als Berater für nationale und internationale Fernsehproduzenten.