Die Grundidee war gar nicht mal so schlecht: Warum sollte ein Format wie «We are Family», das täglich nicht selten bis zu ein Fünftel der jungen Fernsehzuschauer erreicht, nicht auch in der Primetime funktionieren? Statt normalen Menschen nimmt mein einfach Prominente, die mit wirklich schwerwiegenden Problemen kämpfen müssen (zum Beispiel ein Haus kaufen, den Führerschein machen oder Stress mit dem Partner haben) und gibt dem Magazin den Untertitel «Promi Spezial». Das Problem dabei: ProSieben konnte sich nicht wirklich Prominente sichern, die man treffen möchte.
Am 19. Juni 2007 ging die erste Folge, in der Barbara Becker portraitiert wurde, direkt nach «Gülcans Traumhochzeit» auf Sendung. Dass man mit dem Auftakt gleichzeitig die höchste Reichweite der sieben gesendeten Folgen erreichen würde, hätte man in der ProSieben-Chefetage wohl nicht vermutet. Dennoch konnte man mit knapp über zwei Millionen Zuschauern zufrieden sein. 7,7 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum und 12,6 Prozent in der Zielgruppe waren sehr ordentliche Werte, obwohl man sich durch die überaus erfolgreiche Mittagsausgabe mehr erhofft haben dürfte.
Ob die traurige Geschichte der um ihre drei Hunde bekümmerten Hundemama Dolly Buster mehr Zuschauer interessieren würde? Die erschütternde Antwort: Nein. In der zweiten Woche waren nur noch 1,70 Millionen Menschen dabei. Enttäuschende 5,7 Prozent der Fernsehschauenden wollten wissen, ob die Bilder der Ex-Pornodarstellerin auf einer Vernissage in Wien gefallen. Mit exakt zehn Prozent Marktanteil wurde in der Zielgruppe das letzte Mal ein zweistelliger Wert erreicht.
Der Abwärtstrend war nicht zu stoppen. Am 3. Juli 2007 drehte sich alles um die VVA-Moderatorin Colien Fernandes. Auf der Suche nach ihren indischen Wurzeln wollten sie lediglich 1,25 Millionen Menschen begleiten, davon waren 0,93 Millionen zwischen 14 und 49 Jahren alt. Marktanteile von 4,3 beziehungsweise 7,7 Prozent bildeten den (vorläufigen) Tiefpunkt. Mit der vierten Episode kam - vollkommen unerwartet - der erhoffte Aufschwung. Dass gerade beim Ex-Boxer René Weller die Reichweiten ansteigen, verwundert, denn diesmal waren 1,65 Millionen Zuschauer dabei, die für 5,6 Prozent Marktanteil sorgten. Auch bei den Werberelevanten sah es mit 9,9 Prozent wesentlich besser aus.
Bei Nina Hagens Hausbesuch fiel das Interesse wieder spürbar ab. So verfolgten nur 1,35 Millionen Menschen, wie sie und ihr Sohn eine neue Bleibe suchten. Der daraus resultierende Marktanteil von 5,1 Prozent bestätigte den gnadenlosen Misserfolg von «Popstars - Ninas Engel». Auch 9,7 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe konnten nicht überzeugen. Folge sechs zeigte das Leben von der Schauspielerin und Kabarettistin Lisa Fitz. Diesmal entschieden sich 1,26 Millionen Menschen für die Promi-Ausgabe von «We are Family». Der Marktanteil betrug 4,3 Prozent. Bei den 14- bis 49-Jährigen wollten 0,86 Millionen das Magazin nicht verpassen.
Die siebte und somit letzte Folge (es wurden 10 produziert), die in der Primetime lief, knackte nicht einmal die Millionen-Grenze: 0,98 Millionen Zuschauer ab drei Jahren sahen die Max Buskohl-Story. Inakzeptable 3,4 Prozent Marktanteil wurden gemessen. Besonders in der Zielgruppe wollte man mit dem Ex-«DSDS» Kandidat punkten, doch auch hier verfehlte man mit 6,5 Prozent Marktanteil klar das Ziel. Immerhin lag man mit diesem Wert fast bei der Hälfte des Senderschnitts.
Die Entscheidung, «We Are Family - Promi Spezial» vorzeitig abzusetzen, ist wohl die einzige Möglichkeit. Besonders die Quoten der zuletzt gezeigten Episode bestärkten das Vorhaben der Programmchefs. Durchschnittlich sahen 1,46 Millionen Menschen zu (5,2 Prozent Marktanteil). Auch bei den jungen Zusehern kam die Doku-Soap überhaupt nicht an: 1,06 Millionen Zuschauer und folglich 9,6 Prozent Marktanteil sprechen eine eindeutige Sprache. Nach der Ausstrahlung der "Traumhochzeit des Jahres" folgt am 14. August 2007 erneut eine Doku-Soap: «It's My Life», ein Ableger der täglichen Reihe «Lebe deinen Traum». Auf die Quoten darf man durchaus gespannt sein, nachdem bewiesen wurde, dass sich der Erfolg eines täglichen Magazins nicht automatisch auf die Primetime übertragen lässt.