Riedners Filme: «Angels in America»

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Die neue Reihe von Quotenmeter.de-Chefredakteur Fabian Riedner präsentiert außergewöhnlich gute und abnorme Spielfilme. Egal ob großer Hollywoodblockbuster, Eigenproduktion eines Fernsehsenders oder Nischenfilm in den Kinos, «Riedners Filme» stellt Produktionen vor, die man kennen sollte.

Die Geschichte von «Angels in America» spielt im Jahr 1985 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Es legt sich eine ungewohnte Finsternis über das Land, denn eine neue Seuche namens AIDS legt sich wie eine himmlische Plage über die Menschheit. Das erschüttert vor allem die neu erlangte Liberalität der homosexuellen Gemeinde, die sich neben dem Neo-Konservatismus der Reagan-Ära nun auch der konkreten tödlichen Bedrohung stellen muss. Es scheint, als habe Gott die Menschen endgültig verlassen.

Das Bühnenstück erzählt die Geschichte von mehreren Personen: Zum einen wäre der AIDS-Erkrankte Roy Cohen, gespielt von Al Pacino, der ein erfolgreicher Anwalt ist. Doch dieser spricht nur von Leberkrebs und leugnet seine homosexuelle Neigung. Cohen gab es wirklich und er wurde in den fünfziger Jahren als rechte Hand des Kommunistenjägers McCarty bekannt, wie im Film stirbt der schwule Schwulenhasser 1986 an der unheilbaren Krankheit. Patrick Wilson verkörpert Joe Pitt, den besten Mann von Cohen. Dieser ist verheiratet mit der depressiven Harper (Mary-Louise Parker), die regelmäßig der Wirklichkeit entflieht. Joe soll auf Wunsch von Roy von New York nach Washington gehen und dort geschäftlich durchstarten. Doch er lehnt ab, damit er sich um seine Frau kümmern kann. Allerdings verliebt sich Joe in den von Ben Shenkman gespielten Louise Ironson. Obwohl Louise mit einen HIV-positiv erkrankten Lebensgefährten hat, trennt er sich von ihm, um mit Joe zusammen zu sein. Dies wirft den gebeutelten Prior Walter (Justin Kirk) noch weiter zurück, der einzige, der ihm zur Seite steht ist sein Freund Belize (Jeffrey Wright). Er ist Krankenpfleger in einem New Yorker-Krankenhaus und kümmert sich nicht nur freundschaftlich, sondern auch medizinisch um Prior. Zu guter letzt wäre da noch die streng gläubige Hannah Pitt, Mutter von Joe, die von Meryl Strep gespielt wird. Diese ist wie Joe eine Mormonin.

Die Mormonen spielen in dem 6-teiligen Bühnenstück, das knapp sechs Stunden in der Filmversion andauert, eine zentrale Rolle. Der Engel von Amerika, dargestellt von Emma Thompson, kommt auf die Erde zu Prior Walter nieder und lässt in ihm das Buch der Offenbarung aufgehen. Damit ist die Handlung an den tatsächlichen Mormonen-Glauben, die sich in der Öffentlichkeit „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ nennen, angelehnt. Prior ist mit seiner Rolle als Prophet allerdings nicht einverstanden und möchte von all dem nichts wissen. Der Engel von Amerika teilt ihm mit, dass sie Gott bei den großen Beben von San Francisco verlassen hat. Seither ist das Himmelreich unglücklich und möchte den Schöpfer zurück. Prior sieht die Lage anders: Statt dem allmächtigen Herrn hinterher zu trauern, sollen sie ihn vor Gericht stellen, für das, was er ihnen angetan hat.

Während Prior mit dem Himmel zu kämpfen hat, zerbricht die Ehe von Harper Joe Pitt endgültig. Sie hat begriffen, dass der Mann, von dem sie sich seit Jahren fürchtet, Joe ist. Deshalb beschließt Harper ihn zu verlassen und nach San Francisco zu gehen. Obwohl Joe nun frei für Louis ist, entschiedet sich dieser wieder für den kranken Prior. Dieser muss sich allerdings fragen, ob ihm der Engel wirklich erschien oder die ganze Geschichte nur Einbildung war.

Das sechsstündige Werk «Angels in America» stammt vom Tony Kushners, der auch schon das Bühnenstück schrieb. Fast eins zu eins wurde der HBO-Fernsehfilm adaptiert, Regie übernahm Mike Nicols («Die Reifeprüfung»). Für das Originalstück erhielt Kushner zwei Pulitzer-Preise, die Verfilmung erfreute sich über fünf Golden Globes sowie elf Emmys. Nominiert war der Zweiteiler sogar 21 Mal. Komponist Thomas Newman erhielt für seine musikalische Untermalung einen Grammy.

Die amerikanische Fernsehpremiere des ersten Teiles sahen am 7. Dezember 2003 4,20 Millionen Amerikaner, den zweiten Teil verfolgten am 14. Dezember 2003 mit 2,90 Millionen Zuschauer knapp ein Drittel weniger. In Deutschland strahlte die ARD das Meisterwerk in drei Nächten aus, dieses wurde im Schnitt nur von 0,58 Millionen Zuschauern gesehen.

Zwar mag die Gesamtspieldauer von fast sechs Stunden viele Interessierte abschrecken, doch die Zeit wird großartig gefüllt. «Angels in America» ist kein Film mit vielen ruhigen Momenten, eher sind die Charaktere ständig am erzählen und diskutieren. Sie führen Gespräche, denen man zustimmt, die man aber auch ablehnt. Die Figuren entwickeln sich in den sechs Teilen weiter und suchen nach dem richtigen Weg, den sie künftig einschlagen sollen. Während der erste Abschnitt noch der schwächste ist, kommen vor allem das Finale sowie der zweite, dritte und vierte sehr gut zur Geltung.

«Angels in America» behandelt nicht nur das Thema AIDS ausführlich und zeigt auch, wie die Bevölkerung im Jahre 1985 mit der Seuche umging. Ebenso steht die Moral der Menschen im Vordergrund und wie weit diese gehen würden, damit sie glücklich werden.

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