Kaum Leiter der Sat.1-Zentralredaktion, schon im Interview bei Quotenmeter.de: Der bisherige «Frühstücksfernsehen»-Chef Jürgen Meschede. Was hat es mit einer weiteren Verlängerung der morgendlichen Sendung auf sich, wie ist die Stimmung in der Sat.1-Redaktion und wie geht der Umbau von «Blitz» voran?
Herr Meschede, Glückwunsch zur Beförderung. Dürfen Sie dann zukünftig etwas länger schlafen?
Ich weiß gar nicht, warum immer alle denken, dass ich als Chef der Redaktion so früh aufstehen muss. Wir rufen unsere Gäste, wenn wir fragen, ob sie zu uns in die Sendung kommen wollen, doch nicht morgens um 06.00 Uhr an. Meine Arbeitszeit geht von 09.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Gut, hin und wieder etwas länger und natürlich ist es nicht schlecht, wenn man als Redaktionsleiter das «Frühstücksfernsehen» gesehen hat. Dann kann man in der Konferenz nämlich auch wirklich mitreden. Aber ansonsten ändert sich durch die Beförderung nur recht wenig an meinen Arbeitszeiten.
Bleiben wir zunächst beim Frühstücksfernsehen, das eines der erfolgreichsten Sat.1-Formate ist. Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Wir haben Erfolg, weil wir „unique“ sind. In unserer Machart sind wir unverwechselbar. Das «Frühstücksfernsehen» wird im Oktober 20 Jahre alt und wir sehen heute deutlich anders aus als vor zehn oder 15 Jahren. Wir haben immer wieder sehr viel verändert. Das ist auch der Segen einer Quotenauswertung: Wir wissen genau - sozusagen Minute für Minute, was gut ankommt und was weniger gut läuft. Genau das ist auch der Unterschied zum Radio.
Und noch einen Vorteil hat das «Frühstücksfernsehen»: Wir können in unserer Sendung auch viele Elemente ausprobieren, ohne dass gleich die ganze Sendung floppt.
Sie haben das Thema Radio angesprochen: Morgens hören die meisten Deutschen eben doch Radio – anders als in den USA…
…ja, leider. Das liegt daran, weil Toaster und Kaffeemaschine in Deutschland nicht automatisch mit einem Fernseher abgegeben werden. Das ist etwas, das ich im Übrigen strikt fordern würde.
Das denke ich mir.
In jeder amerikanischen Küche steht ein Fernseher. Bei uns ist das leider selten.
Sie sind im Jahr 2000 zum «Frühstücksfernsehen» gekommen. In sieben Jahren ändert sich natürlich unheimlich viel, deswegen frage ich einmal: Was ist denn gleich geblieben?
Die Doppelmoderation. Die ist ganz wichtig für unser Format, vor allem weil sie sich in ihrer Art von vielen anderen Sendungen mit Doppelmoderation unterscheidet. Wir haben zwar auch einen Prompter – da mache ich auch keinen Hehl draus – aber unsere Moderatoren fühlen sich dennoch frei und ungezwungen im Studio. Das sieht man ihnen auch an. Wenn der Zuschauer das «Frühstücksfernsehen» einschaltet, dann bekommt er automatisch ein gutes Gefühl, er kann teilhaben an dem, was im Studio passiert. Wir sind nicht aufgesetzt, gekünstelt oder statisch bieder. Bei anderen Doppelmoderationen kann dies schon einmal vorkommen. Einer fängt den Satz an, der andere führt ihn zu Ende. Das machen wir aber nicht.
Vor nicht allzu langer Zeit haben Sie das «Frühstücksfernsehen» verlängert. Statt bisher um 09.00 Uhr hören Sie nun erst um 10.00 Uhr auf. Wie haben sich die Quoten auf dem zuvor schwachen Homeshopping-Sendeplatz entwickelt?
Extrem gut. So gut, dass sogar RTL sein Morgenprogramm umstellen musste. Wir sind gerade mit der letzten Stunde zufrieden. Die halbe Stunde nach 09.00 Uhr, in der wir gegen «Punkt 9» senden, ist sogar noch etwas erfolgreicher als die halbe Stunde vor 10.00 Uhr.
Können Sie da konkretere Zahlen nennen?
Die habe ich gerade nicht so genau im Kopf.
Und nun heißt es, Sie prüfen, ob man das «Frühstücksfernsehen» nicht noch um eine weitere Stunde – also bis 11.00 Uhr – ausweiten könnte. Was spricht denn Ihrer Meinung dafür und was dagegen?
Dafür ist es noch ein bisschen früh. Momentan warten so viele andere Aufgaben auf mich: Erstens die Gründung der Zentralredaktion, dann der Relaunch von «Blitz». Und danach werden wir uns Gedanken um den Morgen machen. Die Verlängerung ist ja auch erst für 2008 angedacht.
Aber was würde denn jetzt dafür sprechen?
Dass die viereinhalb Stunden sehr erfolgreich sind.
Haben Sie denn Sorgen, dass sich das Format – selbst bei viereinhalb Stunden Sendezeit – abnutzt?
Nein, überhaupt nicht. Wir senden seit fast 20 Jahren und nutzen uns nicht ab. Wir verändern uns ja auch permanent. Es gibt vier Moderatoren, zwei Nachrichtensprecher. Da passiert so viel, dass diese Sorge unbegründet ist.
Sat.1 gründet nun eine Zentralredaktion Magazine und Sie sind der Redaktionsleiter. Das klingt zunächst ganz schön, die Tatsache, dass einige langjährige «Blitz»-Redakteure nun gehen müssen, hinterlässt aber einen bitteren Beigeschmack. Bei Ihnen auch?
Ja, natürlich.
Wie gehen Sie damit um? Die Stimmung in der Redaktion dürfte nicht die Beste sein. Da verlieren Kollegen gute Freunde.
Das läßt auch mich nicht kalt, ehrlich. Aber Umstrukturierungen gibt es in fast jedem Unternehmen. Zusammen mit Nik Niethammer, dem Leiter Magazine, versuchen wir im Sinne des zukünftigen Magazins die Zentralredaktion nach besten Wissen und Gewissen und zudem sozialverträglich zu besetzen.
Was planen Sie genau mit «Blitz». Das Magazin soll umgestaltet werden – wie wird es aussehen?
Darüber möchte ich jetzt noch gar nicht viel sagen. Es bringt uns nicht weiter, wenn unsere Pläne schon so früh bekannt sind. Wir haben einige sehr gute Ideen, die wir umsetzen wollen. Also lassen Sie sich überraschen.
Verschwindet das Thema Lifestyle möglicherweise sogar komplett?
Es wird sicherlich auch Lifestyle-Aspekte am Vorabend geben, keine Frage.
Wollen Sie zukünftig Geld sparen mit dem neuen Magazin?
Nein, das ist überhaupt kein Thema.
Und dann steht eine Umbenennung der Sendung im Raum. Dafür spricht natürlich, dass man somit einen völlig neuen Schritt wagt, dagegen spricht, dass Sie eine starke Marke aufgeben würden. Wie sehen Sie das?
Ich stimme Ihnen vollkommen zu. Genau das sind auch meine Gedanken. Und Sie müssen sehen: Wir beschäftigen uns seit einer Woche mit dem Thema Relaunch bei «Blitz». Über solche Dinge sind noch keine Entscheidungen gefallen.
Wie sieht es mit Bettina Cramer aus? Darf sie bleiben?
Die Moderation des neuen Magazins ist zur Zeit noch überhaupt kein Thema.
Im Oktober 2007 wird das neue Magazin aber on Air gehen?
Das wäre unser Wunschtermin.
Hängt das irgendwie mit dem Ende von «Verliebt in Berlin» und dem dann laufenden Doku-Format zusammen?
Nein, das hat damit nichts zu tun.
Kann man denn um 18.45 Uhr mit einem Magazin überhaupt – die Quote außer Acht gelassen – erfolgreich sein?
Ja.
Tut es Ihnen eigentlich weh, wenn Sie die Meldungen der letzten Tage über Ihren Sender lesen. Da ist von „Sat Null“ oder „Unterschichtenfernsehen für Realschüler“ die Rede.
Ja, mir tut weh, dass kaum noch differenziert wird. Da muss ich lesen, dass es überhaupt keine Hauptnachrichten mehr bei Sat.1 gibt. So ein Schmarrn. Es wird nicht mehr zwischen Nachrichten und Boulevard-Magazinen getrennt. Wirklich abstrus war dann auch die Lizenz-Diskussion. Wir haben alleine morgens sieben Nachrichtenblöcke. Obendrein kommen im «Frühstücksfernsehen» alle gesellschaftspolitisch relevanten Themen vor. Und das machen wir werktäglich viereinhalb Stunden lang. Ich verstehe nicht, wieso Polit- und Nachrichtensendungen immer an so staatstragender Obrigkeit gemessen werden. Also wie viele Minuten spricht jetzt ein Politiker? Das ist irgendwie so ein überkommenes Nachrichtenverständnis.
Natürlich sprechen bei uns morgens weniger Politiker als bei ARD und ZDF, dennoch finden bei uns aber die gleichen Themen statt. Wir machen das halt mehr aus der Sicht der Betroffenen.
RTL hat ja in gewisser Weise darauf reagiert und für den Herbst 2007 ein neues Info-Magazin um 13.00 Uhr angekündigt. Ein cleverer Schachzug?
Der Schritt von RTL ist in jedem Fall nachvollziehbar. Ich freue mich aber auf diese Sendung, weil ich solche Formate allgemein sehr gerne sehe.
Das «Frühstücksfernsehen am Samstag» ist seit wenigen Tagen Geschichte. Dabei hat das Format gerade an den letzten Samstagen gar keine üblen Quoten geholt. Man lag regelmäßig über zwölf Prozent. Fiel die Entscheidung der Absetzung etwas voreilig?
Wir haben festgestellt, dass die Leute ab 10.00 Uhr auf den Markt gehen, sie waschen ihr Auto oder machen andere Dinge. Die Quoten waren am Schluss ganz gut, das stimmt, aber sie waren auch nicht so toll, dass man alles andere hätte stehen und liegen lassen müssen.
Sie hätten das Format ja einfach nur weiter laufen lassen müssen…
Na ja, man hätte dann eben doch einiges anders machen müssen.
Sie meinen eine Live-Sendung?
Richtig.
Vor allem Marlene Lufen hat sehr viele Anhänger – sie ist aktuell aber nicht mehr zu sehen. Haben Sie da gute Nachrichten für Ihre Fans?
In jedem Fall. Marlene ist die Urlaubsvertretung von jedem unserer vier Stammmoderatoren. Das heißt: Wann immer jemand im Urlaub ist, wird sie an seine Stelle treten. Wir arbeiten sehr gerne mit ihr zusammen und freuen uns immer, wenn sie da ist.
Gibt es unter den vier Stammmoderatoren denn einen Publikumsliebling?
Nein, es kommen wirklich alle vier gleichermaßen gut an. Es ist auch nicht so, dass ein Duo beliebter ist als das andere. So wie wir das «Frühstücksfernsehen» jetzt senden ist es perfekt. Wir haben da ja beim Gespann immer wieder ein bisschen getauscht und haben jetzt das Optimum erreicht. Ab 05.30 Uhr moderieren Annika Kipp und Nadine Krüger, ab 08.00 Uhr folgen dann Jan Hahn und Karen Heinrichs.
Zum Abschluss – wie jedes Mal – kurze und knappe Fragen an Sie:
Welche Fernsehsendung verpassen Sie nie?
(überlegt lange) Spiegel TV am Sonntagabend.
Wo schalten Sie sofort weiter?
Wenn beim Sandmännchen im Kinderkanal Herr Fuchs und Frau Elster dran sind. Die Stimme von Herrn Fuchs ertrage ich nicht.
Wen würden Sie gerne einmal treffen, haben es bisher aber noch nicht getan?
Günther Jauch.
Worüber haben Sie sich zuletzt geärgert?
Über die undifferenzierte Berichterstattung nach der Einstellung von «Sat.1 am Mittag» und «Sat.1 am Abend».
Vielen Dank für das Gespräch.